Kurzfilmrolle - Die besten Kurzfilme aus dem Kinder- und Jugendfilmprogramm der "Berlinale"

- | Deutschland/Norwegen/Taiwan/Slowenien/Russland/Niederlande 2001-06 | Minuten

Regie: Susanne Seidel

Thematisch wie formal vielfältige kurze Filme für Kinder ab vier Jahren, die 2002-06 beim Kinderfilmfest der "Berlinale" ("Generation") zu sehen waren; zwölf der 14 Kurzfilme sind Animationen. Auch die beiden nicht animierten Filme sind sehr ansprechend: "Der Riese" kommt wie ein Dokumentarfilm daher, lebt ganz von den stimmungsvollen Bildern und entführt in eine Welt, die märchenhaft und real zugleich ist. "Rain Is Falling" ist eine poetische Hommage an das Leben über alle Länder- und Denkgrenzen hinweg: Ein Mädchen irgendwo in Afrika kümmert sich liebevoll um seine kranke Mutter und handelt ohne zu zögern, als aus heiterem Himmel der Regen einsetzt. Wasser als Lebensspender, als Bedrohung, ein Kind als zentrale Person, die über die Zukunft und das Leben entscheidet - die stimmungsvoll fotografierte, dialoglose, fast schon mystische Geschichte ist der herausragende Beitrag der Zusammenstellung. 1. "Pantoffelhelden", Deutschland 2003, Pd. HFF "Konrad Wolf", 8 Min.; 2. "Der Propellervogel", Deutschland 2005, Pd. Filmakademie Baden-Württemberg, 5 Min.; 3. "Wutz & Wiebke", Deutschland 2005, Pd. Balance-Film, 7 Min.; 4. "Die Dornenhecke" ("Tornehekken"), Norwegen 2001, Pd. Trollfilm, 13 Min.; 5 "Der lächelnde Fisch" ("Wei xiao der yu"), Taiwan 2005, Pd. Jimmy S.P.A. Company, 10 Min.; 6. "Anders-Artig", Deutschland 2001 Pd. Christina Schindler, 7 Min.; 7. "Die Bizzies und die Kirschen" ("Bizgeci - Cesnje"), Slowenien 2003, Pd. Casablanca, 5 Min.; 8. "Captain Bligh", Deutschland 2003. Pd. Filmakademie Baden-Württemberg, 4 Min.; 9. "Grün", Deutschland 2006, Pd. Niky-Bilder, 10 Min.; 10. "Der Riese" ("Velikan"), Scope, Russland 2003, Pd. CTB Filmcompany, 15 Min.; 11. "Lucia", Deutschland 2003, Pd. Felix Gönnert, 9 Min.; 12. "Rain is Falling", Scope, Deutschland 2004, Pd. Idealfilm, 15 Min.; 13. "Hochbetrieb", Deutschland 2003, Pd. Filmakademie Baden-Württemberg, 6 Min.; 14. "Vent", Niederlande 2004, Pd. Il Luster Prod., 5 Min. - Sehenswert ab 6.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland/Norwegen/Taiwan/Slowenien/Russland/Niederlande
Produktionsjahr
2001-06
Regie
Susanne Seidel · Jan Loche · Thomas Hinke · Leonore Poth · C. Jay Shih
Länge
Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 6.

