Stipendiat 2024: Leo Geisler

Das Siegfried-Kracauer-Stipendium ist ein Jahresstipendium. Es soll einer Filmkritikerin oder einem Filmkritiker die Möglichkeit eröffnen, sich über einen längeren Zeitraum mit einem Thema zu beschäftigen. Der aktuelle Stipendiat Leo Geisler widmet sich 2024 in seiner Essayreihe dem Thema „Kuchenfilm“: Filmen, die zwar gut schmecken, aber schlecht für die Zähne sind. Mit diesem ideologiekritischen Begriff soll der Frage nachgegangen werden, welchen Erzählformen ein brennender Planet bedarf. Im Gespräch mit Autor:innen wie Harun Farocki, Frieda Grafe und Siegfried Kracauer soll in diesem Rahmen ein Vokabular entwickelt werden, das die Grundlage für eine affirmative Filmpraxis bildet.

Zusätzlich zur Essayreihe beinhaltet das Stipendium das Blog „Disziplin & Kontrolle“, in dem es um eine chronologische Reihe aus Beispielen aus dem Heist-Genre geht. Der Heist-Film wird als das Genre der von Michel Foucault erstmals benannten Disziplinargesellschaft gelesen. Im Rückgriff auf einen Text von Gilles Deleuze wirft der Blog die Frage auf, wie der Heist-Film sich in einem im Übergang von der Disziplinar- zur Kontrollgesellschaft befindenden gesellschaftlichen Rahmen über die Zeit hinweg entwickelt. So verflüssigen sich in der realen Welt die Ordnungen zusehends und auch der Raub von Dingen wird immer schwieriger, wenn diese nicht mehr gegenständlich in einem Tresor liegen. Das stellt nicht nur das Heist-Genre vor enorme Herausforderungen.

Beide Artikelserien werden auf filmdienst.de veröffentlicht. FILMDIENST ist Medienpartner des Siegfried-Kracauer-Stipendiums, mit dem der Verband der deutschen Filmkritik zusammen mit der MFG Filmförderung Baden-Württemberg, der Film- und Medienstiftung NRW und der Mitteldeutschen Medienförderung MDM der Filmkritik mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit verschaffen will.

Disziplin & Kontrolle (VII): „Der Einzelgänger“ von Michael Mann

In seinem Film „Der Einzelgänger“ (1980) zeichnet der US-amerikanische Regisseur Michael Mann die Tragik eines Mannes nach, der sich eine bürgerliche Existenz und die damit verbundenen emotionalen Sicherheiten erkaufen zu können meint. Die Kehrseite seiner Idee von Freiheit und Autonomie ist jedoch eine tiefe Einsamkeit, die seine Versuche von vornherein zum Scheitern verurteilt.

Von Leo Geisler

„Disziplin & Kontrolle (VI)“: Hundstage

In Sidney Lumets „Hundstage“ (1975) führen zwei Amateure aus der Arbeiterklasse einen Banküberfall aus, deren Scheitern vorprogrammiert ist. Doch gerade deshalb gehört ihnen die Sympathie dieses Vertreters einer besonderen Variante des Heist-Films, in der die Tragik von Außenseitern ins Zentrum gestellt wird. Der sechste Beitrag zum Blog „Disziplin & Kontrolle“ geht den Wurzeln des Films nach, die eine Verwandtschaft zur Sprachgestaltung von Kafka und Dashiell Hammett nahelegen.

Von Leo Geisler

Kuchenfilme (III): Geheimnisse der Dinge

"Das Kino scheint zu sich selber zu kommen, wenn es sich an die Oberfläche der Dinge hält", schrieb schon Siegfried Kracauer. Das dritte Essay des aktuellen Siegfried-Kracauer-Stipendiums widmet sich den filmischen Möglichkeiten, die Dingwelt und das, was sonst stumm ist, zum Sprechen zu bringen. Eine wichtige Rolle dabei spielt die Möglichkeit, mittels Groß- und Detailaufnahme Gegenstände ganz nah heranzuholen.

