Verführung von Engeln - Kurzfilme von Jan Krüger

- | Deutschland 2000-2007 | 70 Minuten

Regie: Jan Krüger

Vier Kurzfilme von Jan Krüger, die unterschiedliche Facetten von Freundschaft, Liebe und Leidenschaft behandeln und um Beziehungsdreiecke, Machtspiele, zwischen- sowie gleichgeschlechtliche Spannungen kreisen. Der erzählerische Ausdruck für Liebesschmerz reicht von roh-intensiv bis zu komisch-anrührend und addiert sich in der Summe zu gelungenen Beobachtungen von Sehnsucht, Intimität und höchster Verletzlichkeit, die eine betörende Wahrheit des Moments preisgeben. - Titel der einzelnen Filme: 1. "Verführung von Engeln" (2006, 6 Min., schwarz-weiß); 2. "Freunde" (2001, 21 Min.); 3. "Tango Apasionado" (2006, 13 Min.); 4. "Hotel Paradijs" (2007, 30 Min., teils schwarz-weiß) - Sehenswert.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2000-2007
Produktionsfirma
KHM und Krüger (1,2)/Paradiesfilm Prod. (4)
Regie
Jan Krüger
Buch
Jan Krüger
Kamera
Oliver Schwabe · Bernadette Paassen
Musik
Udo Lindenberg · Birger Clausen
Schnitt
Rita Schwarze · Natali Barrey
Darsteller
Christian Bumba · Geraldine Rose · Mark Pohl · Swaantje Burow · Marlon Kittel
Länge
70 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert.
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Salzgeber (FF, DD2.0 dt.)
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Diskussion
Seit Jan Krüger mit „Freunde“, seinem Abschlussfilm an der Kölner Hochschule für Medien (KHM), den „Silbernen Löwen“ in Venedig gewann, zählt er zu den markantesten Vertretern des jungen deutschen Films. Die roh und intensiv erzählte Geschichte um eine Freundschaft von zwei heranwachsenden Jungen stach von den üblichen Hochschulproduktionen mit ihrer ausgeprägten Handschrift heraus. Bereits sein erster Langfilm „Unterwegs“ (fd 36 556) ließ sich thematisch als eine Fortsetzung von „Freunde“ lesen, erweitert um eine Frau, um die herum zwei Männer die Grenzen ihrer Dreiecksbeziehung ausloten. Das Sujet von Spannungen und Machtspielen in unterschiedlichen Paaranordnungen hat Krüger seitdem nicht losgelassen, was „Verführung von Engeln“, eine Zusammenstellung von vier Kurzfilmen, eindrucksvoll vorführt. Während der gleichnamige Vorläufer von „Freunde“, entstanden an der KHM in Anlehnung an ein homoerotisch angehauchtes und Thomas Mann gewidmetes Gedicht von Bertolt Brecht, als Musikclip mit Anleihen bei Larry Clark daherkommt (was nicht zuletzt daran liegt, dass der Auftraggeber Udo Lindenberg nicht nur mitspielt, sondern auch den Gedichttext singt), spinnen die zwei neueren Kurzfilme – beides ähnlich angelegte Beziehungsporträts – Krügers Lieblingsthema meisterlich weiter. Sowohl „Tango Apasionado“ als auch „Hotel Paradijs“ fanden zu Recht den Weg nach Oberhausen, und auch Krügers bevorzugter Schauspieler Martin Kiefer ist wieder mit von der Partie. In „Tango Apasionado“, einem als Hommage an Michael Haneke entstandenen Kammerspiel, stellen zwei Ex-Liebende ihre Leidensfähigkeit auf die Probe, indem sie das Spiel zwischen Nähe, Anziehung und Ablehnung zu weit treiben und einen emotionalen Trümmerhaufen hinterlassen. „Hotel Paradijs“ zitiert Claire Denis’ „L’intrus“ und variiert erneut die Dreieckskonstellation aus „Unterwegs“. Ein bisexueller Streuner verlässt seinen älteren Freund, als er beim Jobben an einer Amsterdamer Kinokasse eine junge vitale Holländerin kennen- und lieben lernt. Man teilt das unbezahlte Zimmer im Hotel Paradijs, ist sich körperlich nah und mitunter emotional rätselhaft fremd, bis die Frau vor der immer verbindlicher werdenden Beziehung die Flucht ergreift. Im Vergleich zum eher statischen, ganz auf das Erleben der auf engstem Raum ansteigenden Spannung zwischen den Männern konzentrierten „Tango Apasionado“ besticht „Hotel Paradijs“ durch seine dokumentarische Machart, die erholsame Weite des bei Nacht fotografierten Amsterdamer Industriegebiets sowie die körperlich spürbare Nähe zu den Figuren. Die sind einem wahren Wechselbad der Gefühle ausgeliefert, die sich auch schon mal in expliziten Sexszenen entladen, ohne auf einen fehlgeleiteten Voyeurismus zu spekulieren. Mitunter findet Krüger für den Liebesschmerz auch komisch anrührende Bilder, wenn er Kiefer zur Barockmusik von Claudio Monteverdi ein buntes Kleid der Frau anziehen lässt, die ihn in dem Hotel allein ausharren lässt. Eine gelungene Beobachtung von Sehnsucht, Intimität und höchster Verletzlichkeit, die erst im Kino ihre ganze betörende Wahrheit des Moments preisgibt.
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