Stipendiatin 2023: Morticia Zschiesche

Das Siegfried-Kracauer-Stipendium ist ein Jahresstipendium. Es soll einer Filmkritikerin oder einem Filmkritiker die Möglichkeit eröffnen, sich über einen längeren Zeitraum mit einem Thema zu beschäftigen. Die aktuelle Stipendiatin Morticia Zschiesche widmet sich 2023 in ihrer Essayreihe dem Thema „Rückkehr zum Publikum - Das Comeback des Wanderkinos“. Im Schatten der Pandemie herrschte plötzlich Hochkonjunktur für Kinowanderbühnen. Liegt die Zukunft des Kinos etwa in seiner Vergangenheit? Die Essays wollen herausfinden, „wie und wo sich Menschen heute und zukünftig mit Programmen erreichen lassen, die anspruchsvolle Filme und Werke aus dem reichen Filmerbe zeigen.“ Mit ihrer Betrachtung der Kinowanderbühne und den „agilen Formen der Filmvermittlung und Programmgestaltung“, so die Jury, habe Morticia Zschiesche sich unter allen Bewerbungen am „stärksten an der Kinopraxis“ orientiert und „das gestellte Thema ‚Zukunft des Kinos‘ wirklich ernst genommen“.

Zusätzlich zur Essayreihe beinhaltet das Stipendium der Blog „Komm und sieh: Der Krieg in uns“, in dem es um berühmte Anti-Kriegsfilme geht. Der Fokus liegt dabei weniger auf einer filmästhetischen Analyse als vielmehr auf der Frage, „was der Krieg im Film mit den Menschen macht, die ihn drehen? Welche Zeichen wollten sie mit ihren Werken setzen? Was können wir mit Blick auf aktuelle kriegerische Konflikte lernen, wenn man filmhistorisch wichtige Anti-Kriegsfilme in dieser Hinsicht genauer unter die Lupe nimmt?“.

Beide Artikelserien werden auf filmdienst.de veröffentlicht. FILMDIENST ist Medienpartner des Siegfried-Kracauer-Stipendiums, mit dem der Verband der deutschen Filmkritik zusammen mit der MFG Filmförderung Baden-Württemberg, der Film- und Medienstiftung NRW und der MItteldeutschen Medienförderung MDM der Filmkritik mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit verschaffen will.

„Der große Diktator“

Der Blog „Komm und sieh – Der Krieg in uns“ dreht sich um wichtige Filme über den Krieg. Welche Motivation hatten die Menschen, die sie drehten? Was macht der Krieg im Film heute mit uns und wie weit dürfen die Filmemacher dabei gehen? Der erste Beitrag widmet sich dem Charlie-Chaplin-Klassiker „Der große Diktator“ (1940), einer Auseinandersetzung des großen Komikers mit Hitler und dem Zweiten Weltkrieg.

Von Morticia Zschiesche

Die Zukunft des Kinos (I): Das Comeback des Wanderkinos

Mit ihrer agilen Aufführungspraxis begeistern Kino- und Theater-Wanderbühnen heute mehr denn je. Was lässt sich aus dieser überraschenden Resilienz für innovative Kinoformen und ihre Bedeutung für die Filmkunst lernen? Ein Blick in sechs Teilen, der im Rahmen der Siegfried-Kracauer-Essays in der Vergangenheit des Kinos nach seiner Zukunft fahndet.

Von Morticia Zschiesche

Vom Autorenfilm zum Produzentenkino (3): Film ist kein Geschäft

In der staatlichen Filmförderung scheint der Irrtum unausrottbar, deutsche Kinofilme würden sich in kommerziell erfolgreiche und künstlerische aufteilen. Doch geschäftlich erfolgreich war die deutsche Filmproduktion sogar in ihren besten Zeiten nicht. Angesichts der angekündigten Reform des Filmförderungsgesetzes wäre es sinnvoller, über gezielte Kunstförderung nachzudenken, statt von deutschen Kassenschlagern zu träumen.

