- | Dänemark 2003 | 97 Minuten

Regie: David Noel Bourke

Ein in Kopenhagen lebender Engländer mit permanenten Geldsorgen kommt mit einem Gangsterboss in Kontakt, der ihn beauftragt, 50 mysteriöse Kisten in seiner Wohnung zu lagern, und ihn mit einer Prostituierten bei Laune hält. Dies missfällt der drogensüchtigen Ehefrau, die er in seiner Verzweiflung tötet, als sie ihm eröffnet, dass sie ein Kind erwartet. Eigenwilliger Erstlingsfilm mit rasanten Schnitten und bewegten, grobkörnigen Bildern, der in seiner nahezu tranceratigen Geschichte eine von kleinen Gangstern, Junkies, Prostituierten und zwielichtigen Geschäftsleuten bevölkerte Welt beschreibt. Die vereinsamte, isolierte Hauptperson erfährt den seelischen Absturz als grundsätzliches Dilemma heutiger Großstädte.
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Filmdaten

Originaltitel
LAST EXIT
Produktionsland
Dänemark
Produktionsjahr
2003
Produktionsfirma
Last Exit Prod.
Regie
David Noel Bourke
Buch
David Noel Bourke
Kamera
André Moulin
Musik
Jacob Moth
Schnitt
David Noel Bourke · André Moulin
Darsteller
Morten Vogelius (Nigel) · Gry Bay (Tanya) · Jette Philipsen (Maria) · Peter Damm-Ottesen (Präsident) · Christian Scrold (Brian)
Länge
97 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 16
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Heimkino

Verleih DVD
cultmovies (1:1,33/4:3/Dolby Digital 5.1)
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Diskussion
Einen dänischen Film zu nennen, dürfte den meisten seit Lars von Trier und dem „Dogma“-Phänomen nicht allzu schwer fallen, doch wem ist schon das dänische Underground-Geschehen vertraut? Der Drehbuchautor und Filmemacher David Noel Bourke (Jhrg. 1970) arbeitete sich durch zahlreiche filmische Tätigkeiten bis zu seinem abendfüllenden Debüt „Last Exit“ (2003), das weltweit auf Festivals kursierte. Wie andere Filmemacher mit sehr speziellen – sprich: extremen – Vorlieben (etwa japanisches Underground-Kino) fiel es ihm nicht leicht, Geldgeber für seinen düsteren Neo-Noir-Thriller zu finden, sodass er ihn schließlich selbst produzierte. Das wirkte sich zwar auf die „Produktionswerte“ aus, befreite aber sichtbar von ökonomischen Zwängen und Einschränkungen. „Last Exit“ wirft einen intensiven Blick in Kopenhagens nächtliche Kehrseite, bevölkert von kleinen Gangstern, Junkies, Prostituierten und zwielichtigen Geschäftsleuten. In meist stark bewegten Bildern, rasant montiert, erlebt man den sozialen Abstieg des Engländers Nigel, der unter chronischem Geldmangel leidet und eine längst deprimierend-lieblose Beziehung zu seiner heroinabhängigen Frau Maria unterhält. Auf seiner verzweifelten Suche nach Schwarzarbeit gerät er an den Gangsterboss „The President“, der ihm einen zweifelhaften Job verschafft. Er soll 50 Kisten für einige Zeit in seiner Wohnung aufbewahren. Um ihn gefügig zu machen, verkuppelt der Boss Nigel mit der Prostituierten Tanya, in die sich Nigel verliebt. Von seiner Frau mehr und mehr entfremdet, gerät Nigel in die Abhängigkeit des Gangsters wie auch Tanyas, was ihn zusehends in Stress versetzt. Als Maria ihn mit der Tatsache konfrontiert, dass sie ein Kind von ihm erwartet, tötet er sie im Affekt mit einer Glasscherbe. Wie in Trance beseitigt er ihre Leiche, indem er deren Teile über die Stadt verteilt; eine bizarre Sequenz, die darin gipfelt, dass er seinerseits in einer Tonne eine Frauenleiche findet. Nigels Abstieg ins Reich des Todes und der Finsternis ist nicht mehr aufzuhalten. Bourke schielt deutlich nach den Kultfilmen der letzten Jahrzehnte, für Momente schimmern Filme wie „Taxi Driver“ (fd 19 983), „Bad Lieutenant“ (fd 30 227) und „Die Frau mit der .45er Magnum“ (fd 23 028), aber auch die Kurzfilme Richards Kerns durch. Dennoch gelingt es ihm, eine eigene Bildsprache zu kultivieren: mit stilisierten Low-Key-Videobildern, grobkörnig, voller Primärfarben. Die Montage ist schnell und wird fast videoclipartig eingesetzt, verbindet die Szenen oft atemlos und assoziativ. Die sehr poppige, etwas trip-hoppige Musik stammt von Jacob Moth und Ekatrina; zugleich fungieren die englischsprachigen Lieder als Kontrapunkt bzw. Kommentar, der das Geschehen begleitet. Nachdem der Film die Wendung zum Splatter-Drama genommen hat, werden Bilder und Klangwelt noch düsterer, das finale Geschehen wird nur noch fragmentartig vermittelt. Atmosphäre und Gestaltung erinnern somit auf positive Weise an Ferraras Debütfilm „Driller Killer“ (1979), der ebenfalls den seelischen Absturz eines isolierten Großstädters verfolgt.
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