Eine 23-jährige Frau, die einen Totalausfall des Gehörs hat, nimmt dieses Schicksal mit Energie an und verweigert eine mögliche Operation. Nachdem sie zuvor ihr Leben lang versucht hat, so zu sein wie alle anderen, legt sie nun das ständige Gefühl des Versagens ab, beginnt, die Gebärdensprache zu lernen, und bezieht eine erste eigene Wohnung. Ein eindrucksvoller Dokumentarfilm von höchst eigener visueller Kraft, der, konzipiert als vielstimmige Meditation über Eigensinn und Sinnlichkeit, einfühlsam das Wechselspiel von Ton und Stille vermittelt.
- Sehenswert ab 14.
Louisa
Dokumentarfilm | Deutschland 2011 | 65 (24 B./sec.)/62 (25 B./sec.) Minuten
Regie: Katharina Pethke
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Filmdaten
- Produktionsland
- Deutschland
- Produktionsjahr
- 2011
- Produktionsfirma
- Kunsthochschule für Medien Köln
- Regie
- Katharina Pethke
- Buch
- Katharina Pethke
- Kamera
- Katharina Pethke
- Musik
- Gerriet K. Sharma
- Schnitt
- Daniela Kinateder
- Länge
- 65 (24 B.
sec.)
62 (25 B.
sec.) Minuten - Kinostart
- -
- Fsk
- ab 0
- Pädagogische Empfehlung
- - Sehenswert ab 14.
- Genre
- Dokumentarfilm
Heimkino
Diskussion
Zu Beginn ist eine Band während eines Pop-Konzerts zu sehen, vor der Bühne hüpfen ekstatisch die Zuschauer. Doch irgendwie scheint die Tonspur des Films defekt zu sein: Man hört nichts. Dann gerät eine junge Frau ins Bild, die, scheinbar entrückt, ihren Körper zu den unhörbaren Klängen bewegt. Wenig später sieht man sie, wie sie einem HipHop-Künstler im Tonstudio ihre Hand auf den Rücken legt, der seinen Sprechgesang ins Mikro singt. Als sich alle Beteiligten anschließend das Stück anhören, hat sie die Hand an der Lautsprecher-Membran – sie scheint die Töne quasi über ihre Finger in sich aufzunehmen.
So beginnt dieses außergewöhnliche dokumentarische Porträt der 23-jährigen Gehörlosen Louisa Pethke, der Schwester der Filmemacherin. Im Folgenden sieht man, wie sich Louisa, die nicht von Geburt an taub ist, mit ihrem Handicap und ihrer Liebe zur Musik im Leben zurecht zu finden versucht. Es gibt Besuche beim Arzt, der ihr zu einem Implantat rät – sie lehnt es jedoch ab. Sie will keinen Fremdkörper in sich haben und befürchtet, dass ihre vertraute Wahrnehmung, besonders der Musik, darunter leiden, der Sound blechern, metallisch klingen könnte. Louisas entscheidet sich, fortan konsequent nur noch der Gebärdensprache zu benützen; auch die Tortur des Lippenlesens verweigert sie. Ihren Eltern ist das kaum zu vermitteln: Was für die junge Frau eine Emanzipation bedeutet, erscheint für diese als Rückzug ins Private.
Doch die Studentin geht unbeirrbar ihren Weg. Ihr bei dieser privaten wie gesellschaftlichen Emanzipation zuzusehen, ist manchmal irritierend, aber unbedingt faszinierend. Zumal es Katharina Pethke in ihrem inzwischen mehrfach ausgezeichneten Dokumentarfilm (u.a. „Goldene Taube“ beim Festival DOK Leipzig) souverän gelingt, in Kameraführung und Montage eine eigene Bildsprache für das Phänomen der zunehmenden Ertaubung zu finden. Als Bonusmaterial enthält die DVD Pethkes Kurzfilm „Anophtalmus“, in dem sie die Herstellung einer Prothese mit der Kamera begleitet.
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