Wie alles anfing: In einem Fernsehporträt erzählte er einmal, dass es für den Schüler Kohlhaase ein prägendes Erlebnis war, als gegen Kriegsende ein Klassenkamerad in die Schule kam und berichtete, einen Kriminalroman geschrieben zu haben. Der junge Wolfgang war völlig erstaunt darüber, dass man Krimis nicht nur lesen, sondern auch schreiben könne; er setzte sich sofort hin und begann ebenfalls, einen zu Papier zu bringen, der mit einem hallenden Glockenspiel anfing und, natürlich, in einem London mit viel Nebel spielte: „Auf Seite 40 hatte ich dann acht Tote, aber keine Handlung. Und da habe ich die Sache abgebrochen.“
Blickt Wolfgang Kohlhaase auf sein Leben zurück, empfindet er die frühen Nachkriegsjahre für sich ebenso entscheidend wie prägend; jene Zeit, in der in Deutschland die Weichen gestellt wurden und in der allgemeinen Verunsicherung zwar nicht alles, aber noch sehr viel möglich war – zumal in der Vier-Sektoren-Stadt Berlin. Im Jahr 1945, als die Rote Armee Berlin befreite, war Kohlhaase 14. Die Episode mit dem abgebrochenen Krimi blieb zwar ein Zwischenspiel, die Lust am Schreiben aber hielt an. 1947 begann er als Volontär bei der im Sowjetsektor erscheinenden Jugendzeitschrift „Start“, wurde bald Redakteur und wechselte zur FDJ-Zeitung „Junge Welt“; er schrieb alles mögliche, Rezensionen, vor allem aber Reportagen. Mitunter auch Filmkritiken. Regine Sylvester fand eine äußerst aussagekräftige Rezension, die nur aus zwei Sätzen bestand: „Die Hauptdarstellerin heißt Lotte Koch und filmt. Besser wäre, sie hieße Lotte Film und kochte.“ Weit mehr Platz hatte der junge Rezensent für seine Kritik des zweiten Teils des Monumental-Opus „Die Stalingrader Schlacht“, die in der „Berliner Zeitung“ erschien – und sagte eigenartigerweise nahezu nichts über das Filmwerk.
Kohlhaase & Gerhard Klein
Kohlhaase war jung und Autodidakt. Keine Zeit, um eine Universität, ein Literaturinstitut zu besuchen. Die Beobachtung der Menschen und des Lebens in Berlin mussten ihm zusammen mit dem, was ihm die älteren, erfahreneren Kollegen beibringen konnten, genügen. In diesen „seinen Universitäten“ muss er viel gelernt haben in den späten 1940er-Jahren. Seine besten Filme sollten es später immer wieder zeigen. Sehr schnell stellte man im noch nicht vollkommen geteilten Berlin die Weichen. Die im Osten erscheinenden Zeitungen wurden immer langweiliger, Reportagen durch hölzerne Verlautbarungen verdrängt. Auch Kohlhaase orientierte sich neu. 1950 ging der 19-Jährige als Assistent zur DEFA-Dramaturgie. Dass auch bei der DEFA die Freiräume für liberales Suchen nach neuen Ausdrucksformen immer enger wurden, musste er allzu
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