Dokumentarfilm über den Künstler, Kabarettisten und Radiomacher Heino Jaeger (geb. 1938), der, gezeichnet von den Kriegstraumata seiner Kindheit, trotz künstlerischer Erfolge mit seinem Nicht-Ruhen-Lassen der NS-Vergangenheit immer wieder aneckte, zunehmend verwahrloste und 1997 fast vergessen in einer psychiatrischen Anstalt starb. Der Film entwirft mit Fotos, Tonaufnahmen und Interviews mit Wegbegleitern und Bewunderern ein ebenso faszinierendes wie verstörendes, latent geisterhaftes Porträt Jaegers sowie der Hamburger Kulturszene Mitte der 1970er-Jahre.
- Ab 16.
Heino Jaeger - look before you kuck
Dokumentarfilm | Deutschland 2012 | 124 (24 B./sec..)/120 (25 B./sec.) Minuten
Regie: Gerd Kroske
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2012
- Produktionsfirma
- Realistfilm/ZDF
- Regie
- Gerd Kroske
- Buch
- Gerd Kroske
- Kamera
- Susanne Schüle
- Musik
- Klaus Janel
- Schnitt
- Karin Schöning
- Länge
- 124 (24 B.
sec..)
120 (25 B.
sec.) Minuten - Kinostart
- 01.11.2012
- Fsk
- ab 12; f
- Pädagogische Empfehlung
- - Ab 16.
- Genre
- Dokumentarfilm
- Externe Links
- IMDb | TMDB | JustWatch
Diskussion
Im Jahr 1997 starb der Maler, Kabarettist und Radiomacher Heino Jaeger, Jahrgang 1938, in einer psychiatrischen Anstalt in Bad Oldesloe, in der er die letzten Jahre seines Lebens verbracht hatte, alkoholkrank, schizophren. Vergessen ist Jaeger nicht, seine Hörstücke sind im Handel erhältlich. In den vergangenen Jahren konnte man zudem immer wieder seinen Namen lesen, in Geschichten über und Interviews mit Olli Dittrich oder Rocko Schamoni. Frühe Bewunderer von Heino Jaeger waren Loriot, Harry Rowohlt und Hanns Dieter Hüsch. Jetzt hat Gerd Kroske sich aufgemacht, seine Spurensuche nach Heino Jaeger zu dokumentieren. Herausgekommen ist einer der unheimlichsten Dokumentarfilme der letzten Jahre, denn Heino Jaeger, von dem es kaum Filmmaterial zu geben scheint, wird durch seine Bilder, seine Stimme und die Erinnerungen von Freunden re-materialisiert. Erkennbar wird ein Künstler, der, von Kriegstraumata schwer gezeichnet, seinen Ort in der Bundesrepublik Deutschland nicht fand und gewissermaßen nur vorübergehend eingemeindet wurde. Viele Erinnerungen an Heino Jaeger sind skurril, und manches Interview leidet darunter, dass man Jaegers Stimme hört, während ein alter Freund sich vor laufender Kamera über den Witz Jaegers amüsiert, obwohl der Witz gar nicht witzig ist. Je länger der Film dann dauert, desto weniger gibt es hier zu lachen. Vielmehr entsteht eine kulturhistorisch leicht verschwommene Detailaufnahme der Hamburger Kulturszene der späten 1960er- und frühen 1970er-Jahre um Hubert Fichte und das „Salambo“-Milieu. Man verschaffte Jaeger Jobs beim Saarländischen Rundfunk, doch immer wieder erschien der offenbar notorisch unzuverlässige Jaeger nicht im Studio. Vielleicht, wie er angeblich einmal erzählte, weil ihn am Bahnhof in Saarbrücken ein „Besucht Paris!“-Plakat gelockt hatte. Geradezu mythisch, von Freunden gerne lächelnd beschönigt, erscheint der Grad der Verwahrlosung des Künstlers, der in veritablen Rattenlöchern im Souterrain gehaust hat. Gemeinsam mit einigen engen Freunden lebte er in der Bundesrepublik gewissermaßen im Exil, wissend, dass seit 1918 alles auf den Hund gekommen sei. Andererseits spürte Jaeger offenbar instinktiv die gesellschaftlichen Widersprüche in den Mentalitäten der saturierten Nachkriegszeit, holte den „allgemeinen Gesamtnazi“ aus dem Keller, suchte nach den (psychischen) Trümmerlandschaften der Nachkriegszeit, frönte einem verschrobenen Uniform-Kult und irritierte zur falschen Zeit, am falschen Ort mit Hitler-Reden und Nazi-Posen. Dabei ist Jaeger nicht der unbequeme „Künstler-als-Mahner-Typ“, der von der Gesellschaft abgestraft wird, sondern eher einer, dem goldene Brücken gebaut werden, die er dann aber nicht betritt. In den wenigen Archivbildern, die Kroske in seinem Film nutzt, mutiert Jaeger binnen weniger Jahre vom sympathisch aussehenden Lockenkopf mit mächtigem Backenbart zum Alkoholwrack, das auf einer Feier ihm zu Ehren anmerkt, er hätte diese gerne zu Lebzeiten erlebt – und dabei nicht scherzt. Ein Toter der Nazi-Zeit auf Urlaub in der BRD? „Heino Jaeger“ ist ein leiser Psycho-Horror-Film, den man sich nicht schön lachen sollte.
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