Woody Allen: A Documentary

Dokumentarfilm | USA 2012 | 117 (DVD: 184) Minuten

Regie: Robert B. Weide

Dokumentarisches Porträt des New Yorker Filmemachers Woody Allen (geb. 1935 in Brooklyn), das vor allem dessen künstlerisches Schaffen beleuchtet, während Details aus seinem Privatleben eher diskret behandelt werden. Neben Interview-Passagen, in denen Allen selbst, aber auch Schauspieler, Filmleute, Ex-Partnerinnen und Kritiker zu Wort kommen, sind diverse Ausschnitte aus Woody-Allen-Filmen zu sehen. Daraus ergibt sich ein Film, der vor allem den Arbeitsprozess des Autors und Regisseurs interessant beleuchtet. Mehr liebevolle "Heldenverehrung" als eine kritische Werkanalyse, macht er vor allem Lust darauf, sich neu mit Woody Allens Filmen zu befassen. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
WOODY ALLEN: A DOCUMENTARY
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2012
Produktionsfirma
Whyaduck Prod./Rat Ent./Mike's Movies/Insurgent Media
Regie
Robert B. Weide
Buch
Robert B. Weide
Kamera
Buddy Squires · Bill Sheehy · Anthony Savini · Neve Cunningham · Nancy Schreiber
Musik
Paul Cantelon
Schnitt
Robert B. Weide · Karoliina Tuovinen
Länge
117 (DVD: 184) Minuten
Kinostart
05.07.2012
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
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Heimkino

Auf DVD ist die 2-teilige TV-Fassung der Dokumentation (184 Min.) erschienen. Die Extras umfassen u.a. umfangreiche Szenen, die in der Kino- und in der TV-Dokumentation keine Verwendung gefunden haben.

Verleih DVD
EuroVideo (16:9, 1.78:1, DD5.1 engl.)
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Diskussion
Mitten im Film gibt es dann doch eine Enthüllung: Woody Allen zieht eine Nachttischschublade auf und befördert lauter handbeschriebene Zettel aufs Bett. Die Ideensammlung, erklärt der Regisseur, werde von ihm für jedes neue Filmprojekt hervorgeholt, ergänzt und durchwühlt. Ein bisschen wie Gartenarbeit sieht es auch aus, wenn Allen vorführt, wie seine Scripts und Drehbücher wachsen. Statt in einen Computer tippt er seit 40 Jahren alles in seine Olympia-Schreibmaschine – „Ein deutsches Modell, robust wie ein Panzer“ –, für Änderungen nimmt er Schere und Heftapparat zur Hand. Für Woody Allen, der sich nur ungern über die Schulter schauen lässt, sind solche Einblicke in seinen Arbeitsprozess schon etwas Besonderes. Eine professionelle Nähe zwischen dem Regisseur Robert B. Weide und dem früheren Stand-up-Comedian und Gagschreiber Woody Allen dürfte dem Entstehen des Films „Woody Allen. A Documentary“ förderlich gewesen sein. Am Anfang seiner Karriere hat Weide eine Fernsehdokumentation über die von Allen hochverehrten Marx Brothers produziert, von ihm stammt auch ein gefeierter Dokumentarfilm über das von Tragik umwitterte Leben des Komikers Lenny Bruce. Parallelen zu Allens Werk finden sich auch in Weides Spielfilmdebüt „New York für Anfänger“ (fd 39 007) aus dem Jahr 2008. Natürlich spielt sich auch die Allen-Doku vor dem Hintergrund des Big Apple ab; Streifzüge mit dem Künstler durch seine Stadt sind allerdings rar gesät. Immerhin begleitet die Kamera Allen zum Midwood-Kino in Brooklyn, wo der Regisseur seine ersten cineastischen Aha-Erlebnisse hatte. Solche und andere Lebens- und Karrierestationen lässt die Dokumentation auf konventionelle Art und Weise Revue passieren: Neben Interviewpassagen, in denen neben Allen Schauspieler, Filmleute, Ex-Partnerinnen und Kritiker zu Wort kommen, sind diverse Ausschnitte aus Woody-Allen-Filmen zu sehen. So illustriert Weide Allens Teenager-Krisen mit Rückblenden aus „Der Stadtneurotiker“ (fd 20 385) – in dem etwa der kleine Alvy Singer einem Neurologen seine Angst vor der Ausdehnung des Weltalls schildert, worauf zwangsläufig das Verschwinden alles Irdischen folgen muss. Alvys Mutter steht am Rande des Nervenzusammenbruchs: „Aber Brooklyn dehnt sich nicht aus!“, brüllt sie. Die Angst vor dem Tod, die Widrigkeiten des (Liebes-)Lebens und die humorvolle Auseinandersetzung mit solchen Grundsatzfragen prägen Allens Werk und damit auch die Dokumentation. Der Zeitstrang von den frühen Jahren bis zu Allens Aufstieg in den Kinohimmel ab „Woody, der Unglücksrabe“ (fd 19 205) und weiter mit „Der Stadtneurotiker“ (über den ein wahrer „Oscar“-Regen niederging) und „Manhattan“ (fd 22 160) wird weitgehend chronologisch abgehandelt. Mit „Was gibt’s Neues, Pussy?“ (fd 13 680) gab Allen sein Filmdebüt (als Akteur und Drehbuchautor), war aber zutiefst unglücklich über die Klamotte, wie sie nach Eingriffen durch die Produktion ins Kino kam. Sein (ab den 1970er-Jahren) langjähriger Produzent Jack Rollins umschreibt das Geheimnis des Allen-Erfolgs denn auch mit der Erkenntnis, dass man ihn einfach nur machen lassen müsse: „Leave him alone.“ Es ist erstaunlich, dass man Allen im Filmgeschäft dann tatsächlich weitgehend freie Hand ließ. Dass seine ersten Flops mit dem Bedürfnis des Filmemachers zusammenhingen, seinen Filmen mehr dramatische Tiefe zu verleihen (wie mit dem todernsten „Innenleben“, fd 21 045), arbeitet Weide deutlich heraus. Dass jedoch das Tragikomische und sogar das Tragische (etwa in „Match Point“, fd 37 397) dem Regisseur später wesentlich überzeugender gelang, wird zu wenig behandelt. Am Schluss mündet die Dokumentation in eine Art „Making of“ der Produktionen „Ich sehe den Mann deiner Träume“ (fd 40 186) und „Midnight in Paris“ (fd 40 602) – einschließlich der üblichen oberflächlichen Lobhudeleien von Darstellern wie Naomi Watts und Owen Wilson. Insgesamt bleibt die Analyse der Filme – und damit die Genese des Allenschen Stils – stark unterbelichtet. Dabei darf allerdings nicht unterschlagen werden, dass der Film zur Reihe „American Masters“ des US-Fernsehsenders PBS gehört und gewisse Vorgaben zu erfüllen hatte. Die Chance eines substanzreichen Allen-Porträts wurde freilich zugunsten der Hagiografie vergeben. Immerhin bekommt der Zuschauer eine Ahnung davon, dass man sich der Person Allen am besten über seine filmische Arbeit nähert. Privates erfährt man ohnehin nur am Rande. Ein kurzer Schlenker zum skandalösen Dreieck zwischen Allen, seiner jetzigen Ehefrau Soon-Yi und deren Stiefmutter Mia Farrow, die Allen Anfang der 1990er-Jahre fast die Karriere gekostet hätte, bringt ebenfalls keine neuen Erkenntnisse. Doch die vielen Filmausschnitte machen zweifelsohne Lust, sich mit Allen wieder ein paar vergnügte DVD-Abende zu machen.
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