© Quelle: DFF / BFI National Archive (aus "Hände")

Stummfilmtage Bonn 2022

Zum 38. Mal starten im August die Internationalen Stummfilmtage - 38. Bonner Sommerkino. Präsentiert wird einmal mehr ein breites Spektrum des frühen Kinos mit Livemusikbegleitung

Veröffentlicht am
03. August 2022
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Charlie Chaplin und Buster Keaton, Douglas Fairbanks, Gloria Swanson und diverse andere Stars des frühen Kinos werden im August 2022 einmal mehr über die Leinwand im Bonner Arkadenhof flimmern: Vom 11. bis zum 21.8. finden wieder die Internationalen Stummfilmtage Bonn statt. In den letzten beiden Jahren musste das Festival, wie so viele Kulturveranstaltungen, aufgrund der Corona-Pandemie starke Einschränkungen in Kauf nehmen; statt rund 1500 Zuschauern durften im Arkadenhof der Bonner Universität nur 500 Gäste empfangen werden – was aber zumindest in einer Hinsicht sein Gutes hatte, denn es sorgte dafür, dass das in Bonn und Umgebung sehr beliebte Festival sich digital ausdehnte und auch überregional im Netz stattfand. Diese Errungenschaft wird auch im Jahr 2022 beibehalten, in dem wieder etwas mehr Normalität einkehren kann und immerhin 1000 Gäste die Open-Air-Kinoabende besuchen können.

Bewährte Bandbreite

Das Festival wartet nun wieder mit den bewährten abendlichen „Double Features“ auf, nachdem das Programm in den letzten zwei Jahren auf einen Film pro Abend abgespeckt worden war. Das künstlerische Leitungsteam, Eva Hielscher und Oliver Hanley, nutzt den Spielraum, um dem Publikum einmal mehr eine beeindruckende Bandbreite an Genres, Stilen und unterschiedlichen Filmkulturen zu präsentieren.

Neben Bekanntem wie den Slapstick-Ikonen Chaplin (mit dem Kurzfilm „The Cure“) und Keaton (mit dem Kurzfilm „The Boat“), dem Eröffnungsfilm „Male and Female“ von CecilB. DeMille, dem Mantel-und-Degen-Klassiker „The Mark of Zorro“ mit Douglas Fairbanks und Erich von Strohheims „Blind Husbands“ wartet die Veranstaltung wieder mit vielen weniger prominenten Entdeckungen auf. Wie schon in den letzten Jahren gilt das Interesse der Kuratoren dabei nicht zuletzt dem Filmschaffen von Frauen vor und hinter der Kamera.

Filmpionierinnen: Ellen Richter und Pauline Brunius

So gibt es zum Beispiel einen Film der österreichisch-jüdischen Schauspielerin Ellen Richter (1891-1969) zu sehen, die in den 1910er-Jahren zuerst als Theaterschauspielerin, ab 1915 dann auch als Stummfilmdarstellerin bekannt wurde und 1920 mit einer eigenen Produktionsfirma reüssierte. Gezeigt wird ihr Film „Moral“ (1928), eine Gesellschaftssatire, bei der wie bei den meisten ihrer Arbeiten ihr Ehemann Willi Wolff Regie führte.

Außerdem zu entdecken sind zwei Werk der 1881 geborenen schwedischen Schauspielerin und Regisseurin Pauline Brunius, die ebenfalls zunächst im Theater bekannt wurde: In „Gunner Hedes Saga“ (1923), einer Selma-Lagerlöf-Verfilmung, spielt sie die Mutter der Titelfigur; außerdem läuft mit der Kurz-Komödie „Lev livet leende“ („Geh lachend durchs Leben“) eine ihrer Regiearbeiten.

Entdeckungen aus der Ukraine

Der Krieg in der Ukraine hat das Leitungsteam außerdem dazu bewogen, auch einige dort entstandene Sowjet-Stummfilme mit ins Programm zu nehmen. Dazu gehört eine Arbeit der Produktionsfirma Ukrainefilm aus dem Jahr 1931, „Schweine bleiben Schweine“ – eine Satire, in der in einem abgelegenen Bahnhof Chaos losbricht, als die Versuchstiere eines Wissenschaftlers, ein Haufen Meerschweinchen, beschlagnahmt werden.

Gezeigt werden außerdem Filme, die mit der Arbeit der brasilianischen Cinemathek (Cinemateca Brasileira), die unter der Regierung Bolsonaro in Bedrängnis geraten ist und mit der die Bonner Veranstalter sich solidarisch zeigen wollen, sowie ein australischer Stummfilm („The Sentimental Bloke“, 1919), mit dem die Stummfilmtage zum ersten Mal einen Film von „down under“ präsentieren – es erwarten die Stummfilmfreunde also wieder viele Entdeckungen. Wobei die Veranstalter auch vor Experimentellem nicht zurückschrecken: Das Plakat der Veranstaltung ziert diesmal ein Motiv aus dem deutschen Film „Hände“ von Miklós M. Bándy und der US-Fotografin Stella F. Simon, der als früher Meilenstein des feministischen Avantgarde-Films gilt.

Live-Musik darf nicht fehlen – auch online!

Natürlich darf auch wieder die Live-Musikbegleitung nicht fehlen, die die Screenings der Stummfilmtage erst so richtig zum Leben erweckt. Neben alten Bekannten wie Neil Brand, Günter A. Buchwald und Stephen Horne, die dem Festival schon lange verbunden sind, dürfen sich die Zuschauer auch in dieser Hinsicht wieder auf einige neue Klang-Entdeckungen freuen. Und damit etwas vom Live-Feeling auch ins Online-Festival abstrahlt – wenn jeweils einen Tag nach dem Screening im Arkadenhof ein Film digital zu sehen sein wird – wird die Musikbegleitung fürs Netz diesmal nicht vorab im Studio aufgenommen, sondern live beim Kinoabend.


Mehr Infos zum Programm finden Sie hier

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