Zwei Waisen im Sturm

Drama | USA 1921 | 152 Minuten

Regie: David Wark Griffith

Die Tochter eines armen Bauern und ein an Kindes statt angenommenes Findelkind geraten als junge Frauen in Paris in die Strudel der Französischen Revolution. Das Happy End naht, als eine der Frauen durch Danton vor der Hinrichtung bewahrt wird, während die andere durch eine Operation das Augenlicht wieder erlangt. Melodramatischer Stummfilmklassiker, angelegt als soziales Sittengemälde, der das Leiden des einfachen Volkes ebenso beschreibt wie das Wüten der sich verselbständigenden Revolution. Die restaurierte Fassung des Stummfilms besticht durch optische Brillanz und kräftigen Viragen und ist mit einer adäquaten neuen Musik unterlegt. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
ORPHANS OF THE STORM
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1921
Produktionsfirma
D. W. Griffith Inc.
Regie
David Wark Griffith
Buch
Gaston de Tolignac
Kamera
Hendrik Sartov · Paul Allen · G.W. Bitzer
Schnitt
James Smith · Rose Smith
Darsteller
Lillian Gish (Heriette Girard) · Joseph Schildkraut (Chevalier de Vaudrey) · Lucille LaVerne (Mutter Frochard) · Morgan Wallace (Marquis de Praille) · Dorothy Gish (Louise)
Länge
152 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
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Diskussion
Das 1874 entstandene Theaterstück „Zwei Waisen im Sturm“ von Adolphe Philippe D’Ennery und Eugène Cormon, in mehr als 40 Sprachen übersetzt und weltweit erfolgreich, spielt während der Französischen Revolution. Albert Capellani inszenierte 1910 die erste französische Adaption des Stoffes, in den USA drehte Herbert Brenon 1915 eine weitere vielbeachtete Version. Der Filmpionier D.W. Griffith wählte gegenüber der Vorlage einen fünf Jahre früheren Beginn, um die Vorgeschichte, die Zeit des Ancien Régime und die gesellschaftliche Aufbruchsstimmung, interessanter gestalten zu können. Im Prolog schreibt er den Zuschauern seine Botschaft unmissverständlich ins Stammbuch: Die zwei Waisen leiden zuerst unter der Tyrannei selbstsüchtiger königlicher Herrschaft und Aristokratie. Nach deren Sturz geraten sie wie die übrige Bevölkerung an eine Chaos und Anarchie heraufbeschwörende neue Regierung, symbolisiert durch den grausamen Jakobiner Robespierre. „Die Französische Revolution hat zu Recht eine schlechte Regierung gestürzt. Wir aber, in Amerika, sollten darauf achten, dass uns eine gute Regierung nicht dazu bringt, Fanatiker als Führer einzusetzen und Gesetze und ein Regime, die sich bewährt haben, gegen Anarchie und Bolschewismus einzutauschen.“ Hier atmet der Film noch Griffiths Geist des Bürgerkriegsepos’ „The Birth of a Nation“ (1915), das immer wieder Vorwürfen eines (latenten) Rassismus und Nationalismus ausgesetzt war, und es ist auch ein Nachklang zum pazifistischen Film „Intolerance“ (1916) und dem Propagandastück „Hearts of the World“ (1918). Die Vaudreys, eine traditionsreiche Familie, empfinden die Hochzeit ihrer Tochter mit einem Mann aus dem gemeinen Volk als unehrenhaft. Man nimmt der jungen Mutter das Baby weg und legt es in schneebedeckter Nacht vor die Kathedrale Notre-Dame. Ein armer Bauer, der gerade seine eigene Tochter Henriette dort aussetzen wollte, erbarmt sich des Kindes. Zu Hause, auf dem Land, stellt sich heraus, dass das Findelkind Louise heißt und reichlich Geld bei sich trägt. Damit zieht er beide Mädchen auf, doch die Pest rafft die Eltern hinweg und macht Louise blind. Um einen Arzt zu finden, reisen die beiden Waisen nach Paris. Auf der Fahrt werden sie vom Marquis de Praille angesprochen, dem die „jungfräuliche Schönheit“ Henriettes begeistert. Er lässt sie entführen und als Attraktion auf seinem ausgelassenen Schlossfest präsentieren. Dort kommt der Verzweifelten schließlich ein Ehrenmann zu Hilfe, der Chevalier de Vaudrey. Louise wird zwischenzeitlich von der Diebesfamilie Frochard gefangen gehalten. Im revolutionären Paris rettet sich der von königlichen Spionen verfolgte Danton in Henriettes Zimmer, wird aber vom Nachbarn und Widersacher Robespierre beobachtet. Die Wiedersehensfreude der beiden Schwestern“ auf der Straße ist kurz und herzergreifend: Die Liebe zum Chevalier, der seine Stellung riskiert und versetzt wird, bringt Henriette ins Gefängnis. Nach dem Sturm auf die Bastille öffnen sich die Kerker, und Henriette kommt frei. Vor der Guillotine