Von Leo Geisler

Disziplin & Kontrolle (V): „Revolte in der Unterwelt“

Der Gangsterfilm „Revolte in der Unterwelt“ (1973) ist eine von vielen Verfilmungen des Kriminalautors Donald E. Westlake um die Figur des Berufsverbrechers Parker. Zielstrebig verfolgt dieser mit äußerster Rücksichtslosigkeit seinen Weg und bildet damit eine negative Spiegelung zum ikonischen Privatdetektiv Philip Marlowe. Der fünfte Beitrag zum Blog „Disziplin & Kontrolle“ folgt den Spuren von Parkers gewaltsamem Verständnis von Freiheit, in dem er sich selbst mehr und mehr auflöst.

Von Leo Geisler

Kuchenfilm (II): Lücken für die Pferde

Das zweite Essay des Siegfried-Kracauer-Stipendiums widmet sich filmischen Erzählmöglichkeiten, die den Kuchenfilm von anderen, offeneren Herangehensweisen unterscheiden. Durch die bewussten Lücken, die manche Filmemacher setzen, zeigen sich ihre Qualitäten und die Bereitschaft, den Zuschauer die Filme beenden zu lassen. Eine Passage durch durchlässige Filme von den Lumière-Brüdern bis zu Abbas Kiarostami.

Von Leo Geisler

Disziplin & Kontrolle (IV): „Bob le Flambeur“ von Jean-Pierre Melville

Der vierte Beitrag zum Blog „Disziplin & Kontrolle“ über die Wandlungen des Heist-Movie-Genres greift den französischen Thriller „Bob le Flambeur“ (1956) von Jean-Pierre Melville auf. Darin wird zwar nach Heist-Movie-Sitte akribisch der Überfall auf ein Casino geplant. Doch dem Protagonisten kommen der Zufall und insbesondere die Liebe in die Quere. Die lässt sich sogar als eigentliche Triebfeder der Handlung verstehen.

Von Leo Geisler

Disziplin & Kontrolle (III): „The Killing“ von Stanley Kubrick

Der dritte Beitrag zum Blog „Disziplin & Kontrolle“ über die Wandlungen des Heist-Movie-Genres nimmt sich Stanley Kubricks „The Killing“ (1956) vor. Dessen Schilderung eines perfekt geplanten Geldraubs, bei dem jedes erzählerische Detail von Bedeutung für die Gesamtkonstruktion ist, zeugt nicht nur von Perfektionismus des jungen Regisseurs, es verweist auch auf die zugrundeliegenden gesellschaftlichen Entwicklungen seit den 1910er-Jahren. Eine Deutung des Films im Zusammenhang mit den industriellen Produktionsbedingungen im Sinne von Henry Ford.

Von Leo Geisler

SKS-Blog „Disziplin & Kontrolle (II)“: Asphalt Dschungel

Im zweiten Beitrag zum Blog „Disziplin & Kontrolle“ über die Wandlungen des Heist-Movie-Genres geht es um „Asphalt Dschungel“ (1950) von John Huston, der als Urtypus dieser Filmgattung gilt. Als Weiterentwicklung des amerikanischen Gangsterfilms führt er die Gruppe von individuellen Spezialisten ein, die einen gewagten Raub planen, und zeigt ihren zwischenzeitlichen Erfolg wie ihr Scheitern. Ein Film, dessen Stimmung sich ganz aus den Bedingungen der US-amerikanischen Nachkriegszeit speist.

Von Leo Geisler

Kuchenfilm (I): Chaplins Hütchen

Der Ausdruck „Kuchenfilm“ wurde in den 1960er-Jahren als Kampfbegriff an der DFFB erfunden, um unpolitische Filme zu diskreditieren. In der gleichnamigen Essayreihe des Siegfried-Kracauer-Stipendiums dient er als Klammer bei der Suche nach filmischen Ausdrucksformen und Vorbildern, die sich nicht mit dem Status quo zufriedengeben, sondern andere Formen des Denkens und Handelns befördern wollen.

Von Leo Geisler

Disziplin & Kontrolle (I): Die Schwierigkeit, Nichts zu rauben

Zum Auftakt des Siegfried-Kracauer-Stipendiums skizziert der Stipendiat Leo Geisler die Grundgedanken seines Blogs „Disziplin & Kontrolle“, in dem er den Wandlungen des Heist-Genres nachgehen will. Was passiert mit einer Filmgattung, wenn das Vermögen, das geraubt werden soll, nicht mehr in Gestalt von Banknoten im Tresor liegt, sondern nur noch virtuell in Form von Aktien, Anteilen oder anderen Besitztiteln existiert?

Von Leo Geisler