Klopka - Die Falle

Drama | Serbien-Montenegro/Deutschland/Ungarn 2006 | 105 Minuten

Regie: Srdan Golubović

Um die lebensnotwendige Operation seines Sohns bezahlen zu können, begeht ein Architekt einen Auftragsmord im Mafia-Milieu. Präzise inszenierter Thriller, der die Metaphrase auf den Niedergang der Mittelschicht in Serbien mit dem universellen Handwerkszeug des Psychodramas angeht. Konzipiert als balkanische Version von "Schuld und Sühne", erzählt der Film die Persönlichkeitstransformation in einer differenzierten Bildsprache, die ihren ureigenen Stil zwischen Close-Ups und Inszenierung der stadträumlichen Architektur findet. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
KLOPKA
Produktionsland
Serbien-Montenegro/Deutschland/Ungarn
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
Bas Celik/Mediopolis/Uj Budapest Filmstudio
Regie
Srdan Golubović
Buch
Srdjan Koljevic · Melina Pota Koljević
Kamera
Aleksandar Ilić
Musik
Mario Schneider
Schnitt
Marko Glušac · Dejan Urosevic
Darsteller
Nebojša Glogovac (Mladen) · Natasa Ninkovic (Marija) · Anica Dobra (Jelena) · Miki Manojlovic (Kosta Antic) · Bogdan Diklic (Dr. Lukic)
Länge
105 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Drama | Thriller
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein Gespräch über den Film von Prof. Jürgen Haase (Geschäftsführer des Progress Filmverleihs) und Filmjournalist Nikolaj Nikitin (47 Min.).

Verleih DVD
absolut (FF, DD2.0 serb./dt.)
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Diskussion
In den letzten Jahren ist im osteuropäischen Kino viel über den ökonomischen Niedergang gesagt worden, der die seelische Deprivation ganzer Gesellschaftsschichten zur Folge hatte. Oft wurden dabei Elendsklischees und Gewaltmetaphern überstrapaziert. Dem Serben Srdan Golubovic ist nun ein präzise inszenierter Thriller gelungen, der die Metaphrase auf die Gesellschaft mit dem universellen Handwerkszeug des Psychodramas angeht: Mladen und seine Frau Marija führen mit ihrem Sohn Nemanja ein durchschnittliches Leben im gegenwärtigen Belgrad. Dem Architekten und der Lehrerin, beide in Vollzeit arbeitstätig, bleibt gerade mal genug Geld für den Alltag in der Dreizimmerwohnung, einfache Steh-Parties mit Freunden und den uralten Renault R4. Als bei dem Sohn eine lebensgefährliche Herzerkrankung festgestellt wird, rät der Arzt zur Operation im Ausland. Um die dafür notwendigen 26.000 Euro aufzutreiben, schaltet man eine Zeitungsanzeige, auf die sich ein dubioser „Patriot“ meldet. Um die lebensrettende Operation seines Sohns bezahlen zu können, begeht Mladen einen Auftragsmord im Mafia-Milieu. Doch schon bald wird er zum seelisch Gehetzten. Die Verheimlichung der Tat vor seiner Ehefrau gerät zum emotionalen Poker, und beim Verrat an den eigenen moralischen Maßstäben macht auch das Gewissen nicht mehr lange mit. Eine „balkanische Version von ‚Schuld und Sühne‘“, so Golubovic, vor dem Hintergrund eines aus dem Ruder gelaufenen Transitionsprozesses in einem Land, das seit mehr als einem Jahrzehnt von Kriegen und Kriegsgewinnlern geprägt ist. Die Idee dazu bekam der 35-jährige Regisseur beim Lesen von Tageszeitungen, die tatsächlich voll sind von Anzeigen, in denen Menschen öffentlich um Hilfe für ihre kranken Kinder bitten. Für den Regisseur auch Ausdruck eines Niedergangs der Mittelschicht, die eigentlich überall zu den Stützen der Gesellschaft gehört: „Mladen und Marija sind gebildete Menschen, die in dieser neuen Zeit auf keinen grünen Zweig kommen, weil ‚es zu schaffen‘, wie Marija in einer Szene sagt, bedeuten würde, die Grenzen der Moral zu überschreiten. In ‚Die Falle‘ wird ein Mann zum Killer, der das vorher niemals für möglich gehalten hätte.“ Symbol für die Mittelschicht, die es nicht mehr gibt, ist jener R4, einst als „kleiner Riese“ beworben, heute klappriger Zeuge einer besseren Zeit. Auch Nemanjas Arzt, ein hochqualifizierter Chirurg, fährt ein solches Auto. „Die Falle“ beschreibt die Gratwanderung eines Menschen, dessen ökonomische und seelische Reserven erschöpft sind; eine existenzielle Situation, in der bewährte Gut-Böse-Schemata versagen müssen. Golubovic seziert die Persönlichkeitstransformation aus der Perspektive einer Beichte, eindringlich und mit Respekt für seine Protagonisten. Mit der differenzierten Bildsprache, die ihren ureigenen Stil zwischen Close-Ups und Inszenierung der stadträumlichen Architektur findet, beweist „Die Falle“ einen filmkünstlerischen Umgang mit dem Thema, der jenseits platter Metaphorik auf das Persönliche der Geschichte verweist. Auch wenn der Protagonist vom sorgenden Vater zum Monster mutiert – eine moralische Verurteilung gibt es nicht. Damit folgt Golubovic dem konsequenten, bitteren Realismus seines vorhergehenden Spielfilms „Apsolutnih sto“ („Volle 100“, 2001), der das Schicksal eines früheren olympischen Sportschützen und späteren Ex-Snipers der Jugoslawischen Volksarmee beschreibt, der nach dem Krieg traumatisiert und von seinen ehemaligen Vorgesetzten allein gelassen vor sich hin vegetiert, bis sein kleinerer Bruder mit einem verzweifelten Akt der Selbstjustiz die Familienwürde wiederherzustellen versucht. Auch „Die Falle“ entstand bei der Produktionsfirma Bas Celik, die 1998 von Golubovic mitgegründet wurde und vor allem von Marketingkampagnen, Werbeclips und Musikvideos lebt; eine in Osteuropa nicht unübliche Mischung, die nebenbei vielleicht den Blick für die Bedürfnisse des Publikums schärft. Der Spannungsfunke jedenfalls springt sofort über, nicht zuletzt, weil sich parallel zu Mladens autistischem Drama eine subtile platonische Dreierbeziehung mit der neureichen Jelena entspinnt, durch die sich die Tragödie zweier langjähriger Eheleute offenbart, deren Zusammenleben von gegenseitigem Misstrauen geprägt ist. Eine dramaturgische Mischung, die Autorenkino mit spannender Unterhaltung verbindet.
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