Darshan - Die Umarmung

Dokumentarfilm | Frankreich/Japan/Deutschland 2005 | 96 Minuten

Regie: Jan Kounen

Porträt von Mata Amritanandamayi, die zu den einflussreichsten und verehrtesten indischen Gurus zählt. Der meditativ-besinnliche Dokumentarfilm zeichnet das faszinierende Bild einer Frau, die nicht nur für den Weltfrieden betet, sondern auch durch mannigfaltige Aktivitäten tätig wird. Dabei geizt er jedoch mit seinen Informationen und wartet vornehmlich mit gesucht schönen Bilden auf, die die Persönlichkeit und das Charisma seiner Protagonistin kaum ausloten.
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Filmdaten

Originaltitel
DARSHAN - L' ÉTREINTE
Produktionsland
Frankreich/Japan/Deutschland
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Les Productions de la Roche/Tawak Pic./Arte France Cinéma/Roissy Films/Artists Films/Pegasos Film
Regie
Jan Kounen
Buch
Jan Kounen · Manuel de la Roche
Kamera
Sébastien Pentecouteau
Musik
X-Track
Schnitt
Anny Danché
Länge
96 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Genre
Dokumentarfilm
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Diskussion
Mata Amritanandamayi ist eine außergewöhnliche Persönlichkeit. Als Tochter einer indischen Fischerfamilie wuchs sie in einfachen Verhältnissen auf. Schon früh verschrieb sie sich dem Kampf gegen die Armut ihrer Landsleute. Archivbilder in Jan Kounens Filmporträt zeigen sie als junge Frau, wie sie Leprakranken den Eiter aus den Wunden leckt. Angesichts einer solch aufopferungsvollen Hingabe verwundert es kaum, dass Mata Amritanandamayi heute zu den beliebtesten und einflussreichsten Mahatmas (Gurus) Indiens zählt. Ihre Anhänger nennen sie liebevoll „Amma“ (Mutter) und verehren sie als eine Heilige. Bis zu 20.000 Menschen nehmen an Ammas spirituellen, hinduistischen Zeremonien teil, deren Höhepunkt das Darshan (die Vision des Göttlichen) in Form einer rituellen Begegnung zwischen Meister und Schüler, einer Umarmung, darstellt. Geschätzte 24 Mio. Menschen hat Amma, die Jahr für Jahr nicht nur Indien bereist, sondern durch die ganze Welt tourt, mittlerweile umarmt. „Bakhti“ und „Karma“, Andacht und Tat, stehen bei ihr im seltenen Einklang: Sie betet nicht nur für den Weltfrieden, sondern unterstützt auch zahlreiche karitative Projekte, etwa eine Häuserbauinitiative und etliche medizinische Hilfsaktivitäten. Sie setzt sich für Witwen und Alte ein, sammelt Spenden für Opfer von Naturkatastrophen und ist für ihr unermüdliches soziales Engagement 2002 von der UNO mit dem „Ghandi-King-Preis“ ausgezeichnet worden. All diese eindrucksvollen Zahlen und Fakten werden in Kounens Dokumentarfilm nur kurz angeschnitten. Kaum mehr als fünf Minuten (eine schlaglichtartige Montagesequenz in der Filmmitte und einige kurze Texteinblendungen im Abspann) verwendet der niederländische Regisseur darauf, Ammas Karma, ihr sozial-politisches Wirken, zu vermitteln. Entsprechend dürftig bleibt der Informationsgehalt, Hintergründe versucht Kounen erst gar nicht zu beleuchten. An einem investigativen, journalistisch-kritischen Blick zeigt er keinerlei Interesse. Stattdessen nutzt er das Privileg, als erster europäischer Filmemacher Amma auf ihren Reisen begleiten zu dürfen, für möglichst dichte, atmosphärische Aufnahmen. Tatsächlich gelingen ihm dabei durchgehend schöne Bilder von anmutigen Landschaften, herrlichen Gebäuden und freundlichen Menschen. „Darshan – Die Umarmung“ ist der Auftakt einer auf sechs Teile angelegten Reihe von Dokumentarfilmen, in der Kounen gemeinsam mit Produzent Manuel de la Roche unter dem Titel „Another Reality“ Einblicke in fremde Welten, unbekannte Traditionen und „alternative Wahrnehmungen der Realität“ liefern möchte. Mit „Darshan – Die Umarmung“ kann dieser Anspruch nur bedingt eingelöst werden. Besinnlich und still erzählt, entfaltet der Film in langen, geduldigen Einstellungen eine fast meditative Stimmung: friedvoll, sanft dahintreibend. Dieser formalen, ästhetischen Qualität mangelt es indes an einem inhaltlichen Fundament. Die gelassene Ruhe erwächst aus der kunstvollen Fotografie, nicht so sehr aus der Ausdrucksstärke der Charaktere. Die wenigen Interviews, in denen Kounen Amma zu Wort kommen lässt, fallen zu oberflächlich aus, um mehr von dem Menschen hinter dem Guru zu verraten. Kounen begleitet Amma, ohne wirklich zu ihr durchzudringen; die Kamera prallt an pittoresk-spirituellen Fassaden ab. Man sieht Amma lachend neben einem tanzenden Elefanten, man folgt ihr im Bus quer durch Indien, aus nächster Nähe kann man ihre zärtlichen Umarmungen beobachten, ihren tröstenden Worten lauschen. Die Kamera schlängelt sich durch die Schar ihrer Jünger hindurch. Eine Französin erzählt, wie sie zu Amma gefunden hat. Doch so nah Kameramann Sébastien Pentecouteau auch an die Gesichter heranrückt, was sich in den Köpfen abspielt, bleibt im Verborgenen. Immer wieder fängt Pentecouteau das gütig lachende Ge-sicht Ammas in Großaufnahmen ein, doch der Funke springt nicht über. Die betont beschauliche, aber wenig anschauliche Dokumentation verleiht der Persönlichkeit Ammas keine Leinwandpräsenz. Von einer charismatischen Aura ist kaum etwas zu spüren. Am Ende bleibt die religiöse Lehre Ammas ebenso wie ihr soziales Wirken im Dunkeln und die Anziehungskraft, die sie auf so viele Menschen weltweit ausübt, ein ungelöstes Rätsel.
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