Dokumentarfilm | Schweiz/Deutschland 2011 | 90 Minuten

Regie: Urs Schnell

Der Schweizer Nestlé-Konzern erwirtschaftet rund zehn Prozent seines Umsatzes mit Mineralwasser. Der Dokumentarfilm beschreibt die aggressiven Strategien des Unternehmens in den USA, Pakistan und Nigeria und macht deutlich, welche langfristigen Folgen es für Gesellschaften hat, wenn die Wasserversorgung nicht mehr als öffentliche Aufgabe wahrgenommen wird. Dabei gelingt es der aufwändigen Dokumentation aber nur am Rande, das komplizierte Geflecht von Mode, Marketing, Wohlstand und Politik hinreichend durchsichtig zu machen. - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
BOTTLED LIFE: NESTLES GESCHÄFTE MIT WASSER
Produktionsland
Schweiz/Deutschland
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
DokLab/Eikon Südwest/SF SRG-SSR/WDR/ARTE
Regie
Urs Schnell
Buch
Urs Schnell · Res Gehriger
Kamera
Laurent Stoop
Musik
Ivo Ubezio
Schnitt
Sylvia Seuboth-Radtke
Länge
90 Minuten
Kinostart
12.09.2013
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm

Heimkino

Verleih DVD
W-film
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Diskussion
Die Schweizer Firma Nestlé mit Sitz im malerischen Vevey am Genfer See ist mit mehr als 100 Milliarden Franken Jahresumsatz der größte Lebensmittelkonzern der Welt. Ein Bestandteil der umfangreichen Produktpalette ist der weltweite Handel mit Mineralwasser. Rund 70 Marken vom edlen „S. Pellegrino“ bis zum Allerweltswasser „Pure Life“ gehören zum Portfolio von Nestlé, das in diesem Marktsegment jährlich neun Millionen Franken umsetzt. Tendenz steigend. Nicht zuletzt, weil auch in den entwickelten Industrienationen, wo in der Regel einwandfreies und zudem preiswertes Trinkwasser aus den Wasserhähnen der Haushalte fließt, immer mehr Menschen zu Mineralwasser in Plastikflaschen greifen. Doch den großen Wachstumsmarkt hat Nestlé inzwischen in der Dritten Welt entdeckt, wo sauberes Wasser Mangelware ist. Weshalb sich das Unternehmen öffentlich gern als Wohltäter der Bedürftigen rühmt und in seinen PR-Kampagnen gern mit sozialem Engagement und Nachhaltigkeit für sich wirbt.
Die Dokumentarfilmer Res Gehringer und Urs Schnell versuchen in ihrem Film, das Geschäftsgebaren des Weltkonzerns rund um das Thema Wasser genauer unter die Lupe zu nehmen. Ihre Recherche beginnt in einem äthiopischen Lager, wo Nestlé sich nach eigenen Angaben seit Jahren selbstlos für die Versorgung von somalischen Flüchtlingen mit Trinkwasser engagiert. Vor Ort stellt sich dann allerdings heraus, dass der Konzern seit 2004 nicht mehr aktiv ist. Eine PR-Behauptung als dreiste Mogelpackung. Nächste Station: Mehrere Dörfer im US-Bundesstaat Maine, wo Nestlé aus örtlichen Quellen in großem Stil Wasser entnimmt, das dann in nahen Abfüllanlagen, mit ein paar Zusätzen versehen, zum meistverkauften Mineralwasser der USA wird. Man hört von gigantischen Gewinnspannen, aber auch von Protesten einiger Bewohner, die sich gegen den Raubbau an der Natur wenden. Weit bedrohlicher ist die Lage in Pakistan, wo Nestlé mit Hilfe von Tiefbohrungen das Wasser für „Pure Life“ entnimmt, was aber zur Folge hat, dass der Grundwasserspiegel dramatisch sinkt und aus den Leitungen der öffentlichen Wasserversorgung nur noch eine trübe Brühe rinnt. Ähnlich die Situation in der nigerianischen Hauptstadt Lagos, der letzten Station der Reise der Autoren.
„Bottled Life“ ist im Wesentlichen in Form einer Presenter-Reportage angelegt. Einer der Filmemacher, Res Gehringer, dokumentiert seine Recherchen vor der Kamera, ist regelmäßig selbst im Bild und erklärt im Kommentar die Schwierigkeiten der Arbeit. Dazu zählt auch, dass Nestlé-Chef Peter Brabeck zu keiner Stellungnahme vor der Kamera bereit war und hier nur bei öffentlichen Auftritten zu sehen ist. Überhaupt bekommen die Autoren keinen einzigen Vertreter des Konzerns vor die Kamera. Zwischendurch ist lediglich von einem konspirativen Angebot eines Nestlé-Managers die Rede, im Auftrag des Konzerns einen Film über das Unternehmen zu drehen. Zu sehen ist dazu allerdings nur ein Restaurant, in dem dieses Treffen stattgefunden haben soll. So bleibt den Filmemachern neben den örtlichen Kritikern vor allem die Kanadierin Maude Barlow, ehemalige UNO-Beauftragte in Sachen Wasser, die Nestlé eine Raubtier-Mentalität beim weltweiten Kampf ums Wasser attestiert. Am Ende kann die Dokumentation sogar mit einem kleinen Happy End aufwarten. Aktivistinnen in US-Bundesstaat Maine ist es gelungen, dem Weltkonzern mit juristischen Tricks ein Schnippchen zu schlagen und Bohrungen in einem Naturschutzgebiet zu verhindern. Wie genau das auf welcher gesetzlichen Grundlage möglich war, bleibt hier allerdings so diffus wie so viele Mechanismen im globalen Kampf ums (Trink-)Wasser. Überdies wird die fundamentale Frage, ob es sich beim Wasser um eine Handelsware oder um ein Allgemeingut handelt, allenfalls gestreift, aber nicht grundsätzlich erörtert. So transportiert die aufwändige Dokumentation letztlich kaum mehr als die Erkenntnis, dass das Gebaren und die Eigenwerbung eines Konzern nicht unbedingt im Einklang stehen. Das ist unterm Strich ein bisschen dürftig.
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