Von Daniel Kothenschulte

Kinomuseum-Blog (11): Dem Land seine Bilder geben

In den 1980er-Jahren vergab das Filmbüro NW unter dem Motto „Dem Land seine Bilder geben“ erstmals eine dezentrale Filmförderung. Zum 40. Filmbüro-Jubiläum sind jetzt acht geförderte Filme an den Orten ihrer Entstehung zu sehen. Einer davon ist Annelie Runges grandiose Arztfilm-Replik „Barmherzige Schwestern“, die an einen Wendepunkt der deutschen Filmgeschichte führt.

Von Daniel Kothenschulte

Kinomuseum-Blog (10): „Sight & Sound“ und der beste Film aller Zeiten

Das britische Filmmagazin „Sight & Sound“ macht unter internationalen Filmkritiker:innen alle zehn Jahre eine Umfrage nach den besten Filmen aller Zeiten. 2022 war es wieder einmal so weit - und der neu ermittelte Spitzenreiter sorgte für Überraschung: Chantal Akermans „Jeanne Dielman“ lag in der Kritiker-Gunst ganz vorne, noch vor Werken wie Hitchcocks "Vertigo" und Welles' "Citizen Kane". Doch die verdiente Anerkennung weckt unter Filmemachern auch Kritik.

Von Daniel Kothenschulte

Kinomuseum-Blog (9): Wer singt noch den Filmkanon?

Alle zehn Jahre bittet die englische Filmzeitschrift „Sight & Sound“ Regisseure, Kuratoren, Kritiken und Filmschaffende um eine Abstimmung zu den wichtigsten 100 Werken der Filmgeschichte; die nächste Umfrage am 1. Dezember steht unmittelbar bevor. In seinem Siegfried-Kracauer-Blog „Kinomuseum“ nutzt Daniel Kothenschulte diesen Termin für eine Erinnerung an den deutschen „Filmkanon“ und sein Nachfolgeprojekt „Die wichtigsten deutschen Filme“.

Kino gegen den Stream (VI) - Meine Jahre mit VHS

Riesige Sammlungen von VHS-Kassetten waren in der Blütezeit des Videozeitalters bei Cinephilen gang und gäbe. Das Versprechen der jederzeitigen Verfügbarkeit war aber im Grunde eine (Selbst-)Täuschung, denn tatsächlich dienten die Videos vor allem dazu, Aufnahmen anzuhäufen, die dann nie gesehen wurden. Dennoch lösen sie wie jedes obsolet werdende Medium gerade im Rückblick besondere Gefühle aus, die durch neu aufkommende Speicherformen nicht einfach so ersetzt werden können.

Von Daniel Kothenschulte

Kinomuseum-Blog (8): Die Vandalen, die keine sind

Klimaaktivisten haben in den letzten Wochen in diversen europäischen Museen mit umstrittenen Aktionen auf sich und ihre Anliegen aufmerksam gemacht; in den Niederlanden wurden junge Klimaaktivisten dafür kürzlich zu Gefängnisstrafen verurteilt. Warum sich die Kulturszene jetzt zu den umstrittenen Protesten positionieren muss.

Kinomuseum-Blog (7): Die Rettung der Mundpropaganda

Anspruchsvolle Filme profitieren davon, wenn sie über längere Zeit in den Kinos laufen, da sie so über Mundpropaganda nach und nach ein großes Publikum finden. In diesem Jahr gelang dies in Deutschland vor allem dem Actionfilm-Puzzle „Everything Everywhere All at Once“, doch die aktuelle Lage mit einer Unzahl an gleichzeitigen Filmstarts lässt solche Longseller immer seltener werden. Lernen ließe sich hier von einem US-amerikanischen Vorbild: der „Limited Release“-Praxis.

Von Daniel Kothenschulte

Kinomuseum-Blog (6): Claudia Roth lässt antworten

Die Kulturstaatsministerin Claudia Roth gilt als kinoaffin. Doch über ihre Vorstellungen zur anstehenden FFG-Novelle will sie nicht mit Journalisten sprechen. Sie schickt lieber ihre Pressestelle vor, die mit butterweichen Phrasen alle drängenden Fragen unbeantwortet lässt. Das lässt nichts Gutes erwarten.

Von Daniel Kothenschulte