Ihr
erster Impuls ist instinktive Abwehr. Die aufgeregten Nachrichten auf ihrem
Handy scheinen der Dokumentarfilmerin Jennifer Fox nur zu typisch für ihre
Mutter zu sein. Immer schon hatte diese einen Hang zur Übertreibung und
Aufbauschung von Nichtigkeiten. Neigungen, die im Alter noch zugenommen haben.
Auch jetzt scheint der Anlass trivial: Ein Schulaufsatz, den die Tochter mit 13
Jahren geschrieben hat und der ihrer Mutter erst jetzt, mehr als drei
Jahrzehnte später, in die Hände gefallen ist und sie in Schrecken versetzte.
Das
hinausgeschobene Telefongespräch bringt keine Klärung. Die alarmierte Panik,
mit der die Mutter sie mit Begriffen wie „sexueller Missbrauch“ bombardiert,
scheint der Tochter aufdringlich und unangemessen. Hatte sie in dem Aufsatz nicht
lediglich ihre erste Liebesbeziehung verarbeitet, zugegebenermaßen mit einem
älteren Freund? „Warum lässt du mir nicht meine
Erinnerungen?“, versucht sie sich herauszuwinden, muss aber dann doch klein
beigeben. An einem neuen Blick auf das einst Geschriebene führt kein Weg
vorbei.