Subversion auf böhmisch
Die Titelrolle in „Jakob der Lügner“ (1975) machte den tschechischen Schauspieler Vlastimil Brodský weltberühmt. Seine Kunst, mit spitzbübischem Lächeln oder grotesken Gesten gegen die Verhältnisse zu protestieren, grundierte nicht nur sein Schaffen, sondern auch seine Haltung gegenüber jedweder Autorität. Am 15. Dezember wäre Brodský 100 Jahre alt geworden.
Von Ralf Schenk
Über dem Abgrund schweben - David Fincher
David Fincher erschafft in seinen Filmen makellose Kunstwelten,
die für die Figuren jedoch alles andere als perfekt sind. Die leiden und
straucheln, vorangetrieben vom stets gelassen bleibenden Blick eines kühlen
Formalisten. Doch gerade die
Widersprüche zwischen meisterlich gehandhabten Manipulationstechniken und deren
gleichzeitiger Kritik auf der Handlungsebene machen Finchers Filme so interessant.
Von Patrick Holzapfel
Auf zwei Dimensionen zusammengefaltet - Silke Fischer
Die Szenenbildnerin Silke Fischer hat an
der Bildsprache von vielen deutschen Filmen wie „Toni Erdmann“ und „Vor der
Morgenröte“ oder der Miniserie „Unorthodox“ mitgewirkt.
Die Kunst ihres Metiers besteht darin, zwischen Skript, Regie und Kamera eine
Räumlichkeit zu (er-)finden, die sich in die Flächigkeit der Leinwand oder des
Bildschirms übersetzt lässt.
Von Michael Kohl
A Different Class - Ben Wheatley
Ben
Wheatley verpackt soziale Versuchsanordnungen in ausgefallene Genre-Mixturen. Gelernt
hat er sein Handwerk als Autodidakt; bekannt wurde er mit Filmen wie „Sightseers“,
„High-Rise“ und „Free Fire“. Am 21.10. startet bei Netflix seine Neuverfilmung
von Daphne du Mauriers Schauer-Psychodrama „Rebecca“, womit Wheatley mit keinem
Geringeren als Alfred Hitchcock wetteifert, der den Stoff 1940 verfilmte. Ein
Porträt.
Von Sofia Glasl
An der Sch(m)erzgrenze - Takeshi Kitano
Er
gilt vielen als einflussreichster japanischer Filmemacher seit Akira Kurosawa:
Takeshi Kitano hat sich seit den 1970er-Jahren in seiner Heimat zur überlebensgroßen
Medienfigur entwickelt, für internationale Cineasten ist er seit den 1990er-Jahren
eine der prägenden Gestalten des japanischen Films, nicht zuletzt fürs Genre
des Yakuza-Films. Seine vor zehn Jahren gestartete „Outrage“-Trilogie ist
derzeit bei Amazon Prime zu entdecken.
Von Sofia Glasl
Bill Murray: Der Zen-Komödiant
Bill „Groundhog Day Ghost Bustin’ Ass“ Murray ist längst nicht mehr nur ein Schauspieler, sondern ein Kultfilm in Person und ein skurriles, komisch-melancholisches Gesamtkunstwerk. Derzeit ist der Star, der im September 2020 seinen 70. Geburtstag feierte, in „On the Rocks“ im Kino und ab 23.10. auf AppleTv+ zu sehen, seiner zweiten Zusammenarbeit mit Regisseurin Sofia Coppola nach "Lost in Translation". Eine Hommage.
Von Sofia Glasl
In Stoffen denken: Die Kostümbildnerin Barbara Baum
Wie man mit Kleidern Leute macht: Die Kostümbildnerin Barbara Baum hat mit ihren Arbeiten, unter anderem für Rainer Werner Fassbinder, deutsche Filmgeschichte geschrieben. Eine Ausstellung in der Deutschen Kinemathek in Berlin würdigt ihr Schaffen und gibt sinnliche Einblicke in ihr Werk.
Von Josef Nagel
Sich komplett bloßstellen - Kristen Stewart
Nach Anfängen als Kinderdarstellerin und der Phase als Star der Teenie-Vampir-Filmreihe „Twilight“ ist Kristen Stewart zu einer der aufregenden Schauspielerinnen ihrer Generation gereift. Umworben von internationalen Autorenfilmern, versenkt sich die US-Amerikanerin so weit in ihre Rollen, bis sie unerwartete Züge daran zum Vorschein bringt. Auch eine biografische Rolle wie in „Jean Seberg – Against All Enemies“ (ab 17. September im Kino) wird so zur schillernden Interpretation zwischen den Extremen.
Von Thomas Klein
Die Chronistin - Die Regisseurin Ann Hui
Die Hongkonger Regisseurin Ann Hui zählt seit mehr als vier Jahrzehnten zu den wichtigsten Filmemacherinnen Asiens. Als zentrale Figur der Hongkonger Neuen Welle trat sie Ende der 1970er-Jahre mit politischen Filmen in Erscheinung, drehte aber auch Komödien, Melodramen, Horror- und Martial-Arts-Filme oder Thriller. Alle ihre Filme sind vom Individuum her gedacht, weshalb den Schauspielern darin stets eine besondere Rolle zukommt. Bei der 77. „Mostra“ wurde sie soeben mit einem „Goldenen Löwen“ für ihr Lebenswerk geehrt.
Von Lukas Foerster
Von tief unten - Das Kino des Dario Argento
Dario Argento ist als prägender Filmemacher des italienischen Giallo-Genres einer der Wegbereiter des modernen Horror- und Slasherkinos; seine Filme werden von den einen wegen ihrer schieren Lust an Exzess kultisch verehrt, von den anderen wegen ihres Sexismus verabscheut – kalt lassen sie wohl niemanden. Eine Wiederbegegnung mit Dario Argentos blutigem Kino der Attraktionen anlässlich des 80. Geburtstags des Regisseurs.
Von Patrick Holzapfel