Wir sind die Flut

Mystery | Deutschland 2016 | 84 Minuten

Regie: Sebastian Hilger

Vor einem kleinen deutschen Küstenort am Meer sind die Gezeiten zum Erliegen gekommen, das Wasser hat sich zurückgezogen, und mit ihm sind die Kinder verschwunden. Während der vom Militär abgeriegelte Ort aus der Zeit zu fallen scheint, wollen ein junger Physiker und seine Freundin der Anomalie auf den Grund gehen. Ein bildgewaltiges, atmosphärisch fesselndes Mystery- und Science-Fiction-Drama, das seine Handlung stilvoll zur Reflexion über das Leiden an der Vergänglichkeit und den Umgang mit Verlust verdichtet. - Sehenswert ab 16.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2016
Produktionsfirma
Anna Wendt Filmprod./Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf/Filmakademie Baden-Württemberg/rbb
Regie
Sebastian Hilger
Buch
Nadine Gottmann
Kamera
Simon Vu
Musik
Leonard Petersen
Schnitt
Linda Bosch
Darsteller
Max Mauff (Micha) · Lana Cooper (Jana) · Swantje Kohlhof (Hanna) · Roland Koch (Karl) · Max Herbrechter (Prof. Feuerstein)
Länge
84 Minuten
Kinostart
10.11.2016
Fsk
ab 6; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 16.
Genre
Mystery | Science-Fiction
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Daredo (16:9, 2.35:1, DD5.1 dt.)
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Bildgewaltiges Mystery-Drama um verschwundene Kinder

Diskussion
Mit Hilfe alter Dias kann man die Kinder, die früher in der Sonne am Strand spielten oder im Wasser plantschten, noch als Schemen heraufbeschwören. In Wirklichkeit aber existieren sie im Ort Windhom schon seit 15 Jahren nicht mehr, Mitte der 1990er-Jahre geschah etwas, für das die Wissenschaft keine Erklärung gefunden fand: Die Flut blieb aus, das Meerwasser zog sich in einem weiten Halbkreis von der Küste zurück, und mit dem Wasser verschwanden die Kinder des Ortes. Zurück blieben ratlose Dorfbewohner, die vergeblich nach den Vermissten Ausschau hielten und sich nie ganz von der Trauer um die Kinder erholt haben. Ein im Dornröschenschlaf vor sich hin verfallender Ort, eine vom Militär abgeriegelte Zone, in die ab und an Wissenschaftler einfallen, um herauszufinden, was es mit der Gravitationsanomalie auf sich hat, die die Gezeiten vor Windholm zum Erliegen gebracht hat. Die Prämisse, auf die Sebastian Hilger seinen Mystery-Science-Fiction-Film aufbaut, mag wissenschaftlich absurd sein, birgt aber jede Menge atmosphärisches Kapital, das der junge Regisseur meisterlich zu nutzen versteht. Die weite Wattlandschaft unter wolkenverhangenem Himmel und das abgeriegelte, wie in der Zeit verlorene Dorf mit seinen vernachlässigten Häusern, an dessen Rändern die Natur nagt, werden von der Kamera durch weite Totalen und ungewöhnliche Perspektiven kontinuierlich zu wichtigen Protagonisten aufgebaut und von der Filmmusik mit melancholisch-geheimnisvoller Tiefe aufgeladen. »Wir sind die Flut« ist ein Film der Räume, und diese oszillieren im Lauf der Handlung immer mehr vom handfest Materiellen ins Metaphorische, ohne dabei ihre Sinnlichkeit einzubüßen. Im Zentrum stehen zwei junge Wissenschaftler, die in diesen Räumen nach Antworten suchen: Micha ist ein angehender Physiker von der Humboldt-Universität in Berlin, der wegen eines Forschungsprojektes nach Windholm kommt. Sein Fachbereich hat dies zwar nicht bewilligt, doch er will das Experiment auf eigene Faust trotzdem durchziehen. Begleitet wird er von Jana, einer ehemaligen Kommilitonin und der Tochter seines Professors, mit der ihn eine verfahrene Beziehungsgeschichte verbindet. In Windholm empfangen die Dorfbewohner die Fremden alles andere als mit offenen Armen. Nichtsdestotrotz und obwohl die Konflikte zwischen den beiden jungen Forschern bald hochkochen, sind beide entschlossen, der Anomalie auf den Grund zu gehen. Messungen im Watt genügen dazu allerdings nicht; die Lösung des Rätsels ist mit den Menschen des Ortes verbunden. Der visuell beeindruckende Film balanciert geschickt zwischen Science-Fiction-Spekulationen um Gravitation und dunkle Materie und dem Märchenhaftem, aber auch um existenziell Menschliches: das Leiden an einem schrecklichen Verlust, die Sehnsucht nach einer verlorenen Zeit und danach, aufgehoben zu sein in etwas, was ewig und beständig ist. Die Schauspieler, die den seelischen Ballast der Figuren sichtbar machen, leisten dazu ebenso ihren Beitrag wie die atmosphärische Bildsprache, die den Ort und die Meeresküste als Grenzregionen mit transzendentalen Sinn auflädt: als Zwischenwelt zwischen Leben und Tod, Vergänglichem und Ewigem. Innerhalb der 84 Minuten Laufzeit gelingt es dem Film, bei dem Studenten der Filmakademie Baden-Württemberg und der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf im Rahmen ihrer Diplomarbeiten kooperierten, aus einer kleinen Genregeschichte ein eindrucksvolles, nachdenkliches Kinoerlebnis zu machen.
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