Bedrohung der Menschheit - Sergei Loznitsa

Bei den Flächenbombardements deutscher Städte im Zweiten Weltkrieg wurde das Prinzip des totalen Krieges angewandt, das die Zivilbevölkerung zum Kombattanten macht. In dem Dokumentarfilm „Luftkrieg – Die Naturgeschichte der Zerstörung“ (seit 16. März im Kino) geht Sergei Loznitsa dieser Entwicklung nach und konfrontiert mit ihren Konsequenzen.

Von Chris Schinke


Cool & voller Selbstironie - Michael Caine

Wenige britische Schauspieler haben einen so ikonischen Status wie Michael Caine. Seit seinem Durchbruch in den 1960er-Jahren hat der aus der Arbeiterklasse stammende Darsteller zahllose Rollen verkörpert, vom Normalo-Spion Harry Palmer über unmoralische Casanovas und grimmige Gangster bis zu leisen Altersauftritten. Seine Markenzeichen sind eine ureigene Coolness und Ironie, die ihn auch im Leben neben der Leinwand auszeichnen. Eine Würdigung zum 90. Geburtstag.

Von Michael Ranze

Die Arbeit am Wir - Alice Diop

Mit „Saint Omer“ (jetzt in den deutschen Kinos) hat die französische Dokumentarfilmerin Alice Diop ihren ersten Spielfilm vorgelegt und wurde damit prompt beim Filmfestival in Venedig mit dem „Großen Preis der Jury“ geehrt. Diop, 1979 als Tochter einer aus dem Senegal stammenden Familie in Frankreich geboren, fokussiert in ihren Arbeiten immer wieder auf Protagonisten, die wie sie einen migrantischen Hintergrund haben. Ein Kino der Fremdheitserfahrung, das vom genauen, geduldigen Hinsehen lebt.

Von Patrick Holzapfel

Meister der Kontraste - Julien Duvivier

Der 1896 geborene französische Filmemacher Julien Duvivier, der seine Karriere in der Stummfilm-Ära begann und bis in die 1960er-Jahre hinein rund 70 Filme drehte, wurde von der Nouvelle Vague als Vertreter von „Papas Kino“ geschmäht. Sein Werk, das sich quer durch die Genres bewegt und Erfolgsfilme wie „Pepe le Moko“ und „Don Camillo und Peppone“ umfasst, lohnt indes die Wiederentdeckung. Das Kino Arsenal widmet ihm im März 2023 eine Retro.

Von Jörg Taszman

Eine Reise durch die Zeit - Steven Spielberg

Die Berlinale ehrt mit dem Goldenen Ehrenbären für Steven Spielberg einen der ganzen großen Regisseure, der in „The Fabelmans“ einmal mehr den autobiografischen Background seines Schaffens aufdeckt. Ein Blick aufs Gesamtwerk zeigt jedoch, dass Spielberg in allen seinen Filmen interessante Zeitreisen unternimmt, in denen er die Conditio humana zu ergründen versucht.

Von Thomas Klein

Wir müssen reden - Sarah Polley

Die 1979 geborene Kanadierin Sarah Polley hat sich von ihrem Regiedebüt „An ihrer Seite“ (2007) an als ambitionierte Filmemacherin hervorgetan. Ihre seit der Kindheit erfolgreiche Schauspielkarriere ließ sie 2010 auslaufen. Ihre Arbeiten als Regisseurin vereinen ihre aktivistischen Anstrengungen mit einem Blick für die Zerbrechlichkeit von Beziehungen und Systemen. Im Kern geht es stets um die Erinnerung und wie in „Die Aussprache“ (jetzt im Kino) um eine Form der Selbstermächtigung, die auf dem Versuch gründet, Worte für Trauma und Schmerz zu finden.

Von Karsten Munt

Die Kunst des geduldigen Blicks - Jörg Adolph

In seinem aktuellen Film „Vogelperspektiven“ (ab 16.2. im Kino) begleitet der Dokumentarist Jörg Adolph zwei Ornithologen beim Kampf um den Lebensraum für gefiederte Lebewesen. In dem Film lässt sich exemplarisch Adolphs Kunst studieren, den Protagonisten und ihren Leidenschaften nahe zu sein, ohne sich mit ihnen gemein zu machen.

Von Arne Koltermann

Nur nicht stehenbleiben! - Carlos Saura

Der spanische Filmemacher Carlos Saura wurde als politischer Regisseur, aber auch als Autor großartiger Musikfilme bekannt. 1981 gewann er mit „Los, Tempo!“ einen „Goldenen Bären“; Jahre zuvor war er zweimal mit einen „Silbernen Bären“ ausgezeichnet worden, für „Die Jagd“ (1965) und „Peppermint frappé“ (1967). Einen Tag, bevor er in Sevilla mit einem Ehren-„Goya“ für sein Lebenswerk geehrt werden sollte, ist er in seinem Haus in Madrid gestorben.

Von Wolfgang Hamdorf

Mystische Coolness - Jim Jarmusch

Die Filme des 1953 geborenen US-Filmemachers, der in den 1980er-Jahren zur Ikone des Independent-Kinos wurde, erlangten früh Kultstatus; schon sein Filmhochschul-Abschlussfilm „Permanent Vacation“ machte ihn international bekannt. Von „Down by Law“ bis „Only Lovers Left Alive“ hat er einen filmischen Kosmos voller schräger Figuren und Anleihen bei Popkultur und Philosophie erschaffen. Am 22. Januar wird Jarmusch 70 Jahre alt – und wir können es mehr denn je brauchen, von ihm daran erinnert zu werden, was es heißt, cool zu sein.

Von Patrick Holzapfel

Okay, Boomer - Kurdwin Ayub & ihre Filme

Mit ihrem Film „Sonne“ (Kinostart: 1.12.) über drei Wiener Teenagerinnen und ein im Hijab aufgenommenes Musikvideo hat die Filmemacherin Kurdwin Ayab ein Markenzeichen als reizvolle neue Stimme im österreichischen Kino gesetzt. Aufregende Arbeiten dreht die 1990 im Irak geborene Regisseurin allerdings schon seit rund zehn Jahren, seien es Kurzfilme oder ihre sehr persönliche Familien-Spurensuche „Paradies! Paradies!“. Vertrautheit mit Internet und Social Media bildet dabei das Fundament für ihre Erforschungen von Identitätsfragen. Ein Porträt.

Von Anne Küper