Salonica - Geschichte einer Stadt am Mittelmeer

- | Schweiz 2007 | 87 Minuten

Regie: Paolo Poloni

Der Dokumentarfilm begibt sich in der griechischen Stadt Thessaloniki, die über 450 Jahre lang ein Zentrum jüdischen Lebens war, auf die Suche nach den Spuren der einst blühenden Kultur, wobei der Filmemacher durchaus geneigt ist, auch andere Geschichten zu erzählen. Bestimmt vom filmischen Zufall und strukturiert durch eine assoziative Montage, berührt der Film eine Vielzahl von interessanten Schicksalen und Geschicken, die freilich mehr Neugierde wecken als er letztlich befriedigen kann. - Ab 12.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
SALONICA
Produktionsland
Schweiz
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Doc Productions/SF/SRG SSR idée suisse
Regie
Paolo Poloni
Buch
Paolo Poloni
Kamera
Matthias Kälin
Musik
Minos Matsas
Schnitt
Paolo Poloni · Matthias Bürcher
Länge
87 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Hunde dösen mitten auf der Verkehrsachse. Große Kräne laden Rohstoffe in rostige Frachter. Die öffentlichen Busse kämpfen sich ihren Weg durch den hektischen Verkehr. Die Silhouette des Küstenstreifens sieht aus wie in vielen südlichen Städten am Meer. Thessaloniki erscheint wie eine Durchreisestation für Strandtouristen. Der dokumentarische Blick der Kamera fängt jedoch Stimmungsbilder des griechischen Alltagslebens jenseits der Touristenoptik ein. Der Verputz bröckelt; die Stadt hat schon viel erlebt. Paolo Polonis Film deckt verborgene Geschichten dieser Stadt auf, die über 450 Jahre lang ein bedeutendes jüdisches Zentrum innerhalb Europas war – genannt „Salonica“. Der Hafen Thessalonikis lag im Schnittpunkt von Jahrtausende alten Handelsrouten, eine Verbindung zwischen Orient und Europa, Balkan und Mittelmeer. Unzählige sephardische Juden emigrierten im 15. Jahrhundert aus dem katholischen Spanien. Im Zweiten Weltkrieg wurden die jüdischen Zeugnisse der Stadt fast vollständig vernichtet. Polonis Suche nach verwischten Spuren dieser einst blühenden Kultur gerät zu einer Momentaufnahme des heutigen Thessaloniki. Ohne Archivmaterial porträtiert der Schweizer Filmemacher die Bewohner der Stadt. Eine fast assoziative Montage verdichtet den Stoff zu einem filmischen Mosaik: jüdische Überlebende im Altersheim, der Lokalreporter bei der Militärparade, bettelnde Roma auf der Suche nach einer Unterkunft, der nationalistische Zeitungsverkäufer in seinem Kioskhäuschen – der filmische Streifzug durch die Gegenwart versucht, die unterschiedlichsten Menschen in dieser Stadt zu erfassen. Ist es auf dem Meer spannender als im Hafen? Wo befindet sich der jüdische Friedhof? Sind Slawen echte Mazedonier? Wie funktioniert ein Laptop? Eine Vielzahl von Stimmen verschmilzt zur babylonischen Sprachverwirrung. In der Machart knüpft der italienischstämmige Regisseur an seine früheren Werke an. Schon in „Viaggio a Misterbianco“ (2003) offenbarte er explizit seine Vorliebe für den filmischen Zufall. Während seines dokumentarischen Road Movie durch Italien sollten die zufälligen Bekanntschaften Tür und Tor öffnen und so ein Italien fern von touristischen Klischees beschreiben. Ähnlich geht Poloni in „Salonica“ vor. So stürzt er sich auch in diesem Film immer wieder auf neue Situationen, die jeweils schon allein spielend Stoff für einen ganzen Dokumentarfilm hergäben. Doch anstatt bei einer Geschichte zu verweilen, treibt der Film weiter zur nächsten, wobei die Vielzahl der gestreiften Schicksale und Geschicken die Neugierde weckt, aber oft auch mehr Neugierde, als der Film befriedigen kann.
Kommentar verfassen

Kommentieren