Komödie | Deutschland/Serbien/Ungarn/Frankreich 2013 | 106 (24 B./sec.)/102 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Momcilo Mrdakovic

Die Mutter eines Belgrader Filmvorführers hat für ihren 40-jährigen Sohn eine Green Card gewonnen und will ihn gerade zur Emigration im die USA überreden, als die NATO im Zuge des Kosovo-Kriegs die serbische Hauptstadt bombardiert. Eine zwischen „Ödipussi“ und doppelbödiger Polit-Satire pendelnde Komödie, die sich zur humoresken Analyse eines unpolitischen Mitläufers aufschwingt. Ein cleverer, sarkastisch-schwarzhumoriger Film, der gegen den Allmachtsanspruch der Ideologien (inklusive der Mutterliebe) polemisiert, auch wenn der Plot zeitgeschichtlich inzwischen überholt wirken mag. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MAMAROSH | MAMAROS
Produktionsland
Deutschland/Serbien/Ungarn/Frankreich
Produktionsjahr
2013
Produktionsfirma
Corazón International/Paprika Films/Mythberg Films/Yalla Film/Peter Stockhaus Filmprod.
Regie
Momcilo Mrdakovic
Buch
Momcilo Mrdakovic
Kamera
János Vecsernyés
Musik
Nicola Piovani
Schnitt
Vessela Martschewski · Nemanja Tasic · Rade Popovic
Darsteller
Sergej Trifunovic (Policajac) · Mira Banjac (Mara) · Anita Mancic (Lela) · Branko Vidakovic (Zika) · Milos Samolov (Mika)
Länge
106 (24 B.
sec.)
102 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
19.09.2013
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Wie verbindet man ein Tableau jüngerer Balkangeschichten mit einer sentimentalen Vision vom Kino? Der serbische Regisseur Momcilo Mrdakovic versucht sich an einer südosteuropäischen „Cinema Paradiso“-Variante, deren Held, der filmvernarrte Muttersohn Pera, mit weit mehr Hindernissen klarkommen muss als Giuseppe Tornatores sizilianischer Salvatore (fd 27 990). Denn in „Mamarosh“ geht es nicht nur um ein paar Parkplätze, denen das geliebte Familienkino weichen soll, sondern um einen handfesten Krieg. Der Sohn pflegt liebevoll, was noch zu pflegen ist, bis die militärischen Konflikte im ehemaligen Jugoslawien auch Belgrad erreichen. 1999 werden die NATO-Bomben, die das Regime von Slobodan Milosevic zum Stop des Völkermords im Kosovo zwingen sollen, vom Großteil der serbischen Bevölkerung mit trotzigem Patriotismus begrüßt. Pera verbringt die Luftangriffe in seinem Kino. Wie seine Mutter, die als stramme Altkommunistin an Titos „Drittem Weg“ festhält und sich mit Milosevics Kurs nicht zufriedengeben will, wird er durch einen Bombentreffer in der Nachbarschaft aus seinen Tagträumen von einer harmonischen Welt gerissen. Gänzlich erwacht er, als die Armee die väterlichen Kinoprojektoren für militärische Zwecke beschlagnahmt und auf Nimmerwiedersehen abtransportiert. Doch Mutter Mara hat längst für ihr 40-jähriges Söhnchen vorgesorgt und per Green-Card-Lotterie ein US-Visum beschafft. Pera, mit herausragender Zurückhaltung und immer etwas neben der Kappe gespielt von Bogdan Diklic, gerät dadurch in eine Zwickmühle zwischen dem nationalistischen Druck seiner Freunde und den Plänen der omnipräsenten Mutter. Denn während die Freunde biertrunken und lautstark gegen das NATO-Sperrfeuer angröhlen, erwartet Mara von ihrem Sohnemann, dass er still und leise die Koffer packt, um jenseits des Atlantiks endlich aus den Puschen zu kommen. Was zu zahlreichen misslichen Situationen führt, etwa, wenn Pera just dann einen Termin in der US-Botschaft erhält, als die von nationalistischen Hooligans auseinandergenommen wird. Nach einem etwas biederen Beginn steigert Mrdakovic seinen Plot zwischen „Ödipussi“ und doppelbödiger Polit-Satire zu einer spielerischen Analyse über Traum und Realität eines unpolitischen Mitläufers. Womit „Mamarosh“ aus den oft schwer verständlichen Anspielungen auf die jüngere serbische Geschichte zu einem universellen Thema zurückfindet: Wie fühlt man sich und wie verhält man sich, wenn man keine Lust auf Krieg und Völkerhatz hat, aber auch nicht darauf, sich für eine bessere Moral zu opfern? Man muss weder Serbe noch Muttersohn sein, um dieses Plädoyer gegen den Allmachtanspruch der Ideologien (einschließlich übertriebener mütterlicher Fürsorge) zu verstehen. Zumal der Film seinen Helden mit den hängenden Schultern souverän durch das ganze Panoptikum serbischen Humors führt, dessen schwarzhumorig-selbstironischer Sarkasmus die Neue Welt genauso vom Mythos zum mühseligen Alltagsgeschäft herabstuft wie den aufgeputschten balkanischen Nationalismus der 1990er-Jahre. Im 14. Jahr nach dem Kosovo-Krieg hat man freilich das Gefühl, das Mrdakovics clevere Idee etwas zu lange reifen musste. Angesichts der Diskussionen über Giftgaseinsätze und Vergeltungsschläge in Syrien wirkt die pointierte Beschäftigung mit der politischen Gemengelage im Milosevic-Serbien zwar authentisch, aber ähnlich aus der Zeit gefallen wie die Kusturica-Anleihen in der dramaturgischen Umsetzung. Womit die Historie Mrdakovics augenzwinkernden Gesellschaftskommentar bereits hinter sich gelassen hat. Was schade ist, denn dieser Film macht durchaus Spaß.
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