There's Something in the Barn

Fantasy | Norwegen/Finnland 2023 | 100 Minuten

Regie: Magnus Martens

Eine vierköpfige US-Familie erbt ein Haus in der verschneiten Einöde Norwegens, wo sie einen neuen Lebensabschnitt starten will. Doch mit den unterkühlten Einheimischen wird die modern eingestellte Familie nicht warm. Überdies legt sie sich mit einem wichtelartigen Fabelwesen an, das in ihrer Scheune lebt. Die Horrorkomödie spielt karikierend mit US-amerikanischen wie norwegischen Eigenheiten und überspitzt sie zum schwarzhumorigen Kulturkampf zwischen bodenständiger Tradition und fremden Einflüssen, gekrönt mit einem fulminanten Finale. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
THERE'S SOMETHING IN THE BARN
Produktionsland
Norwegen/Finnland
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
74 Entertainment/Charades/Don Films
Regie
Magnus Martens
Buch
Aleksander Kirkwood Brown
Kamera
Mika Orasmaa
Musik
Lasse Enersen
Schnitt
Kalle Doniselli Gulbrandsen
Darsteller
Martin Starr (Bill) · Amrita Acharia (Carol) · Zoe Winter-Hansen (Nora) · Townes Bunner (Lucas) · Jeppe Beck Laursen (Raymond)
Länge
100 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Fantasy | Horror | Komödie | Weihnachtsfilm
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Verleih DVD
Capelight (16:9, 2.35:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Capelight (16:9, 2.35:1, dts-HDMA engl./dt.)
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Horrorkomödie um eine US-Familie, die ein Haus in Norwegen erbt und mit einem uralten Fabelwesen in der Scheune aneinandergerät.

Diskussion

Klabautermänner, Wichtel, Kobolde: Die europäische Mythologie steckt voller rätselhafter Wesen, die auch heute noch ihr Unwesen treiben sollen. Wenn etwa Gegenstände über Nacht verschwinden, plötzlich ein Stuhlbein bricht oder die Milch salzig statt süß schmeckt, ist das kleine Volk schuld, das in dunklen Hausecken, Erdhöhlen oder Hügeln lebt.

In der skandinavischen Kultur wird die Folklore um die mythischen Wesen durchaus liebevoll gepflegt und immer mal wieder aktualisiert, gerne auch im Medium Film. Der norwegische Filmemacher Magnus Martens widmet sich in „There’s Something in the Barn“ den "Nisser" genannten Fabelgestalten. Die wichtelartigen Hausgeister, deren Name sich von der dänischen Bezeichnung für Nikolaus ableitet, erinnern in den meisten Überlieferungen an Zwerge mit weißen Bärten und roten Mützen, die Häuser und Höfe bewohnen.

Ähnlich wie ihre Artgenossen neigen auch die Nisser zum Schabernack. Wer sich jedoch gut mit ihnen stellt, etwa indem man sich gut um das Haus kümmert oder sich mit Speis und Trank ihre Gunst erwirbt, dem danken es die Wichtel durch Mithilfe bei der Hausarbeit und die Abwehr böser Mächte.

Culture Clash im norwegischen Ödland

Was aber passiert, wenn man es sich versehentlich mit den Nisser verscherzt? Das muss die Familie Nordheim am eigenen Leib erfahren. Denn kurz nachdem die Eltern Bill und Carol Nordheim gemeinsam mit ihren Kindern Lucas und Nora nach Norwegen übersiedeln, um in einem geerbten Haus inmitten der verschneiten Einöde ein neues Leben zu beginnen, geschehen merkwürdige Dinge.

Die Inszenierung konfrontiert in Form der Nordheims das typische Abziehbild einer US-amerikanischen Familie mit einer pittoresken, lustvoll mit nationalen Klischees spielenden Vorstellung von Norwegen, was überwiegend in einen amüsant-augenzwinkernden Culture Clash ausartet.