Heimkino

Verleih DVD
absolut MEDIEN/Matthias-Film
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Diskussion
Kurze Trickfilme zum Lachen sieht jeder gern, nicht nur Kinder ab vier Jahren, für die diese DVD in erster Linie gedacht ist. Alle Beiträge waren zwischen 2002 bis 2006 beim Kinderfilmfest der „Berlinale“ („Generation“) zu sehen, zwölf der 14 Kurzfilme sind Animationen. Fast alle von ihnen traten einen Siegeszug durch die Festivals in aller Welt an. Auch „Vent“ („Wind“, Niederlande 2004, 5 Min.), ein schwarz-weißer Animationsfilm, gehört dazu. Ein Fenster gibt den Blick frei auf graue Aquarell-Wolken sowie auf einen schwarzen Mann als Silhouette, der gegen unsichtbaren Wind ankämpft. Er müht sich ab und wird doch weggeblasen, wogegen das kleine Mädchen mit den Zöpfen, auch ein Schattenriss, nicht weggeweht wird und auch sonst dem Mann überlegen ist, was sich immer dann zeigt, wenn sich das Fenster verschiebt und die Perspektiven auf den Kopf gestellt werden. Einfach und wirkungsvoll, ganz ohne Worte wird so die Angst vor dem Wind genommen, können Kinder über die Erwachsenen lachen. Ähnliches gilt für „Hochbetrieb“ (Dt. 2003, 6 Min.) von Andreas Klein: Ein junger Arbeiter und ein älterer erfahrener Kollege balancieren, turnen, tanzen, hüpfen auf den Stahlkonstruktionen eines Wolkenkratzers. Dabei versucht der eine, dem anderen sein Frühstück zu stehlen, weil er nur einen kleinen Frosch in seiner Lunchbox hat, der prompt ausreißt. Natürlich ist alles animiert, auch wenn die Männer reale Figuren sind. Der Film hat es bis ins Museum of Modern Art in New York geschafft und lief auf mehr als 100 Festivals in aller Welt. (Was aber auf der DVD leider nirgends vermerkt wird, genauso wenig wie man etwas zu den Regisseuren oder zur Machart der Filme erfährt – es gibt nur die Filme pur.) Zu den Highlights gehört „Pantoffelhelden“ (Dt. 2003, 8 Min.) von Susanne Seidel, ein Animationsfilm über einen Frosch, der sich in eine Fröschin verliebt, die jedoch nur eine Figur auf einem Pantoffel ist, der zufällig in der Wiese landet, was der Frosch lange Zeit nicht merkt (Siegerfilm in Leipzig). Den Kurzfilmpreis der Murnau-Stiftung bekam der ebenso humorvolle wie dezent pädagogische Animationsfilm „Anders-Artig“ (Dt. 2004, 7 Min.) von Christina Schindler. Da ist doch tatsächlich unter den fünf frisch geschlüpften Chamäleons ein recht merkwürdiges Junges: Es ist rot, die Farbe wechseln kann es nicht, und auch sonst ist es irgendwie anders, sodass es die Geschwister meiden, obwohl es doch immer so enthusiastisch und fröhlich auf sie zukommt. Als der Adler ein Junges entführt und nur der „Anders-Artige“ den Mut hat, es zu retten, wird er endlich akzeptiert. Ein Plädoyer, in schönen warmen Farben gezeichnet, das auch die Kleinsten verstehen. Zu sehen sind ferner grelle Comics („Die Bizzies und die Kirschen“, Slowenien 2003) über gefräßige gelbe Tiere; die Kleinsten ansprechende Tiergeschichten wie „Der Propellervogel“ (Dt. 2005) um einen Vogel mit umgeschnalltem Propeller, der mit seinem Flug andere Vögel stört, sowie der etwas simpel gezeichnete Film „Wutz & Wiebke“ (Dt. 2005) über ein gefräßiges Schweinchen und seine Freundin, eine vergessliche Gans, auf dem Flughafen; eine detailverliebt animierte Geschichte über einen Mann, der sich eine besondere Beziehung zu seinem Aquariumsfisch erträumt („Der lächelnde Fisch“, Taiwan 2005); ein ungewöhnlicher Antikriegsfilm, bei dem die Kanonenkugeln auf einem Schiff Augen haben, gegen den Kapitän meutern und ihn besiegen („Captain Bligh“, Dt. 2003); ein kombinierter Film mit Schauspielern, die so klein sind wie die Farbtöpfe und Tuben und Pinsel bei einer Bildermal-Aktion („Grün“, Dt. 2006), sowie „Lucia“ (Dt. 2003) über die nächtliche Erkundungstour eines kleinen Mädchen, das im Krankenhaus aufwacht und einen ungewöhnlichen Fisch entdeckt, der ihm wieder Lebensmut macht. Auch die beiden nicht animierten Filme (in CinemaScope) sind sehr ansprechend. Der einfachere ist „Der Riese“ (Russland 2003) von Alexander Kott: Eines Tages steht ein riesenhafter Mann auf einem Dorfplatz und wirft Schatten wie eine Sonnenuhr. Sein seltsamer Hut ist ein Plateau mit einem Häuschen wie für einen Kuckuck nebst Terrasse und einigen Figuren. Ein kleines Mädchen freundet sich wortlos mit dem Mann an, den bald alle liebgewonnen haben – bis er genauso abrupt wieder verschwindet. Der wie ein Dokumentarfilm daherkommende 15-minütige Spielfilm lebt ganz von den stimmungsvollen Bildern und entführt in eine Welt, die märchenhaft und real zugleich ist. Die DVD lohnt sich allein schon wegen „Rain Is Falling“ (Dt. 2004) von Holger Ernst, der heute in Hollywood lebt und schon seinen ersten Spielfilm drehte. Der vielfach in Deutschland (Murnau-Preis, Sieger Max-Ophüls-Preis) und weltweit prämierte Kurzfilm (15 Min.) ist eine poetische Hommage an das Leben über alle Länder- und Denkgrenzen hinweg. Ein kleines Mädchen geht auf einer staubigen Straße irgendwo in Afrika (gedreht wurde in Marokko) nach Hause, nachdem es vorher am Brunnen Wasser geholt hat. In dem kargen Haus liegt ihre kranke Mutter reglos, wahrscheinlich bewusstlos auf dem Boden. Das Mädchen kümmert sich liebevoll um sie und handelt ohne zu zögern, als aus heiterem Himmel der Regen einsetzt. Weil das Dach leck ist und das Wasser der Mutter schaden könnte, nimmt das Mädchen alle Töpfe und Schüsseln, die es finden kann, und stellt sie wie eine Straße rund ums Lager der Mutter auf. Als es just über dem Kopf der Mutter zu tropfen beginnt, setzt es sich mit einem Trinkglas neben die Mutter und fängt jeden Tropfen auf. Wasser als Lebensspender, Wasser als Bedrohung, ein Kind als zentrale Person, die über die Zukunft und das Leben entscheidet. Die stimmungsvoll fotografierte, dialoglose, fast schon mystische Geschichte ist der herausragende deutsche Kurzfilm der letzten Jahre – vielleicht für Erwachsene noch mehr als für Kinder.
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