Komödie | Deutschland 2015 | 81 Minuten

Regie: Markus Mischkowski

Im achten Film ihres „Westend“-Zyklus' folgen Markus Mischkowski und Kai Maria Steinkühler ein weiteres Mal zwei von ihnen selbst gespielten Kölner Tagedieben. Ein Metallkoffer soll illegal über die Grenze nach Luxemburg geschafft werden, was sich als schwierig erweist, zumal auch eine clevere Tramperin den Inhalt gerne besitzen würde. Die lakonische Komödie zelebriert in strahlendem Schwarz-weiß und gemächlichem Tempo eine Welt ohne Stress und Hysterie, die nicht nur stilistisch in den 1980er-Jahren verankert bleibt, sondern mit großem Sprachwitz und visuellem Überschuss ein Loblied auf die Vergeblichkeit anstimmt. - Ab 14.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2015
Produktionsfirma
Westend Filme
Regie
Markus Mischkowski · Kai Maria Steinkühler
Buch
Markus Mischkowski · Kai Maria Steinkühler
Kamera
KaPe Schmidt
Musik
Haifaboys · Robert Nacken · Georg Reddig
Schnitt
Bernhard Reddig · Markus Mischkowski
Darsteller
Markus Mischkowski (Mike) · Kai Maria Steinkühler (Alfred) · Steffi Gosejohann (Anja) · Jens Classen (Rasto) · Claudia Basrawi (Consulterin Katja Sommer)
Länge
81 Minuten
Kinostart
13.10.2016
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
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IMDb | TMDB

8. Film der "Westend"-Reihe von Markus Mischkowski und Kai Maria Steinkühler

Diskussion
Es passiert nichts vor dem Kiosk im Kölner Westend, an dem zwei Männer stehen. Man kann zusehen, wie sie sich ein Bier holen, und wie der Sommer durchs Schwarz-weiß des Films strahlt, wie die Zeit verrinnt. Es werden Sätze gewechselt, die das Nichts unterstreichen: Irgendwer sollte heute kommen, oder vielleicht auch morgen. Die Kleidung der beiden ist jedenfalls angemessen, im Unterhemd der eine, im Seidenblouson der andere, das Haar tragen sie fein zurückgeschmiert auf den Hinterkopf. Das sind Mike und Alfred, dargestellt von Markus Mischkowski und Kai Maria Steinkühler, die auch für Inhalt und Regie des Films zuständig sind. Mischkowski und Steinkühler kennen ihre Figuren. Sie machen seit 1996 „Westendfilme“, „Weiße Ritter“ ist der achte. Es geht das Gerücht, dass diese Filmreihe sich mit Arbeitslosigkeit beschäftige, mit deren angenehmen Seiten wohlgemerkt, aber das ist Blödsinn. Arbeit ist nicht ansatzweise das, was Mike und Alfred bewegt, nicht mal die Abwesenheit von Arbeit. Sie sind Tagediebe, und sie wissen, wie man sich einen Tag stiehlt, ohne je auf die Anliegen der übrigen Welt einzugehen. Wenn sie aus dem Auto steigen, lassen sie die Türen offen stehen; wenn jemand sie auf Geld anspricht, reagieren sie erstaunt. Nichts an ihnen dient der Hysterie der Gegenwart, sie sind ein Traum aus den 1980er- oder 1990er-Jahren, als Arbeit kein seriöses Gesprächsthema war. Sie sind personifizierte Erinnerung an eine Epoche, deren verwilderte Leichtigkeit in ihnen nachhallt. Trotzdem endet die Lakonie, denn ihr Freund Rasto engagiert sie für eine Fahrt über die Grenze. Sie sollen „Kurierdienstleister“ werden, heimlich einen Metallkoffer nach Luxemburg bringen, so können sie kurz nützliche Mitglieder der Gesellschaft sein. Mike und Alfred nehmen das Angebot an, Autofahren ist Vergnügen. Aber schon fünf Kilometer hinter Köln steht die erste Tankstelle. Dort wird die Reise unterbrochen. Anja steigt zu, ein Mädchen mit Ponyfrisur, das sich sofort mit dem Koffer befasst. Der soll über die Grenze? Heimlich? Was ist da drin? Lauter Fragen, die niemand beantwortet, aber was wird wohl drin sein, unter solchen Umständen? Natürlich liegt Luxemburg fern. Bald wissen die drei Reisenden nicht mehr, wo sie sind. Heutzutage kann man nicht mal mehr an der Währung erkennen, ob man das Land gewechselt hat. Also brauchen sie Rat vom Kontrollauto, das hinter ihnen herfährt, besetzt mit Rasto und der Consulterin Katja. Die gehen völlig auf im Dasein als Angestellte einer großen Firma, die gerade Konkurs macht. Sie sprechen deutschen Firmenslang, der sich in ihrem Mund wie eine Fremdsprache anhört, so stockend kommen die pompösen Worte daher. Katja sagt „Humankapital“, als wäre es Esperanto, entsprechend schlecht versteht man sie: „Denkt an die Boni!“ – „An wen?“ So durchziehen Wortspiele der Gegenwart die Reise, bis alle Beteiligten sich nur noch mit Hilfe von Redekärtchen unterhalten können. Spannung ist nicht das Konzept des Films. Man muss auf zu viel anderes achten, nicht nur auf die Sprache, auch auf die Schilder, die Lokale, die Gestik und Mimik der Figuren. Es steckt mehr Witz in den Bildern, als man sich merken kann, auch wenn der Auftritt von Mike und Alfred in Rennfahrer-Overalls mit Kettenmützen ganz klar bleibt. Da sind sie tatsächlich weiße Ritter, auf einem Burgfest mit Kostüm, das eine dramatische Wende bringt: Der Koffer wird, wie sich das filmhistorisch gehört, zum Zentrum aller Begehrlichkeiten. Und schon liegt eine Stimmung des Vergeblichen über der Reise, weil sie plötzlich zielgerichtet in sanften Aktionismus umschwenkt, zumindest in ein, zwei Verfolgungsjagden. Mike und Alfred spielen in dieser Geschichte so etwas wie einen Gegenentwurf zu Sam Peckinpahs „The Wild Bunch“ (fd 16 396) durch. Dort sieht man, was passiert, wenn ein paar Männer über die Grenze nach Mexiko gehen: Sie mischen sich in zwei Kriege ein, verlieren alles und sterben. In „Weiße Ritter“ wird hingegen die Grenze nie erreicht, zwei Männer mischen sich in kaum was ein und können am Ende vor einer Frittenbude im Liegestuhl dösen, Drinks mit Schirmchen in der Hand.
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