Girlfight - Auf eigene Faust

- | USA 2000 | 110 Minuten

Regie: Karyn Kusama

Ein weiblicher Teenager sucht im Boxsport nach der Möglichkeit, seine Frustrationen auszuleben. Erst durch die harte, disziplinierte Arbeit mit ihrem Trainer entdeckt die junge Frau die Fähigkeit, auch ihre Gefühle zu akzeptieren. Die Liebe zu einem Boxer gerät zur emotionalen Nagelprobe, als die beiden gegeneinander antreten sollen. Präzise gespielter, erfrischend gegen jegliches Klischee inszenierter Debütfilm, der die stereotypen Darstellungsweisen der Geschlechterrollen wohltuend aufbricht. Selbstwertgefühl und die daraus resultierende emotionale Offenheit werden dabei über eigensinniges Überlegenheitsdenken gestellt. - Sehenswert ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
GIRLFIGHT
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2000
Produktionsfirma
Green/Renzi/Independent Film Channel
Regie
Karyn Kusama
Buch
Karyn Kusama
Kamera
Patrick Cady
Musik
Theodore Shapiro
Schnitt
Plummy Tucker
Darsteller
Michelle Rodriguez (Diana) · Jaime Tirelli (Hector) · Paul Calderon (Sandro) · Santiago Douglas (Adrian) · Ray Santiago (Tiny)
Länge
110 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 12.
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Verleih DVD
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Diskussion
Sandro hat für die Welt eine einfache Formel: Da er selbst hart und unerbittlich ist, überlebt in seinen Augen nur derjenige, der stark ist. Damit sein Sohn, von allen Tiny genannt, in dieser Welt den Hauch einer Überlebenschance hat, opfert Sandro wöchentlich einen stattlichen Betrag für eines der vielen miefigen Brooklyn Gyms, wo der „Winzige“ lernen soll, dem Leben zumindest boxerisch die Stirn zu bieten. Tinys ältere Schwester Diana, die wegen ihrer herben Wesenszüge nur wenig Latino-Sinnlichkeit versprüht und schwer „an den Mann zu bringen ist“, hätte Sandro am liebsten schon aus dem Haus. Im Geheimen beherzigt Diana das, was ihr Vater von Tiny fordert: Sie hält wenig von ermüdenden Diskussionen und ist geneigt, vertrackte Situationen eher mit den Fäusten zu lösen. Vor Sandro hat sie schon lange keinen Respekt mehr, was für den Vater einer Infragestellung gültiger Hierarchien und Geschlechterrollen gleichkommt. Als Diana schließlich auf die Idee kommt, dem Boxsport mehr Sympathien entgegen zu bringen als der Hausarbeit, kommt dies für Sandro einer Kriegserklärung gleich. Für Diana indes steht fest, dass sie im Ring „den Mann stehen“ will, dem ihr kleiner Bruder aus mangelndem Interesse abschwört. Das nötige Geld stiehlt sie ihrem Vater, die nötige Praxis hofft sie bei Hector zu bekommen. Von ihrer durchschlagenden Physis sind der Box-Trainer und seine Schüler durchaus beeindruckt, einzig die verbitterte Einstellung des Mädchens lässt Hector am Erfolg des Unterfangens zweifeln. Der mühevolle Gang der Erkenntnis, dass ein harter Schlag nicht automatisch zum Erfolg führt, hingegen Bein- und Kopfarbeit den wirklichen Boxer ausmacht, macht aus Diana nicht nur eine gute Sportlerin, sondern erstmals in ihrem Leben auch einen entkrampften Menschen. Der ständige Kampf weicht einer Selbstsicherheit, die ihr ermöglicht, Gefühle zu zeigen, ohne fürchten zu müssen, verletzt zu werden. Die Freundschaft zu Adrian, der von einer Karriere als Boxprofi träumt, kann sich erst jetzt entfalten und verwirklichen. Karyn Kusama ist mit ihrem Debütfilm ein bemerkenswertes Werk gelungen. Dabei ist die Tatsache, dass hier eine Frau in einem ureigenen Männersport Erfolg hat und gegen das „starke Geschlecht“ gewinnt, noch das Nebensächlichste. „Girlfight“ ist kein verkrampft feministischer Versuch, das weibliche Geschlecht nicht nur psychisch, sondern auch physisch über das Männliche zu stellen; erzählt wird schlicht die Geschichte eines Menschen, dem es ein Stück weit gelingt, aus dem Korsett seines sozialen Umfeldes auszubrechen und dank dieses Befreiungsschlages die ihn umgebende emotionale Mauer einzureißen. Dadurch emanzipiert sich ein Individuum, das lernt, mit Wort und Tat zu kommunizieren. Mit den bekannten Selbstverwirklichungsgeschichten, die gerne im Milieu des Boxsports angesiedelt werden, hat „Girlfight“ ebenfalls nichts gemein. Denn die Protagonistin wird nicht durch Stärke stark, sondern durch die „Schwäche“, Gefühle zu verarbeiten. Zu diesen Gefühlen gehören nicht nur Liebe, Zuneigung und Geborgenheit, die in der Beziehung zwischen Diana und Adrian zum Ausdruck kommen, sondern auch Wut und der Schmerz der Niederlage. Wenn Diana und Adrian am Ende „zwangsläufig“ gegeneinander boxen, ist das nicht nur ein Eingeständnis an eine melodramatische Spannungskurve, sondern gleichsam die Nagelprobe, die das Selbstwertgefühl als essenzielle Emotion etabliert. Dass der Kampf um diese Emotionen so beiläufig und glaubhaft vonstatten geht, verdankt „Girlfight“ dem glaubhaften Drehbuch, vor allem aber den beiden exzellenten Hauptdarstellern Michelle Rodriguez und Santiago Douglas, die durch ihre konzentrierten Charakterstudien zu keiner Zeit die Vermutung gestatten, es handele sich hierbei um so etwas Banales wie einen Geschlechterkampf. Ein weiblicher Teenager sucht im Boxsport nach der Möglichkeit, seine Frustrationen auszuleben. Erst durch die harte, disziplinierte Arbeit mit ihrem Trainer entdeckt sie die Fähigkeit, auch ihre Gefühle zu akzeptieren. Die Liebe zu einem Boxer gerät zur emotionalen Nagelprobe, als die beiden gegeneinander antreten sollen. Präzise gespielter, erfrischend gegen jegliches Klischee inszenierter Debütfilm, der die stereotytpen Darstellungsweise der Geschlechterrollen wohltuens aufbricht. Selbstwertgefühl und die daraus resultierende emotionale Offenheit werden dabei über eigensinniges Überlegenheitsdenken gestelt. -Sehenswert ab 12
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