Komödie | Deutschland 2014 | 92 Minuten

Regie: Ralf Westhoff

Eine Frau und zwei Männer, alle um die 60, ziehen 35 Jahre nach ihrer Zeit in einer Wohngemeinschaft erneut zusammen. Ihre kleine Zweckgemeinschaft kollidiert mit drei Studenten in der Wohnung über ihnen, die vom ständigen Leistungsdruck gestresst sind und zunächst aggressiv und ablehnend reagieren, dann aber ihre Schwächen und Empfindlichkeiten zu erkennen geben. Vorzüglich gespielte Komödie mit brillanten Dialogen, die auf dem schmalen Grat von subtiler Charakterbeschreibung und unterhaltsamem Genrefilm liebevoll von den Chancen und Grenzen eines Generationen übergreifenden Miteinanders erzählt. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2014
Produktionsfirma
Westhoff Film/DRIFE/BR/Degeto Film
Regie
Ralf Westhoff
Buch
Ralf Westhoff
Kamera
Ian Blumers
Musik
Oliver Thiede
Schnitt
Uli Schön
Darsteller
Gisela Schneeberger (Anne) · Heiner Lauterbach (Eddi) · Michael Wittenborn (Johannes) · Claudia Eisinger (Katharina) · Karoline Schuch (Barbara)
Länge
92 Minuten
Kinostart
17.07.2014
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Die Editionen enthalten eine Audiodeskription für Sehbehinderte.

Verleih DVD
X Verleih/Warner (16:9, 1.85:1, DD5.1 dt.)
Verleih Blu-ray
X Verleih/Warner (16:9, 1.85:1, dts-HD dt.)
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Diskussion
Ralf Westhoff schaut den Menschen beim Leben zu. Seine Filme sind geduldige „Lehrstücke“ in Sachen Liebe, Partnerschaft und Beziehung, in denen er seine Figuren reden und reden und reden lässt, um hinter die Fassaden ihrer vermeintlichen Selbstsicherheit zu schauen. Und um ihre wahren Bedürfnisse, ihre Sorgen, Ängste und Defizite sichtbar zu machen. Dann werden aus anfänglich oft oberflächlich oder auch arrogant wirkenden Menschen komplexe Charaktere, die man ins Herz schließt – gerade wegen ihrer Unvollkommenheit, die sie nahbar macht. In „Shoppen“ (2006) ging es um 18 Großstadt-Singles auf Kontaktsuche, in „Der letzte schöne Herbsttag“ (2010) um ein verunsichertes Paar und seine Suche nach einer tragfähigen Beziehung, und auch in „Wir sind die Neuen“ sind die sechs Menschen aus zwei grundverschiedenen Generationen Suchende, die sich ständig fragen: Wie kann man heute leben, am besten miteinander? Stets wählt Westhoff den vielleicht schwierigsten Weg des Inszenierens: Er entwirft keine akademisch-trockenen Sozialstudien, sondern inszeniert Komödien – amüsante, unterhaltsame Dialog-Komödien von spielerischer Eleganz, mit viel (Sprach-)Witz, getragen von vorzüglichen Darstellern, die souverän über etwaige (Genre-)Untiefen hinwegtragen. Die „Neuen“ im Filmtitel sind nun die „Alten“: Anne, Johannes und Eddi sind um die 60, lebten vor 35 Jahren in einer Studenten-Wohngemeinschaft, verloren sich danach aus den Augen. Jetzt bringt sie die Not wieder zusammen: Nach Höhen und Tiefen alleinstehend und finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet, verbünden sie sich erneut zur Zweckgemeinschaft. Doch die Zeiten haben sich geändert. Sie sind härter und ungemütlicher geworden, der Umgangston ist „zeitgemäß“ technisch und distanziert, rüde, auch zynisch. Das spüren die „Alten“ schnell, als sie eine Wohnung unter den drei „Jungen“ finden: Katharina, Barbara und Thorsten stehen unter Dauerstress, klotzen bis zur Belas-tungsgrenze für ihr Studium, um im zukünftigen Arbeitsleben konkurrenz- und überlebensfähig zu sein. Sie leben zweckorientiert-sachlich zusammen, reagieren auf Annäherungsversuche der Alten abweisend und aggressiv: „Wir sind keine Gleichgesinnten. Wir sind die Ablösung. Und die wohnt über Euch!“ Bald sind die Fronten verhärtet, jeder hält den anderen für den eigentlichen Spießer, für „krass“ lebensuntauglich. Bis man sich dann doch annähert, einfach weil der seelische Druck zu groß ist. Dann hört man sich zu und stellt fest, dass man sich über die Fronten hinweg etwas zu sagen und auch zu geben hat. Während sich die Figuren zumindest ein Stück weit annähern, entwickeln sich griffige kleine Porträtstudien, souverän gespielt und im Rahmen einer Ensemble-Typen-Komödie mit vitalem individuellen Temperament gefüllt. Auf dieser Klaviatur spielt Westhoff hintergründig, ironisch und doch liebenswürdig mit Generationen-Klischees, jongliert mit Wahrnehmungs- und Perspektivwechseln: eine reizvolle Gratwanderung zwischen Subtilitäten und durchaus auch handfesterer Komik. Besonders interessant ist die Geschichte an ihren Rändern, wo sie „ausfranst“ und Leerstellen schafft: Da sind die Sechs dann keine „runden“ (Kunst-)Figuren, sondern Menschen mit Brüchen, die längst noch nicht fertig sind mit der Welt. Und in denen die Einsicht reift, die Anne am Ende ausspricht: dass man im Leben vielleicht gar nicht zu endgültigen Resultaten kommen, sondern ein Stück weit offen und risikofreudig bleiben soll.
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