Kino als Konfetti, oder auch als Steinbruch. Ich möchte mir die
Filmgeschichte nicht als eine vorsortierte Sammlung wohlgeformter Meisterwerke
vorstellen, sondern als ein Dickicht, in dem eine unendliche Anzahl glitzernder
Sensationen verborgen sind. Vielleicht übt das Kino der 1930er-Jahre
deshalb einen besonderen Reiz auf mich aus. Die Filme dieses Jahrzehnts, und
insbesondere die der frühen Tonfilmzeit, haben etwas Unberechenbares an sich,
als hätte der neu entdeckte Ton die Bilder brüchig gemacht, durchlässig für
Impulse und Abweichungen, die vorher und vor allem nachher nicht zugelassen
waren.
In dieser Hinsicht bin ich auf dem diesjährigen Internationalen
Filmfestival Locarno voll auf meine Kosten gekommen: Die Retrospektive war Leo
McCarey gewidmet, einem der quintessentiellen Regisseure des amerikanischen
1930er-Kinos. In jedem McCarey-Film sind glitzernde Sensationen ganz
unterschiedlicher Art verborgen. Oft an unerwarteten Stellen.