Der Berliner Lars Eidinger ist einer der herausragenden deutschen
Schauspieler. Mit Thomas Ostermeiers Inszenierungen von „Richard III.“
und „Hamlet“ wurde er berühmt, in Filmen wie Maren Ades „Alle Anderen“
oder „Personal Shopper“ von Olivier Assayas beeindruckte er ebenso wie
als Psychopath in „Tatort“-Krimis oder in Serien wie „Babylon Berlin“
und „SS-GB“ – und in satirischen Fernsehformaten.
Wollten Sie immer schon Schauspieler werden?
Eidinger:
Ich glaube, ja. Ich kann mich zumindest nicht an eine Zeit erinnern, wo
ich den Wunsch nicht gehabt hätte. Vielleicht konnte ich es am Anfang
noch nicht so formulieren, es nicht so konkret festmachen an dem Beruf
„Schauspieler“. Ich wollte immer Künstler werden, und so sehe ich mich
eigentlich auch. Ich merke halt, dass ich mich in der Schauspielerei am
besten ausdrücken kann. Im Grunde genommen geht es um eine Form von
Expressivität oder Kreativität. Es ist schon faszinierend, wenn man
etwas gefunden hat, bei dem man sich uneingeschränkt ausdrücken kann.
Haben Ihre Eltern Sie in diesem Wunsch unterstützt?
Eidinger:
Das habe ich nicht so geteilt. Ich kann ja erst seit ein paar Jahren
sagen: Ich sehe mich als Künstler. Vorher hatte ich Bedenken, dass das
komisch anmutet oder sich jemand daran stößt, wenn man so etwas sagt.
Meine Eltern habe ich rechts überholt, als ich mich für die
Schauspielschule bewarb. Und ich hatte dann großes Glück, dass es gleich
sofort an der Ernst-Busch-Schule geklappt hat. Was gar nicht der Plan
war. Die Wahrscheinlichkeit, dass man da abgelehnt wird, ist um vieles
größer, als dass man genommen wird. Mir ist erst im Nachhinein klar
geworden, was für ein Glück ich hatte.
Was ist für Sie das Faszinierende an der Schauspielerei? Das Schlüpfen in unterschiedliche Rollen?
Eidinger:
Die Verwandlung interessiert mich am wenigsten. Es geht mir nicht
darum, jemand anderes zu werden. Für mich geht es immer um eine Form von
Selbstfindung. Das kommt zwar aus einem egoistischen Anspruch, ist aber
letztlich für die Gemeinschaft da. Wenn ich etwas mache und etwas über
mich herausfinde und jemand schaut mir dabei zu, dann versteht er im
besten Fall etwas über sich selbst. Das ist das Prinzip von Empathie.
Wie jeder andere Mensch habe auch ich eine große Neugier, wer ich bin.
Über diese Erlebnisse im Spiel erfahre ich viel über mich. Ich verstehe
auch, wenn jemand etwas spielt, das ihm völlig fremd ist, um dabei das
Nichtfremde zu ergründen. Meine Theorie ist, dass alles als Anlage
vorhanden ist. E