Während sich die Nordheims über die unterkühlten Norweger wundern, beäugen die Einheimischen die überdreht-fröhlichen US-Amerikaner mit den plakativen „Norway“-Wintermützen und der LED-überfrachteten Weihnachtsdekoration misstrauisch. Familienvater Bill fällt durch sein zwanghaftes Harmoniebedürfnis auf, worin ihm seine überdreht-optimistische Ehefrau Carol kaum nachsteht. Während Teenager-Tochter Nora schlichtweg geschockt ist von der rustikalen Einfachheit ihrer neuen Heimat fern der kalifornischen Strände und eines flächendeckenden Handyempfangs, scheint sich nur Sohn Lucas mit der Situation langsam anfreunden zu können.

Dieses komödiantisch-überspitzte Hauruck-Familiendrama zeigt die Nordheims als ziemlich ulkigen Haufen; der Regisseur nimmt aber auch seine eigenen Landsleute gehörig auf die Schippe, weshalb man über beide Seiten lachen kann.

Ein Monster mit Herz

Doch die Nordheim bekommen es nicht nur mit stoffeligen Skandinaviern zu tun. Denn in ihrer Scheune haust ein Nisse, der offensichtlich für den mysteriösen Tod von Bills Onkel verantwortlich war. In gewohnter Mini-Monster-Manier bekommt man den Hausgeist zunächst nur sporadisch zu Gesicht. Immer wieder huscht und poltert es in der Scheune, was durch die geschickte Schnittarbeit sowie das rustikal-düstere Produktionsdesign von Åsa Nilsson atmosphärisch transportiert wird. Erfrischend ist jedoch, dass der Film dem vermeintlich bösartigen Wichtel eine einfache, aber effiziente Charakterentwicklung verpasst.

Der rotmützige Nisse ist zwar skeptisch gegenüber den Fremden, weiß aber auch kleine Aufmerksamkeiten zu schätzen. So freundet sich Sohn Lucas mit dem seltsamen Mitbewohner an und besorgt ihm Leckereien. Der Nisse bedankt sich daraufhin, indem er dem sichtlich unbegabten Familienvater über Nacht beim Feuerholzstapeln zur Hand geht.

Das skurrile Wesen ist zunächst Inbegriff eines fleischgewordenen Traditionalismus; durch sein Eingreifen will er seine gewohnte Lebensweise vor dem Einfall der modernen Barbaren aus den USA schützen. Die Inszenierung schafft es jedoch, die Familie sowie auch den Nissen im Verlauf des Films aneinander wachsen und lernen zu lassen, was dem vermeintlichen Monster eine gute Portion Herz verleiht – auch wenn der Burgfrieden damit noch längst nicht gesichert ist.

Ein höchst unterhaltsames Finale

Deutlich erkennbar sind filmische Vorbilder wie „Gremlins“ oder „Critters“. Oft orientiert sich der Film auch an mainstreamigen Sehgewohnheiten. So büßt die norwegisch-finnische Produktion aber an regionaler Originalität und Charme ein, wie der Vergleich mit der düsteren Anti-Weihnachtsmann-Mär „Rare Exports – Eine Weihnachtsgeschichte“ von Jalmari Helander zeigt. Dass mit "There's something in the Barn" ein außerhalb der skandinavischen Länder weniger bekanntes mythisches Wesen wie der Nisse einen Auftritt bekommt, ist neben all den Trollen und Kobolden, die die Filmgeschichte bevölkern, aber eine erfrischende Abwechslung.

Unterhaltsam bleibt die Horrorkomödie bis zum Ende. Nachdem ein schreckliches Missgeschick dem Nisse zu Weihnachten statt süßem Haferbrei stinkigen Lutefisk beschert und in der Folge eine ganze Armee aufgebrachter Nisser über die Nordheims herfällt, läuft die Horrorkomödie zu blutiger Höchstform auf. Brüllend, saufend und pöbelnd terrorisieren die fantastisch designten Wichtel die Familie, die sich durch das Fehlen US-typischer Schusswaffen mit anderen Mitteln zur Wehr setzen muss. Am Ende aber versprüht der Film nicht nur jede Menge Kunstblut, sondern nach der Schlacht doch noch einen Hauch weihnachtlicher Besinnlichkeit und Versöhnung.

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