Strange Planet (2023)

Animation | USA 2023 | 232 (zehn Folgen) Minuten

Regie: Dan Harmon

Basierend auf den Webcomics von Nathan W. Pyle kreist die Animationsserie um einen fremden Planeten und seine blauen Bewohner, bei denen vieles so läuft wie auf der Erde. Durch die Verfremdung aber treten die Absurditäten von Ritualen und Gepflogenheiten deutlich und höchst komisch zu Tage. Die Serienadaption greift den Faden nicht allein mit kurzen Pointen auf, sondern entwickelt aus der Vorlage eine stimmige Sitcom-Handlung um eine Gruppe von Figuren, die sich durch tägliche Routinen kämpfen und zusammenraufen. Der satirische Ton ist dabei zugunsten einer größeren Warmherzigkeit im Umgang mit den menschlichen Schrullen zurückgenommen. - Ab 10.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Originaltitel
STRANGE PLANET
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
2023
Produktionsfirma
ShadowMachine/Apple Studios
Regie
Dan Harmon · Nathan Pyle
Buch
Dan Harmon · Nathan Pyle
Musik
Isabella Summers
Länge
232 (zehn Folgen) Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 10.
Genre
Animation | Serie

Satirische Animationsserie über das Leben auf einem fremden Planeten, dessen Alltagsabsurditäten ein Spiegel menschlicher Gepflogenheiten sind.

Diskussion

Wer die moderne bürgerliche Welt wie ein Ethnologe betrachtet, der auf eine bisher unbekannte Gesellschaft mit ihren Bräuchen schaut, wird sie schnell als etwas sehr Seltsames wahrnehmen. Oft reicht es schon, die eigene Perspektive nur ein wenig zu verschieben, um in den alltäglichen Ritualen verborgene Komik zu entdecken. Der Comic-Autor Nathan W. Pyle erfindet mit ein bisschen Abstraktion sogar einen ganzen seltsamen Planeten. Seine überaus erfolgreiche Kreation „Strange Planet" ist Alltagssatire auf vier Panels. Darauf sieht man blaue, humanoide Aliens, die gewöhnliche menschliche Dinge tun, in einer Welt, die unserer sehr ähnlich ist und doch so verfremdet, dass die kleinen Absurditäten des täglichen Lebens klarer zu Tage treten, als es die Gewohnheit im realen Leben zulässt.

Luftballons sind auf dem „Strange Planet“ „elastische Atemfänger“, Schnittblumen „sterbende Pflanzen“, ihre Vase der „Todeszylinder“. Alkohol ist „mildes Gift“ und wenn jemand in Tränen ausbricht, fragt man sich, warum das Gesicht des Gegenübers eine Fehlfunktion hat. Die Welt ist seltsam, wenn man sie nicht als etwas Selbstverständliches wahrnimmt.

Sich zusammenraufen auf dem Weg zur Gemeinschaft

Die Serienadaption von „Strange Planet“ versucht nicht, das, was der Web-Comic auf einer Seite oder in einem Instagram-Post erzählt, auf 20 Minuten auszuwalzen. Anstatt der vier um eine Gegebenheit arrangierten Panels gibt es kleine Doppel-Heldenreisen, dem Format der Animations-Sitcom „Rick & Morty“ nicht unähnlich, deren Showrunner Dan Harmon Co-Creator der Serie ist.

„Strange Planet“ nimmt das Leben im ständigen Zoom aus Abstraktion und Konkretisierung unter die Lupe. Die Kuriositäten, um die sich auch der Web-Comic dreht, dienen als Aufmacher. Das nur schlecht an einem Felshang befestigte Restaurant „Careful Now“ dient als Schauplatz. Die Besitzerin, die Managerin, der jüngste Mitarbeiter und einige andere Humanoiden, die hier regelmäßig einkehren, stellen das Stammpersonal der Serie. Der dramaturgische Fluchtpunkt ist ihr Weg zur Gemeinschaft.

Die erste Staffel hangelt sich an den zu Beginn der Episoden etablierten Themen - Adoleszenz, Familienstreit, Tätowierungen, Katzen - entlang, sucht aber immer einen Zugang zur blauen, leicht verfremdeten, aber letztlich eher herzlichen als bissig-karikierten Version des Zwischenmenschlichen. Etwas abstrakter gesprochen: „Strange Planet“ ist weniger an den Gags interessiert, mit denen der Comic allzumenschliche Verhaltensweisen auf die Schippe nimmt, als am Allzumenschlichen selbst, das das Leben der Aliens ausmacht. Denn die namenlosen „Beings“ kämpfen eben auch nur darum, sich auf ihrem Himmelskörper zurechtzufinden. Das läuft wohl oder übel stets darauf hinaus, sich zusammenzuraufen und hoffentlich irgendeine Form von Gemeinschaft zu bilden.

Ein solides Sitcom-Fundament

Die Besitzerin des „Careful Now“ zieht gerne die Fäden, um andere zueinander oder auf den richtigen Weg zu bringen. Managerin und Neuankömmling arbeiten zusammen an sich oder für sich selbst am Zusammensein. Alles recht menschlich also: Man verliebt sich, schlichtet Streit unter Geschwistern, überwindet Sozialphobien und kittet die Risse im Fundament mit Pancakes und Sirup. An die Episoden-übergreifende Handlung um diese Figuren hängen sich die Kuriositäten als in sich geschlossene Storys dran. Das gibt dem ansonsten fast klassischem Sitcom-Format, das die kurzen Heldenreisen in einen erbaulichen und hoffentlich komischen Aphorismus lenkt, ein solides Fundament.

Die dazugehörige Themenwahl ist wiederum breit genug, um dem Humor eine gewisser Haltbarkeit zu geben. Und selbst die im Stile der Vorlage schlicht und pastellfarbenen Animationen schaffen es mitunter, die Sterne in den Augen der liebenden Aliens funkeln zu lassen. Es zeichnet die Pyle/Harmon-Kollaboration insbesondere aus, dass sie sich nicht darauf verlässt, die Instagram-Alltagssatire fürs Bewegtbild zu recyclen, sondern wie das „Careful Now“ genau dort zu bauen, wo Animations- und Comedy-Serien nur noch allzu selten am Werk sind: gefährlich nah am Wasser!

Kommentar verfassen

Kommentieren