Wir müssen reden - Sarah Polley

Die 1979 geborene Kanadierin Sarah Polley hat sich von ihrem Regiedebüt „An ihrer Seite“ (2007) an als ambitionierte Filmemacherin hervorgetan. Ihre seit der Kindheit erfolgreiche Schauspielkarriere ließ sie 2010 auslaufen. Ihre Arbeiten als Regisseurin vereinen ihre aktivistischen Anstrengungen mit einem Blick für die Zerbrechlichkeit von Beziehungen und Systemen. Im Kern geht es stets um die Erinnerung und wie in „Die Aussprache“ (jetzt im Kino) um eine Form der Selbstermächtigung, die auf dem Versuch gründet, Worte für Trauma und Schmerz zu finden.

Von Karsten Munt

Die Kunst des geduldigen Blicks - Jörg Adolph

In seinem aktuellen Film „Vogelperspektiven“ (ab 16.2. im Kino) begleitet der Dokumentarist Jörg Adolph zwei Ornithologen beim Kampf um den Lebensraum für gefiederte Lebewesen. In dem Film lässt sich exemplarisch Adolphs Kunst studieren, den Protagonisten und ihren Leidenschaften nahe zu sein, ohne sich mit ihnen gemein zu machen.

Von Arne Koltermann

Nur nicht stehenbleiben! - Carlos Saura

Der spanische Filmemacher Carlos Saura wurde als politischer Regisseur, aber auch als Autor großartiger Musikfilme bekannt. 1981 gewann er mit „Los, Tempo!“ einen „Goldenen Bären“; Jahre zuvor war er zweimal mit einen „Silbernen Bären“ ausgezeichnet worden, für „Die Jagd“ (1965) und „Peppermint frappé“ (1967). Einen Tag, bevor er in Sevilla mit einem Ehren-„Goya“ für sein Lebenswerk geehrt werden sollte, ist er in seinem Haus in Madrid gestorben.

Von Wolfgang Hamdorf

Mystische Coolness - Jim Jarmusch

Die Filme des 1953 geborenen US-Filmemachers, der in den 1980er-Jahren zur Ikone des Independent-Kinos wurde, erlangten früh Kultstatus; schon sein Filmhochschul-Abschlussfilm „Permanent Vacation“ machte ihn international bekannt. Von „Down by Law“ bis „Only Lovers Left Alive“ hat er einen filmischen Kosmos voller schräger Figuren und Anleihen bei Popkultur und Philosophie erschaffen. Am 22. Januar wird Jarmusch 70 Jahre alt – und wir können es mehr denn je brauchen, von ihm daran erinnert zu werden, was es heißt, cool zu sein.

Von Patrick Holzapfel

Okay, Boomer - Kurdwin Ayub & ihre Filme

Mit ihrem Film „Sonne“ (Kinostart: 1.12.) über drei Wiener Teenagerinnen und ein im Hijab aufgenommenes Musikvideo hat die Filmemacherin Kurdwin Ayab ein Markenzeichen als reizvolle neue Stimme im österreichischen Kino gesetzt. Aufregende Arbeiten dreht die 1990 im Irak geborene Regisseurin allerdings schon seit rund zehn Jahren, seien es Kurzfilme oder ihre sehr persönliche Familien-Spurensuche „Paradies! Paradies!“. Vertrautheit mit Internet und Social Media bildet dabei das Fundament für ihre Erforschungen von Identitätsfragen. Ein Porträt.

Von Anne Küper

Moderner Musketier - Gérard Philipe

In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war Gérard Philipe der junge Star des französischen Kinos. Der am 4. Dezember 1922 geborene Darsteller wurde als fröhlicher Springinsfeld ebenso berühmt wie als empfindsamer Romantiker, doch sein schauspielerisches Profil umfasste vieles mehr: einsame Idealisten, Rebellen, verlorene Seelen, Verführer und Bekehrte. Eine Hommage an den Schauspieler, der schon mit 36 Jahren starb und dem Kino so ein ewiges Bild der Jugendlichkeit hinterließ.

Von Marius Nobach

Menschliche Komödie - Sönke Wortmann

Ende September 2022 ist „Es gilt das gesprochene Wort“, der Debütroman von Sönke Wortmann, als Taschenbuch erschienen. Wie in vielen seiner Filme spielen das Sprechen und die Sprache darin eine wichtige Rolle. Eine schöne Erweiterung eines Erzähluniversums, das von der Filmkritik oft als seichte Unterhaltung abgestempelt wird, tatsächlich aber ein spannendes Panorama deutscher Befindlichkeiten entfaltet.

Von Josef Schnelle

Vorwärts, immer weiter - Der Kameramann Benoît Debie

Der belgische Kameramann Benoît Debie ist ein Mann für Extreme. Das rauschhafte Kino von Gaspar Noé und Harmony Korine bereichert er durch eine virtuos wirbelnde Kameraführung, seine Arbeit mit Farbe zeichnet ebenfalls eine hohe Bereitschaft zum knalligen Experiment aus. Doch auch die Empathie mit den Figuren kommt in Debies Bildern nie zu kurz. Eine Würdigung anlässlich einer Hommage beim Filmfestival Mannheim-Heidelberg 2022.

Von Esther Buss

Große Oper - James Gray

Mit „Zeiten des Umbruchs“ kommt ein neuer Film von James Gray in den deutschen Kinos. Mit Werken wie „The Yards, „Helden der Nacht“, „The Immigrant“ und „Die versunkene Stadt Z“ hat der New Yorker Filmemacher eine eigene Handschrift entwickelt. Postmoderne Ironie ist seinen Genre-Filmen fremd; in ihnen geht es um emotionale Wahrhaftigkeit.

Von Esther Buss

Der Größte - Martin Scorsese

Am 17. November 2022 wird Martin Scorsese 80 Jahre alt. Wie wenige andere Regisseure hat er sich mit seiner Persönlichkeit, seinen virtuosen Arbeiten und seiner schieren Leidenschaft fürs Kino in die Filmgeschichte eingeschrieben. Vor allem den Gangsterfilm hat er geprägt und von existenzieller Verlorenheit erzählt, doch in seinem Oeuvre war stets Raum für mehr: für Familienauftritte, italo-amerikanische Kultur, Musik, Mode, Geld, Autos, Essen und immer wieder das Kino selbst. Eine Hommage in 80 Beobachtungen.

Von Patrick Holzapfel