Krimi | Italien 2006 | 112 Minuten

Regie: Sergio Rubini

Ein Mailänder Philosophieprofessor kehrt in seinen Heimatort im süditalienischen Apulien zurück, wo sein Bruder das von den Eltern geerbte Anwesen verkaufen will. Doch schon bald findet er sich in einem Strudel aus Intrigen und familiären Verstrickungen wieder, die weit in die Vergangenheit reichen. Unterhaltsame Mischung aus Krimi-Tragikomödie und lustvoll überzeichneter Farce, die mit dicken Strichen um Themen wie Glaube, Liebe, Hoffnung, Verrat, Familie, Sex und Tod kreist und dabei geschickt die erzählerische Balance findet. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
LA TERRA
Produktionsland
Italien
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
Fandango
Regie
Sergio Rubini
Buch
Angelo Pasquini · Carla Cavalluzzi · Sergio Rubini
Kamera
Fabio Cianchetti
Musik
Pino Donaggio
Schnitt
Giogiò Franchini
Darsteller
Fabrizio Bentivoglio (Luigi Di Santo) · Paolo Briguglia (Mario Di Santo) · Massimo Venturiello (Aldo Di Santo) · Emilio Solfrizzi (Michele Di Santo) · Claudia Gerini (Laura)
Länge
112 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Krimi | Tragikomödie
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Diskussion
Eigentlich passiert fast alles: Glaube, Liebe, Hoffnung, Verrat, Familie, Sex, Tod und noch mehr. Luigi kehrt aus dem offenbar weit beschaulicheren Mailand in seinen Heimatort im süditalienischen Apulien zurück. Sein Bruder Michele will das von den Eltern geerbte Land samt heruntergekommenem ländlichen Anwesen verkaufen und benötigt die Unterschriften der drei Brüder. Von Anfang an laufen die Dinge nicht rund. Schnell verdichten sich die scheinbar zufälligen Ungereimtheiten zu einem unüberschaubaren Sumpf – der stets korrekt gekleidete Professor für Philosophie findet sich in einem Strudel aus Intrigen und familiären Verstrickungen wieder, die weit in die eigene Vergangenheit reichen. Sergio Rubini inszeniert eine Krimi-Tragikomödie mit Tendenz zur Farce; manche Figuren sind überzeichnet und erinnern mitunter ans Personal der Commedia dell’arte. Der schmierige Mafioso, der zwielichtige, vierschrötige Halbruder, der heimlich verschuldete Provinzpolitiker – sie scheinen im Auge des Heimkehrers zum Gruselkabinett eines rückständigen italienischen Südens zu verwachsen. Das ist insofern ein wenig problematisch, da das Nord-Südgefälle in Italien von jeher für politische und gesellschaftliche Konflikte sorgt; insbesondere rechte Kräfte aus dem wirtschaftlich florierenden Norden monieren regelmäßig, dass Subventionen für den Süden ohnehin nur im mafiösen Netz versickern würden. Rubini stammt selbst aus Apulien und hat als Schauspieler angefangen; er spielt mit sichtlichem Vergnügen die Rolle des widerwärtigen Ausbeuters und Betrügers Tonino, des Paten der kleinen Stadt Mesagne. Hierzulande ist das Krimigenre fast ausschließlich dem Fernsehen vorbehalten; so ist es ungewohnt, im Kino einem Plot zu folgen, der dem eines „Tatorts“ nicht unähnlich ist: Es gibt eine überschaubare Zahl an Verdächtigen, und der Mörder ist am Ende derjenige, den Kamera und Geschichte am meisten vernachlässigt haben. Allerdings ist Rubinis Reigen üppig ausgestattet und mit Ereignissen wie Personal geradezu überfrachtet – wobei es dem Regisseur immer wieder gelingt, mit Hilfe von Rückblenden oder manchmal etwas steifen, erläuternden Dialogen einen Überblick herzustellen. Die Musik von Pino Donaggio („Wenn die Gondeln Trauer tragen“, fd 18 980) operiert an der Grenze von Kitsch und Ironie: sanftes Gesäusel, wenn eine Behindertentagesstätte zu sehen ist, symphonisches Anschwellen in düsteren, nächtlichen Gassen. Ähnliches gilt für Kamera und Schnitt: oft eine Perspektive, ein Schnitt zu viel, aber für die Wucht der sich überstürzenden Ereignisse gerade dick genug aufgetragen. Luigi schreitet stoisch mit unerschütterlicher Föhnfrisur durch die Szenerie und versucht, wenigstens seine Würde zu wahren. Seine eher zurückgenommene Mimik und Gestik konterkariert das vorwiegend typenhafte Spiel der übrigen Darsteller – Angela, die Verführerin, oder Tanja, die ausgebeutete Hure. Obwohl der Professor meist von den Ereignissen mitgerissen wird, etwa von Angela an den Strand, obliegt es schließlich ihm, die Verwicklungen zu einem versöhnlichen Ende zu bringen. Täglich will Luigi den Ort verlassen. Einmal wird er von Michele auf dem Weg zum Bahnhof aufgehalten und prompt Zeuge des Mordes, der während einer kirchlichen Prozession geschieht – Heimat ist dort, von wo man nicht mehr wegkommt.
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