Eine französische Frau

Drama | Frankreich/Deutschland/Großbritannien 1995 | 98 Minuten

Regie: Régis Wargnier

Die Ehe eines französischen Offiziers wird durch die zwanghaften Seitensprünge seiner Frau während seiner vielen Abwesenheiten gestört. In der Affäre zu einem Deutschen eskaliert der Konflikt. Ein Melodram, das die Motivation der Protagonisten nicht überzeugend vermittelt. Nicht mehr als ein halbherziger Versuch über die Probleme von Einsamkeit und Treue, der Intensität allenfalls durch die präzisen schauspielerischen Leistungen erzielt.
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Filmdaten

Originaltitel
UNE FEMME FRANCAISE
Produktionsland
Frankreich/Deutschland/Großbritannien
Produktionsjahr
1995
Produktionsfirma
UGC/TF 1 Films/Studio Babelsberg/D.A./Recorded Pictures
Regie
Régis Wargnier
Buch
Alain Le Henry · Régis Wargnier
Kamera
François Catonné · Patrick de Ranter
Musik
Patrick Doyle
Schnitt
Geneviève Winding · Agnès Schwab · Stephanie Small
Darsteller
Emmanuelle Béart (Jeanne) · Daniel Auteuil (Louis) · Gabriel Barylli (Mathias) · Jean-Claude Brialy (Arnoult) · Geneviève Casile (Solange, Jeannes Mutter)
Länge
98 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Genre
Drama
Externe Links
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Diskussion
Die Kunst des Melodrams ist, daß es überlebensgroß sein muß, um als Konfliktstoff wahrgenommen zu werden, daß es gleichzeitig jedoch möglichst nah am Alltag angesiedelt sein muß, um Interesse zu wecken. Ein schwieriger Balanceakt, der Fingerspitzengefühl und, mehr noch, eine überzeugende Geschichte verlangt. Gewiß, man kann jede Krise zum melodramatischen Kunstprodukt hochstilisieren, doch wieviel Überzeugungskraft letztlich in der Konzentration der Gefühle liegt, muß sich von Fall zu Fall entscheiden.

Von Anfang an trägt Régis Wargnier dick auf. Gleich nach der Hochzeit zwischen Jeanne und Louis bricht der Zweite Weltkrieg aus, der Berufssoldat zieht ins Feld und wird dies im Lauf der nächsten 25 Jahre noch häufig tun, solange die (noch) Kolonialmacht Frankreich ihre Interesssen in Indochina und Algerien zu verteidigen hat. Jeanne versucht, sich in das Schicksal der Soldatenfrau zu fügen, doch eine unbändige Sehnsucht, die Unfähigkeit, allein sein können, die Lust und die Männer stehen ihr im Wege. Mal gibt sich sich einem Heimkehrer hin, der sich während der gemeinsamen Gefangenschaft mit Louis in ihre Briefe verliebt hat, zahlreiche andere Seitensprünge folgen. Doch in erster Linie ist es der Deutsche Mathias, für den ihr Herz entflammt. Er wird zu ihrem Schicksal und stürzt die Ehe in eine dauerhafte Krise. Nach einer kurzen Affäre im Berlin der Trümmerjahre scheint die Beziehung zu Louis gerettet, doch während er in Indochina kämpft, taucht der Deutsche in Frankreich auf. Jeannes Familie distanziert sich von der untreuen Tochter, entzieht ihr die Kinder. Sie wird zunehmend unfähig, ihr Leben zwischen den beiden grundverschiedenen Männern zu organisieren. Um der Zwickmühle zu entkommen, überredet sie ihren Mann, den Posten des Militärattaches in Syrien anzunehmen, doch hier steigert sich der Konflikt zur Tragödie. Jahre später, Mathias hat endgültig aufgegeben, wird Louis die schwere Verletzung, die Jeanne ihm beigebracht hat, als Kriegsverletzung ausgeben. Jeanne fügt sich in das Schicksal einer Soldatenfrau, sucht aber zeitlebens nach ihrer Erfüllung, die anscheinend nur in den Armen eines Mannes möglich ist. Weitere Jahre später, als sie aus der Zeitung von Mathias' Tod erfährt, stirbt sie an gebrochenem Herzen. Louis bleiben die Kinder, die Erinnerungen an schöne Momente und an ein dauerhaftes Liebesleid.

Allein der Titel suggeriert das antiquierte Vorurteil der mannstollen Französin, doch der Film krankt in erster Linie an der mangelnden Motivation seiner Protagonisten. Man wird kaum schlau daraus, was Jeanne pausenlos in die Arme und Betten anderer Männer treibt, und man versteht noch weniger, warum Louis dies all die Jahre in stoischer Gelassenheit erträgt. Liebe könnte ein Grund für ein solches Verhalten sein, doch im Kino wird man nur mit einem Korsett aus Gewohnheit und gutbürgerlicher Ordnung vertraut - Verhaltensgründe, die nicht plausibel erscheinen. Jeanne hingegen scheint ganz dem Eros ausgeliefert, der alle ihre Handlungen zu leicht panischen Entscheidungen werden läßt. Doch das eigentliche Motiv überträgt sich nicht, bleibt psychologisch unausgelotet. Man weiß nicht so recht, ob der Film nun ein Versuch über die Treue und die Schwierigkeiten damit ist, oder ob das leidvolle Hohelied auf den Seitensprung angestimmt werden soll, Gewiß ist der Film nicht das Porträt einer starken Frau, wie der Verleih glauben machen will. Zu sehr sind ihre Handlungen von Hilflosigkeit bestimmt, zu unentschlossen bleiben ihre Aktionen.

Das Melodram hat seine eigenen Gesetze, Grundmuster, die man nicht erzwingen kann. Doch Wargnier versucht, gerade sie mit allen Mitteln in seinen Film einzuhebeln. Der stets ein wenig traurige Daniel Auteuil spielt gegen die stets ein wenig hilflos wirkende Emmanuelle Béart an, und wenn das Schicksal wieder einmal zuschlägt, dann schwillt die Musik zum Klangteppich an, der dem Zuschauer einen akustisch äußerst fragwürdigen "Höhepunkt" bereitet. So funktioniert kein Melodram, kein gelungener Film, so funktioniert noch nicht einmal das Leben.

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