In seinem Debütfilm
„Atlas“ (Kinostart: 25. April) entwirft Regisseur David Nawrath die Figur eines
alternden Möbelpackers aus Frankfurt am Main, der nach Jahrzehnten mit seinem
Sohn konfrontiert wird und darüber aus einer stumpfen Routine erwacht. Ein
Gespräch über antike Mythen, schweigsame Kerle, Gentrifzierung und das
Eigenleben fiktiver Geschichten.
Wie sind Sie ins Filmgeschäft geraten?
David
Nawrath:
Ich bin in Berlin aufgewachsen und wollte schon ganz früh Filme machen. Meine
Mutter kommt aus dem Iran, deshalb hat das iranische Kino einen besonderen Reiz
auf mich ausgeübt. So bin ich von einem Tag auf den anderen in den Iran geflogen
und habe dort als Kameraassistent bei zwei Kinoproduktionen mitgewirkt. Das war
eine wichtige Erfahrung. Ich konnte sehen, was die Filmemacher mit wenigen
Mitteln zustandebringen. Das iranische Kino ist eine sehr lebendige Kinokultur
mit einer durch und durch poetischen Filmsprache. Ich kam damals auf die Idee,
einen Dokumentarfilm über die Situation der jungen Iraner zu drehen. Das Land war
schon lange vor der grünen Bewegung ein Pulverfass. Gemeinsam mit Florian
Schewe habe ich ein Porträt über junge Iraner gedreht. Wir hatten keine Ahnung und
drehten einfach drauflos. Das dicke Ende kam dann im Schnitt. Anderthalb Jahre
hatten wir damit zu tun. Glücklicherweise konnten wir den Film "Irans junge Wilde" dann an den BR
verkaufen. Das war unser Einstieg in die Branche. Für mich war aber immer klar,
dass ich Spielfilme machen will. Ich habe an der DFFB studiert und angefangen,
Kurzfilme zu drehen. Zehn Jahre später kam „Atlas“.
Sie haben auch am Drehbuch mitgeschrieben. Wie entstand die Idee des Films?
Nawrath: Am Anfang war das Bild eines
Menschen im emotionalen Winterschlaf. Ein Mann um die 60, der sein Leben lang
hart geschuftet hat, jetzt aber an die Grenzen seiner Physis kommt und
begreift, dass er so nicht mehr lange weitermachen kann. Dazu gesellte sich eine
Vater-Sohn-Geschichte. Dieses Eltern-Kind-Thema ist etwas, das mich sehr
interessiert. Diese emotionale Beziehung ist eine der stärksten zwischenmenschlichen
Bindungen überhaupt.