Dokumentarfilm | Österreich 2015 | 104 Minuten

Regie: Walter Größbauer

Beobachtungen und Momentaufnahmen rund um eine Wiener Klavierbauwerkstatt, in der vornehmlich Instrumente repariert und restauriert werden. Die Kamera folgt dem Gründer der Werkstatt und einigen seiner Angestellten, aber auch Freunden und Freundesfreunden. Entlang dieses Mikrokosmos zeichnet der Dokumentarfilm ein schönes Stimmungsbild des sommerlichen Wiens. Über den Details, insbesondere einem mit viel Einsatz veranstalteten Festival, droht zwar mitunter der Zusammenhang verloren zu gehen, was die liebevoll gefilmten Miniaturen aber stets ausgleichen. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
SOMMER IN WIEN
Produktionsland
Österreich
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Fortuna-Media
Regie
Walter Größbauer
Buch
Walter Größbauer
Kamera
Walter Größbauer · David Lindengrün · Josef P. Wagner
Musik
Franz Joseph Machatscheck · Daniel Logar · Ingrid Marsoner
Schnitt
Walter Größbauer · David Lindengrün · Daniela Dittinger
Länge
104 Minuten
Kinostart
31.03.2016
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
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Eine flanierende Dokumentation rund um eine Wiener Klavierbauwerkstätte.

Diskussion
A cooler Bazi“ war das, der Buddha, sagt Bernhard Balas. Überhaupt ist der Buddhismus eine der Religionen, mit der er etwas anfangen kann. Balas wird von seinen Angestellten liebevoll „Berni“ genannt, auf seinem T-Shirt steht „Kunst und Natur“. Es ist Sommer in Wien, ein kontinental-heißer Sommer, mit kurzen Kleidern, Sprüngen in die Donau, Temperaturen um die 40 Grad. Walter Größbauers „Sommer in Wien“ ist eine Liebeserklärung an die heiße Stadt und ihre Bewohner. Dreh- und Angelpunkt ist die Klavierbauerwerkstatt von Balas im 15. Bezirk, ein ungeheuer sympathischer Ort. Balas liebt die Musik, das Fischen (vor allem das Jagdfischen), das Kochen und das Essen. Letzteres sieht man dem schweren Mann auch an. Täglich kocht er für seine Angestellten, gegessen wird in der Sonne auf dem Gehsteig, mit Couscous gefüllter Fisch. Hier geht es um Leidenschaft, nicht um Profit, das wird schnell klar. Einer der Angestellten erzählt von seiner Doktorarbeit, über den Treibhauseffekt. Doch aus der wissenschaftlichen Karriere wurde nichts. So hat es ihn nach Wien verschlagen, wo er bei Berni landete und glücklich ist mit den historischen Instrumenten, die hier restauriert und gestimmt werden. Balas’ Werkstatt fungiert als eine Art Miniaturausgabe von Wien: Sie ist ein Hort für Menschen mit eigenwilligen Biografien, mit einem Hang zum tieferen Sinn, Anlaufstelle für skurrile Menschen. Größbauer bleibt aber nicht in der Werkstatt. Er folgt Besuchern, Freunden und Freunden von Freunden auf ihrem Weg durch den Sommer. Hinzu kommen Schnittbilder vom sommerlichen Wien, Strandbars, Donautreiben, bekannte Postkartenansichten zur Musik des Wiener Liedermachers Franz Joseph Machatschek, der im Film auch selbst auftritt: Alle Songs sind melancholische Hommagen an die Heimatstadt, mit nur gelegentlich leisem ironischen Unterton. Rhythmisch wollen sich die drei Teile des Films allerdings nicht ganz fügen. Die Exkurse fallen zu lang aus, gerade weil Balas und seine Werkstatt so spannend sind als dokumentarisches Zentrum. Der erste, kürzere Exkurs begleitet einen Angestellten der Werkstatt nach Hause, Max, der mit seinem Freund zusammenlebt und neben Klavierspiel und Gesang auch das Nähen von historischen Stoffen an uralten Maschinen zu seinen Hobbys zählt. Die beiden berichten von ihrer Liebe, was sehr stimmig ist; auch die Länge der Sequenz passt hier. Nun hätte Größbauer weiter so verfahren und andere Angestellte durch ihren Alltag jenseits der Werkstatt begleiten können, vielleicht auch Balas und seine immer seltener werdende Handwerkskunst noch mehr in den Mittelpunkt rücken können. Der Film folgt hingegen zunächst einem Hausfreund, der gerade seinen ersten Roman veröffentlicht hat, in dessen Wohnung und zu einem anderen Freund, er folgt anschließend vor allem einem kleinen Sommer- und Begegnungsfest mit leicht esoterisch-künstlerischer Note, das mit etlichen Unwägbarkeiten zu kämpfen hat. Auch hier begegnet man ausschließlich sympathischen Menschen, doch auf diese Weise zerfleddert das Konzept, man sieht wenigstens zwei Filme in einem und keinen richtig, insgesamt werden so auch Längen spürbar. Mit knapp einer Stunde und 40 Minuten wirkt „Sommer in Wien“ zu lang. Am Ende ist Größbauer dann wieder ganz bei Balas, wie er angelt und in geduldigster Feinmotorik die Köder zusammenbastelt, wie er seine Aquariumsfische füttert und anhand eines Barsch-Pärchens seine Furcht vor Beziehungen mit Kindern analysiert. Und wie er Gemüseeintopf kocht für die Besucher eines Konzerts, viele davon Freunde, das er in seiner Werkstatt veranstaltet. Der Anlass: Das erste selbstgebaute Klavier seit vielen Jahren. Das ist dann wieder sehr, sehr schön.
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