Kriegsfilm | USA/Kanada 2007 | 87 Minuten

Regie: Brian de Palma

Mitglieder eines US-Kommandos, die durch einen Hinterhalt einen Kameraden verloren haben, vergewaltigen eine Schülerin und ermorden sie und ihre Familie. Der Fall landet vor einem militärischen Untersuchungsausschuss. Der nach einer wahren Begebenheit inszenierte Film verzichtet auf eine chronologische Abfolge der Ereignisse, mischt die Spielhandlung mit (fiktiven) Fernseh- und Dokumentaraufnahmen und prangert nicht nur ein Kriegsverbrechen an, sondern fragt auch nach der Wahrheit und der Manipulierbarkeit der Bilder in der Mediengesellschaft.
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Filmdaten

Originaltitel
REDACTED
Produktionsland
USA/Kanada
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
The Film Farm//HDNet
Regie
Brian de Palma
Buch
Brian de Palma
Kamera
Jonathon Cliff
Schnitt
Bill Pankow
Darsteller
Kel O'Neill (Schütze Gabe Blix) · Ty Jones (Sergeant Sweet) · Daniel Sherman (B.B. Rush) · Zahra Zubaidi (Farah) · Izzy Diaz (Angel Salazar)
Länge
87 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 18
Genre
Kriegsfilm | Drama
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Kinowelt (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl./dt.)
Verleih Blu-ray
Kinowelt (16:9, 1.78:1, dts-HD engl./dt.)
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Diskussion
Ein Skorpion kämpft um sein Leben; erfolglos, denn die vielen kleinen Ameisen, die ihn attackieren, bewirken seinen Tod, trotz seiner Größe, trotz seines Giftstachels, trotz seiner scheinbaren Überlegenheit. Dieses brutale, dabei überaus schön anzusehende kleine Bild aus Brian DePalmas „Redacted“ ist klug gewählt: Ein keineswegs zufälliges Zitat aus Sam Peckinpahs Spätwestern „The Wild Bunch“ (fd 16 396), bei dem ein Haufen Bad Guys in Mexiko einfällt – und damit auch gleich im doppelten Sinn eine treffende Metapher für das, was derzeit immer noch im Irak geschieht. Dieser Krieg ist das Thema von „Redacted“, der stilistisch der radikalste in jener Reihe von US-Kinofilmen ist, mit denen auch dieser Krieg via Kino ins Herz Amerikas zurückkommt. Doch „Redacted“ wäre kein Film von DePalma, wenn er es sich einfach machen und auf billiges Thesenkino und moralische Stimmungsmache setzen würde. Stattdessen tut er etwas weit Wirkungsvolleres: Er zeigt einfach, was passiert, mit einer unglaublichen Ruhe und Gelassenheit, hinter der man die Empörung nur ahnen kann, hinter der aber auch ein wütendes Gelächter und ein verzweifelter Sarkasmus spürbar ist angesichts des Wahnwitzes und der Absurdität der gegenwärtigen Wirklichkeit im Irak. DePalma, dessen ganzes Werk um die Fragen kreist, was Sehen bedeutet, wie man etwas überhaupt zeigen kann und wie das Verhältnis des Betrachters zu dem, was er sieht, beschaffen ist, versucht den Fallen zu entgehen, in die einer fast zwangsläufig gerät, wenn er den Krieg ins Kino bringt. Im Gegensatz zu Werken, die „Realismus“ dadurch visualisieren, dass die Kamera wackelt und schnell schwenkt oder die Bilder grobkörnig gehalten werden, zeigt DePalma „saubere“ Bilder; er gibt zu verstehen, dass man ihnen nicht trauen kann, sie nicht für bare Münze nehmen darf. So mischt er dokumentarische und nachgestellte Aufnahmen, wechselt einmal sogar zur Perspektive der Iraker. Mitunter wirkt alles wie ein Dokumentarfilm; doch wurde „Redacted“ mit Schauspielern in Jordanien inszeniert, an nur 18 Drehtagen für nur fünf Millionen Dollar. Minutenlang sieht man den Ablauf einer Straßenkontrolle, begleitet man US-Soldaten auf Patrouille, beim täglichen Dienst, in ihrer Freizeit. Der Film bricht ein mehrfaches Tabu, indem er zeigt, wie US-Soldaten eine 15-Jährige vergewaltigen – ein beglaubigter Fall. „Redacted“ ist ungeheuer unangenehm, anstrengend, dabei packend – ein Film, der einen nicht loslässt, auch weil er auf den Inszenierungs- und Lügencharakter des Kinos, der Bilder und des Krieges hinweist, und im Gegensatz zu anderen Irak-Filmen am Ende keine Ordnung wieder herstellt. In seiner stilistischen Virtuosität erinnert „Redacted“ an „Waltz With Bashir“ (fd 38 978) – auch hier werden dokumentierte Fakten per Inszenierung originell nachgestellt und auch hier brechen die Fakten am Ende per Dokumentarszene in die wahre Fiktion herein. Es ist leider allzu verräterisch für die deutschen Kinobedingungen, dass es gerade dieser Film nicht ins deutsche Kino geschafft hat, mit dem der Regisseur seine politische Agenda offen legt und der ihm mit dem Silbernen Löwen von Venedig seinen ersten großen Preis auf einem A-Festival einbrachte. Auf DVD ist er nun erschienen, in einer soliden Ausgabe, die neben einem interessanten Regisseurs-Interview ohne weitere Extras auskommt. Der Film allein aber lohnt auf jeden Fall.
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