Olive Kitteridge

Drama | USA 2014 | 240 (4 Episoden) Minuten

Regie: Lisa Cholodenko

Eine scharfzüngige Lehrerin erlebt und kommentiert über mehrere Jahrzehnte Einschnitte, Begegnungen und Abschiede in einer Kleinstadt in Neuengland: den Ehealltag und die Dispute mit ihrem Mann, einem gutmütigen Apotheker, die Kontakte mit anderen Einwohnern der Stadt, das Wegziehen ihres Sohns, bis zu einer zarten neuen Liebesbeziehung im Alter. Die vierteilige Miniserie nach einem preisgekrönten Roman entfaltet den Kleinstadt-Kosmos zur tragikomisch-bittersüßen Lebensbetrachtung. Dabei ergänzen sich eine wunderbare Bildsprache und großartige Darsteller zu einem wahren Serienjuwel. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
OLIVE KITTERIDGE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
HBO/Playtone Prod./As Is
Regie
Lisa Cholodenko
Buch
Jane Anderson
Kamera
Frederick Elmes
Musik
Carter Burwell
Schnitt
Jeffrey M. Werner
Darsteller
Frances McDormand (Olive Kitteridge) · Richard Jenkins (Henry Kitteridge) · Zoe Kazan (Denise Thibodeau) · Rosemarie DeWitt (Rachel Coulson) · Martha Wainwright (Angela O'Meara)
Länge
240 (4 Episoden) Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Warner (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Warner (16:9, 1.78:1, dts-HDMA engl., dts dt.)
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Schwere Altfrauenbeine in derben flachen Schuhen stapfen durch herbstliches Laub: Das ist das erste, was man von der Titelheldin in Lisa Cholodenkos Miniserie zu sehen bekommt. Dann macht Olive (Frances McDormand) bei ihrem einsamen Gang durch das Wäldchen halt. Sie breitet eine Picknickdecke aus und schaltet ein kleines Kofferradio an. Und packt eine Pistole aus. Ist der Brief, der aus ihrer Tasche rutscht, ein Abschiedsbrief? Will die alte Frau ihrem Leben ein Ende setzen?

Diskussion
Schwere Altfrauenbeine in derben flachen Schuhen stapfen durch herbstliches Laub: Das ist das erste, was man von der Titelheldin in Lisa Cholodenkos Miniserie zu sehen bekommt. Dann macht Olive (Frances McDormand) bei ihrem einsamen Gang durch das Wäldchen halt. Sie breitet eine Picknickdecke aus und schaltet ein kleines Kofferradio an. Und packt eine Pistole aus. Ist der Brief, der aus ihrer Tasche rutscht, ein Abschiedsbrief? Will die alte Frau ihrem Leben ein Ende setzen? Dass es in »Olive Kitteridge« auch ums Altern und Sterben geht, macht die Exposition mit wenigen Bildern deutlich. Bis man erfährt, wie sich der hier aufgebaute Cliffhanger auflöst, muss er sich allerdings gedulden: Vor dem Tod kommt das Leben. Und das mag im Fall von Olive ein ganz normales Provinzleben sein. Was aber ungewöhnlich ist, ist diese Olive selbst: eine so schamlos ehrliche und scharfzüngige Heldin bekommt man nur selten zu sehen. Man könnte meinen, die Rolle der alternden Mathematiklehrerin in einer neuenglischen Kleinstadt wäre der wunderbaren Frances McDormand auf den Leib geschrieben worden – wenn es da nicht die Romanvorlage von Elizabeth Strout gäbe, die die widerborstige und doch so liebenswerte Titelfigur erfunden hat. Flankiert wird sie von einem Ensemble kantig-glaubhafter Charaktere, deren Schicksale mehr oder weniger eng miteinander verflochten sind. Die Erzählung springt nach der knappen Exposition Jahre in die Vergangenheit zurück und taucht ein in den Ehealltag von Olive und ihrem Mann Henry (Richard Jenkins), dem die örtliche Apotheke gehört. Zu Beginn ist es um die Ehe der beiden offensichtlich nicht gut bestellt: Die gemeinsamen Mahlzeiten mit dem halbwüchsigen Sohn enden regelmäßig mit solch beißenden Verbalgefechten, dass einer beleidigt die Tischrunde verlässt; Olive scheint mit einem Kollegen aus der Schule ein Verhältnis zu haben, und ob die zärtlich-väterlichen Gefühle, die Henry seiner jungen, naiv-zerbrechlichen Mitarbeiterin entgegenbringt, wirklich nur väterlich sind, ist auch nicht sicher. Doch das Ehepaar bleibt zusammen. Es kämpft, immer wieder, umeinander und um die Menschen, die sich in seinem Orbit bewegen, mannigfaltige Probleme mit sich herumschleppen und denen Olive und Henry, trotz aller Ruppigkeit Olives, helfend zur Seite stehen. Allerdings gibt es im Lauf der Jahre Schicksalsschläge, an denen selbst die zupackend-dickschädelige Olive nichts ändern kann. Wie etwa die Veränderungen, die das Altern mit sich bringt. Lisa Cholodenkos Serie ist im Vergleich zum Roman stärker auf die zentrale Figur sowie ihre Perspektive auf den Kleinstadt-Kosmos fokussiert; trotzdem kommen auch die anderen Figuren zu ihrem Recht und gelingen ihren Darstellern eindrucksvolle kleine Porträts – von Peter Mullan als dauerrauchendem Kollegen/Liebhaber von Olive, der in seinem desillusioniert-ironischen Blick auf die Welt eher Olives Pendant ist als ihr freundlich-gutherziger Gatte, bis zu Bill Murray als neuem Freund, nach dem Olive nach Henrys Tod zaghaft die Fühler ausstreckt. Mit dem elliptisch aufgerollten Auf und Ab der Einschnitte, Begegnungen und Abschiede webt Cholodenko eine weise, tragikomisch-­bittersüße Lebensbetrachtung, die ganz bei ihren höchst eigenwilligen Figuren ist und gerade deswegen umso berührender das Allgemein-­Menschliche ihrer Geschichte(n) vermittelt. Eine wunderbare Bildsprache, die die in Massachusetts gedrehten Handlungsorte zum Sprechen bringt, und die Musik von Carter Burwell runden das kleine Serienjuwel ab.
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