Alfie, der kleine Werwolf

Kinderfilm | Niederlande 2011 | 95 (24 B./sec.)/91 (25 B./sec.) Minuten

Regie: Joram Lürsen

Ein Junge, der als Baby vor der Tür einer niederländischen Familie im Körbchen ausgesetzt wurde, entdeckt an seinem siebten Geburtstag, dass er ein Werwolf ist - schnell, wendig und mit unersättlichem Heißhunger nicht auf Menschenfleisch, aber auf das frische Hühnchen der Nachbarin. Bald empfindet er sich als Außenseiter und sucht, unterstützt von seinem solidarischen (Halb-)Bruder, nach seinen genetischen Wurzeln. Der liebenswerte Kinderfilm unterhält als märchenhafter, bunter Gruselspaß, wobei er sich des Werwolf-Motivs bedient, um hintergründig kindliche Gefühle von Einsamkeit, Andersartigkeit und Unsicherheit nachzuzeichnen. - Ab 8.
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Filmdaten

Originaltitel
DOLFJE WEERWOLFJE
Produktionsland
Niederlande
Produktionsjahr
2011
Produktionsfirma
Bos Bros./Benelux Film Distributors/Inspire Pictures
Regie
Joram Lürsen
Buch
Tamara Bos
Kamera
Lex Brand
Musik
Fons Merkies
Schnitt
Peter Alderliesten
Darsteller
Ole Kroes (Alfie) · Maas Bronkhuyzen (Timmie) · Kim van Kooten (Mutter) · Remko Vrijdag (Vater) · Trudy Labij (Frau Krijtjes)
Länge
95 (24 B.
sec.)
91 (25 B.
sec.) Minuten
Kinostart
17.10.2013
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 8.
Genre
Kinderfilm | Literaturverfilmung
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Diskussion
Plötzlich sprießen Härchen aus ungewöhnlichen Körperstellen, die Laune reicht von bissig bis heulendes Elend und die Nacht ist nicht mehr nur zum Schlafen da. „Du bist kein Werwolf – Über Leben in der Pubertät“ heißt eine Aufklärungssendung im Fernsehen, die augenzwinkernd die Nöte ihrer jungen Zuschauer ernst nimmt. In Horrorkomödien rasten bereits ein „Teenwolf“ (fd 25 441) und ein „American Werewolf“ (fd 23 458) über die Leinwand, in „Twilight“ (fd 39 085) versuchte einer ihrer Vertreter gar einem blas(s)ierten Vampir die Mädchenherzen abspenstig zu machen. Abseits seines schlechten Rufs aus dem Mittelalter hat sich der Werwolf der Moderne zum Sympathieträger des Teenie- und jetzt sogar des Kinderfilms gemausert – so nah scheinen die beiden Verwandlungsstadien mit ihrem Eindruck von Ausgrenzung und Ausgeliefertsein an unkontrollierbare Körperprozesse zu liegen. Beim kleinen Alfie, der als Baby vor der Tür von Familie Vriends im Körbchen ausgesetzt wurde, schlägt das Schicksal allerdings einige Jahre zu früh zu: In der Nacht vor seinem siebten Geburtstag hält sich der feinfühlige Blondschopf mit der Nickelbrille erschreckt die Hände vor den Mund, als dieser unvermittelt den Vollmond anjault – Hände, die zu haarigen Tatzen werden, komplettiert durch Puschelohren und einen buschigen Schwanz, der aus Alfies Körper schießt. Das liebevoll aufgezogene Findelkind ist ein Werwolf, schnell, wendig und mit unersättlichem Heißhunger – aber nicht auf Menschenfleisch, sondern auf das der frischen Hühnchen von Nachbarin Frau Krijtjes, die bald auf den freundlichen Werwolf mit den kleinen Ausfällen und dem großen schlechten Gewissen Jagd macht. Unterstützt von seinem Bruder Timmie begibt sich Alfie auf die Suche nach seinen genetischen Wurzeln; er nimmt seine „Hausaufgaben“ in Sachen neues Selbstverständnis aber auch mit in die Schule: Zum ihn schikanierenden Klassenrowdy, dem er bei den Proben von Sergej Prokofjews „Peter und der Wolf“ herzhaft ins Bein beißt, und zur hübschen Noura, für die Alfie bald nicht mehr der „blödeste Junge der ganzen Klasse“ ist. Mit seinem schneeweiß-flauschigen Teddybär-Fell und den kurzsichtigen Raubtieraugen, die immer noch einer Brille bedürfen, ist Alfie mitsamt seinem vierbeinigen, durch die Gassen rasenden Animations-Ebenbild natürlich alles andere als ein veritables Schreckgespenst. Joram Lürsens „Gruselgeschichte“ für Kinder ist weniger gruselig als vielmehr unterhaltsam-quirlig, wobei ausgerechnet ein Erwachsener für Komik sorgt: Alfies und Timmies Vater Remko, ein echter Spaßwolf im Schafsfell. Der Film bedient sich des Werwolf-Motives primär, um kindliche Gefühle von Einsamkeit, Andersartigkeit und Unsicherheit nachzuzeichnen, nicht um Schreckmomente zu erzeugen. Die märchenhafte Musik und der einsetzende Schneefall in den friedlichen Gassen der Heimatstadt eines unverstandenen Außenseiters erinnern dabei an Tim Burtons Zusammenarbeit mit Danny Elfman. Sie transportieren aber auch die vorweihnachtliche Stimmung eines Films, der seinen Showdown während der Weihnachtsaufführung hat, bei der nicht Peter, sondern Alfie gegen seinen inneren Wolf antreten muss. „Dolfje Weerwolfje“, wie der Film im niederländischen Original nach der gleichnamigen Kinderbuchreihe von Paul van Loon heißt, trägt seine Niedlich- und Harmlosigkeit bereits im Titel vor sich her. Von heiler Welt kann aus Alfies/Dolfjes Sicht natürlich dennoch keine Rede sein, so sehr bauscht er seine kleine Anomalie auf, die keiner der ihn liebenden Menschen als so schlimm empfinden will wie er selbst. Aber auch das ist der Pubertät ja nicht unähnlich.
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