Science-Fiction | USA 2005 | 91 Minuten

Regie: Chris Wedge

In einer allein von Robotern bewohnten Welt, in der den Erfindern die Zukunft gehört, findet ein begabter Tüftler heraus, dass in der von grausamen Monopolisten beherrschten Metropole "Robot-City" ältere Artgenossen nicht mehr reparieren werden. Der amüsante, durch seine Verspieltheit und visuelle Kraft imponierende (Computer-)Animationsfilm findet vor allem dank seiner entspannten Erzählhandlung zu visuell unvergesslichen Einzelszenen. - Ab 6.
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Filmdaten

Originaltitel
ROBOTS
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Blue Sky Studios/Fox Animation Studios
Regie
Chris Wedge
Buch
Lowell Ganz · Ron Mita
Musik
John Powell
Schnitt
John Carnochan
Länge
91 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 6.
Genre
Science-Fiction | Kinderfilm | Animation
Externe Links
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Heimkino

Die Extras umfassen u.a. einen Audiokommentar der Regisseure.

Verleih DVD
Fox (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Glaubt man den Skritpdoktoren, gibt es überhaupt nur zwei Arten, einen Film zu erzählen: „plot-driven“ oder „character-driven“. Wie stark ein minutiös konstruierter, handlungsgetriebener Film wirken kann, wenn er noch dazu mit unverwechselbaren Charakteren besetzt ist, kann man bei Pixar studieren: Auch wer mit Animation nichts am Hut hat, steht sprachlos vor den beiden „Toy Story“-Filmen (fd 31 830/fd 34 099), allein ihrer Erzählkunst wegen. Doch Handlung und Figuren sind nicht alles im Kino, und genau genommen, ist es ein Unding, dass gerade der Trickfilm, der in seinen Sternstunden die experimentellste und freieste Spielart des Kinos überhaupt gewesen ist, dies hat vergessen lassen. Walt Disney baute seine frühen Kurzfilme ebenso gerne auf Situationen und Stimmungen auf wie auf Geschichten – und folgte damit seinen Vorbildern Chaplin und Keaton. Jedes Kurzfilmfestival ist voller Animationen, die allein aus Stimmungen und Situationen bestehen; doch kaum wird ein Trickfilm abendfüllend, ist er konventioneller erzählt als jeder Realfilm. Chris Wedge kann gar nicht anders als spielerisch zu erzählen. Sein stilbildender Kurzfilm „Bunny“ war ein Wunderwerk der anarchischen Situationskomik. Dann kam „Ice Age“ (fd 35 344), der grandios über eine unvergessliche Slapstick-Situation in die graue Vorzeit führte: den ausweglosen Kampf eines Winterschlaf gestörten Nagetiers mit einer Nuss in der Eiswüste. Dieser Anfang war so herrlich, dass der Verleih statt eines Trailers einfach diese ersten Minuten abklammerte und allein für den Film werben ließ. Anders als „Ice Age“ wird „Robots“ wohl von niemandem für einen zu lang geratenen Kurzfilm gehalten werden. Es gibt ein ungemein komplexes Setting – eine Science-Fiction-Stadt vom Ausmaß eines doppelten Metropolis –, eine schwergewichtige Heldengeschichte um einen Roboter, der sich als Erfinder einen Namen machen will, jedoch erst die soziale Marktwirtschaft vor dem Ausbeuter-Kapitalismus retten muss; und es gibt ein gefühlvolles Vater-Sohn-Drama, das beweisen möchte, dass Maschinen eben doch die wahren Menschen sind. Obwohl es all diesen gewaltigen Filmstoff zu erzählen gibt, ist „Robots“ einer der freiesten, leichtesten und verspieltesten Filme, die man sich vorstellen kann. Schon die Kulisse ist wundervoll entworfen: Ein Streamline-Art-Deco bestimmt die allein von Robotern bewohnte Welt und führt geradewegs in jene Epoche, als die Technik noch am schönsten war: in die amerikanischen 1930er-Jahre. Dass die Hauptfigur Rodney Copperbottom von fürsorglichen Robotereltern aus Gebrauchtteilen montiert worden ist, verleiht ihr eine selbst für die Art-Deco-Ära merkliche Vorgestrigkeit, die ganz zu seinem schüchternen Naturell passt. Der schöne Einfall ist, dass die Maschinenmenschen des Films allesamt zu Erfindern geboren scheinen – als seien sie nicht selbst einmal von einem lieben Gott mit dem Schraubenzieher konstruiert worden. Um seine Tüftelei an den Mann und seinen tellerwaschenden Vater aus dem Depressionselend zu bringen, reist Rodney in die Metropole Robot-City, um den legendären Erfinder Bigweld zu besuchen, dessen gleichnamiger Konzern alle Roboter mit günstigen Ersatzteilen versorgt. Doch von dem Super-Edison unter den Robotern und seinem industriellen Wohlfahrtsprogramm ist nichts mehr übrig. Aus der eigenen Firma gemobbt, hat er chromblitzenden Schnöseln das Feld überlassen, die nur noch teure „Upgrades“ verkaufen, statt alte Roboter zu reparieren. Wer sich nicht runderneuern lassen will, landet buchstäblich beim alten Eisen – in der firmeneigenen Schrottpresse. Gemeinsam mit ein paar solcher Alteisen-Kandidaten, so genannten Rusties – allen voran dem hummerförmigen Fender und der abtrünnigen Chromglanz-Oberschichtsschönheit Cappy – versucht Rodney den sozialen Umturz. Doch dazu muss erst einmal der resignierte Bigweld wieder aufgeweckt werden. Die Geschichte ist nur eine grobe Marschrichtung. Was Wedge wirklich interessiert, sind die Spielwiesen auf dem Weg. Wenn der Neuankömmling in der Großstadt über ein atemberaubendes Rohrpost- und Wurfsystem befördert wird, hat auch der Film bereits sein unvergessliches Kabinettstückchen, das man ebenso gut einzeln zeigen könnte. Aus dem Ambiente der technoiden Nostalgie-Metropole entwickelt der Film die herrlichsten Raumfantasien für chaplineske „Moderne Zeiten“. Die vielleicht schönste Szene zeigt den resignierten Bigweld in Mitten von Domino-Steinen, die er wie im Wahnsinn zu immer neuen Konstellationen aufstellt. Einmal angestoßen, verwandeln sie sich zu einem allegorischen Meer sinnloser Progression. Wie das Spielkartenheer in Disneys „Alice“-Verfilmung fügen sie sich in ihrer Uniformität zu einem eigenen, lebendigen Raum, gegen den sich die Figuren behaupten müssen. „Robots“ ist weit weniger stringent erzählt als ein durchschnittlicher Pixar-Film; die Freiheiten jedoch, die er sich auf seinem Weg nimmt, machen dieses Defizit schnell wett. Wie „Ice-Age“ führt er dabei in eine Welt, die Computerspezialisten nur als Steinzeit anmuten kann: ein Universum, das nicht elektronisch, sondern allein mechanisch funktioniert. Da passt es nicht schlecht, dass weniger die Erzählung als ihre spielerische Umsetzung wie das berühmte Uhrwerk in leiser Präzision funktioniert.
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