- | Russland 2004 | 86 Minuten

Regie: Dmitri Troitski

Die frisch geknüpfte Beziehung zwischen einem Werbefachmann und einer Fernsehsprecherin bekommt ungeahnte Konkurrenz, als ein mongolischer Immigrant ins scheinbar geordnete Leben des gut situierten Moskauers eindringt. Von der neuen Konstellation überrascht und überfordert, verlieren sich die drei Protagonisten in sexueller Feldforschung. Ein formal und inhaltlich ebenso ungewöhnliches wie amüsantes, dabei stets unangestrengtes Beziehungswirrwarr, das die sexuelle Verwirrung nicht für burleske Pointen ausschlachtet, sondern als diskutable Lebensperspektive vorstellt. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
JA LJUBLU TEBJA
Produktionsland
Russland
Produktionsjahr
2004
Produktionsfirma
Malevich Prod.
Regie
Dmitri Troitski · Olga Stolpowskaja
Buch
Olga Stolpowskaja
Kamera
Alexander Simonow
Musik
Richardas Novila
Schnitt
Sergei Pluschenko · Oleg Rajewski
Darsteller
Damir Badmajew (Uloomji) · Lubow Tolkalina (Vera) · Jewgeni Korjakowski (Timofei) · Irina Grinewa (Maskenbildnerin) · Emauel Michael Vaganda (Jone)
Länge
86 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Pro-Fun (1:1.66/16:9/Dolby Digital 2.0)
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Diskussion
Wie kann sich ein Leben ändern, das noch nicht wirklich begonnen hat? Timofei befindet sich beruflich zwar auf der Überholspur, doch privat steht er chronisch im Stau. Als Werbefachmann versteht er es, Träume auf dem Papier wahr werden zu lassen, doch zu Hause erschöpfen sich seine Ideen in gepflegten Anzügen, teuren Möbeln und feinem Essen. Das könnte sich ändern, als er in der Kantine auf die bekannte Nachrichtensprecherin Vera stößt und ihr aus einer Verlegenheit hilft. Das Schicksal beschert den beiden nur eine kurze Kennenlernphase, der eine umso stürmischere Beziehung folgt. Alles könnte seinen wunderbaren Gang gehen, wäre da nicht ein seltsamer Junge, der nachts auf dem Geländer der Hauptstraße balanciert und unvermittelt auf der Frontscheibe von Timofeis Auto landet. Uloomji heißt der Immigrant aus der Mongolei, der einen Aushilfsjob im Zoo, aber keine eigene Unterkunft hat, wenn er nicht im Heizungskeller an seiner Arbeitsstelle übernachtet. Timofei ist buchstäblich vor den Kopf gestoßen, als er den nur leicht Verletzten mit sich nach Hause nimmt. Die seltsamen Eigenheiten seines Besuchers, die fast kindliche Neugier und seine entwaffnende Direktheit befremden und faszinieren ihn, weshalb er Uloomji bei sich aufnimmt. Auch Vera weiß zunächst nicht, wie sie mit der neuen Situation umgehen soll; erst recht ist sie überfragt, als Uloomji beginnt, an Timofei den männlichen Körper zu erkunden. Ist ihr Freund bisexuell? Ist Uloomji wirklich schwul? Doch Vera will die noch allzu frische Beziehung nicht gleich wieder aufgeben und bleibt Stammgast in der seltsamen WG. Die russischen Filmemacher Olga Stolpowskaja und Dmitry Troitski haben mit diesem ungewöhnlichen Beziehungsfilm nicht nur ihren ersten Kinofilm inszeniert und das Drehbuch verfasst, sondern den Film auch produziert, da ein Sujet, das derart offen mit Homo- und Bisexualität spielt, in Russland immer noch Tabus verletzt. Dabei ist „You I Love“ weder ein Sexfilm noch eines jener vornehmlich amerikanischen Independent-Dramen, die ihr schwules Sujet ungelenk mit wortlastigen und bedeutungsschwangeren Plots zu kaschieren versuchen. Das macht den Film so angenehm unangestrengt. Schwulsein ist hier kein boulevardesker Pointengeber wie jüngst etwa in „Meeresfrüchte“ (fd 37152), vielmehr sind es die schrulligen Eigenheiten der Charaktere, aus denen der Film seine Skurrilität und Originalität bezieht. Die sexuelle Orientierungslosigkeit wird weniger problematisiert denn als eine Option im Beziehungswirrwarr betrachtet. Das macht „You I Love“ zudem wesentlich radikaler als viele US-Schwulenfilme. Sicherlich neigen auch Stolpowskaja und Troitskis ein wenig zur burlesken Übertreibung. So reisen die vom Onkel alarmierten Eltern im Irrglauben, Uloomji wolle eine Frau werden, aus der Westmongolei nach Moskau, um ihren Sohn zu retten, womit sie eine Reihe absurder Konflikte provozieren. Trotzdem fasziniert „You I Love“ durch seine entwaffnende Natürlichkeit, die er nicht zuletzt durch das unbefangene Spiel seine drei Hauptakteure erreicht. Formal besticht der Film zudem durch eine „entfesselte“ Kamera und eine originelle, an erfolgreiche US-Fernsehserien erinnernde Montage. Da der Film auf vielen westlichen Schwulenfilmfestivals zu sehen war und etwa in New York den Preis für den besten Auslandsfilm gewann, wäre es nicht verwunderlich, wenn bald ein Remake aus Hollywood folgen würde.
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