durch Danton in letzter Minute gerettet, erwartet sie und Louise, die geheilt wird, ein Happy-End. Der Stummfilm „Zwei Waisen im Sturm“ ist Griffiths letzter großer Erfolg. Abenteuer, Romantik, Intrigenspiele, aristokratische Laszivität und das Walten der Schicksalsmächte sind die Themen des amerikanischen Geschichtenerzählers. Stilmittel der Pantomime und eine Mischung aus Melodram, feiner Ironie und Realismus lockten das Publikum in Scharen an. An der großzügigen Ausstattung und in den überzeugenden Massenszenen hat der für seine historische Authentizität berühmte Regisseur weder an Quantität noch Qualität gespart. Geschickt setzt er die Wechsel der Einstellungsgrößen von den Totalen bis zur Nahaufnahme. Sechs Monate dauerten die Dreharbeiten in seinem New Yorker Studio Mamaroneck, wo der königliche Palast, Notre-Dame, die Salons von Versailles und die Bastille stilvoll nachgebaut wurden. Die für die damalige Zeit immensen Produktionskosten sollen sich auf 760.000 Dollar belaufen haben. Die Aristokratie, die herrschende Klasse, wird als arrogant und vergnügungssüchtig porträtiert. Allein der Chevalier de Vaudrey orientiert sich an der ehrenhaften Tradition seines Standes und würde für seine Liebe sogar mit den Louise wird zwischenzeitlich von der Diebesfamilie Frochard gefangen gehalten. Im revolutionären Paris rettet sich der von königlichen Spionen verfolgte Danton in Henriettes Zimmer, wird aber vom Nachbarn und Widersacher Robespierre beobachtet. Die Wiedersehensfreude der beiden Schwestern“ auf der Straße ist kurz und herzergreifend: Die Liebe zum Chevalier, der seine Stellung riskiert und versetzt wird, bringt Henriette ins Gefängnis. Nach dem Sturm auf die Bastille öffnen sich die Kerker, und Henriette kommt frei. Vor der Guillotine durch Danton in letzter Minute gerettet, erwartet sie und Louise, die geheilt wird, ein Happy-End. Der Stummfilm „Zwei Waisen im Sturm“ ist Griffiths letzter großer Erfolg. Abenteuer, Romantik, Intrigenspiele, aristokratische Laszivität und das Walten der Schicksalsmächte sind die Themen des amerikanischen Geschichtenerzählers. Stilmittel der Pantomime und eine Mischung aus Melodram, feiner Ironie und Realismus lockten das Publikum in Scharen an. An der großzügigen Ausstattung und in den überzeugenden Massenszenen hat der für seine historische Authentizität berühmte Regisseur weder an Quantität noch Qualität gespart. Geschickt setzt er die Wechsel der Einstellungsgrößen von den Totalen bis zur Nahaufnahme. Sechs Monate dauerten die Dreharbeiten in seinem New Yorker Studio Mamaroneck, wo der königliche Palast, Notre-Dame, die Salons von Versailles und die Bastille stilvoll nachgebaut wurden. Die für die damalige Zeit immensen Produktionskosten sollen sich auf 760.000 Dollar belaufen haben. Die Aristokratie, die herrschende Klasse, wird als arrogant und vergnügungssüchtig porträtiert. Allein der Chevalier de Vaudrey orientiert sich an der ehrenhaften Tradition seines Standes und würde für seine Liebe sogar mit den Konventionen brechen. Der Volksheld Danton, Retter der unschuldigen Henriette, erhält eindeutig den Vorzug gegenüber seinem Gegenspieler Robespierre, der auf seinen Vorteil hofft und eine Terrorherrschaft im Zeichen der Guillotine errichten will. Aus Furcht um ein nicht standesgemäßes Kind muss die Tochter aus gutem Hause ihr Kind weggeben, während der arme Bauer sein eigenes durch Aussetzen vor dem Hungertod bewahren möchte. Der Marquis überfährt mit seiner Kutsche ein Kind, entschädigt die Mutter mit einigen Geldstücken und fragt im gleichen Atemzug, ob denn seine Pferde durch den Zwischenfall verletzt worden seien. Mutter Frochard, die ihre bettelarme Familie durchbringen muss, beutet Louises Elend und Unglück schamlos aus. Während die Oberschicht Wert auf Etikette, Verfeinerung der Lebenskultur und eine politische Karriere legen kann, darbt das einfache Volk, bedroht von Seuchen und Unterernährung. Griffith gelingt bei aller Melodramatik ein soziales Sittengemälde à la Charles Dickens, Victor Hugo und Emile Zola. Das Chaos und die Anarchie im historischen Sturm der Zeitläufte zeigt zwei Waisen als Spielball des Schicksals – nach der Tyrannei der Monarchie droht der siegreichen Revolution und der notleidenden Bevölkerung die tumbe Herrschaft des Pöbels, aufgehetzt von einem blutrünstigen Wohlfahrtsausschuss. Zwei Waisen im Sturm“ wurde am 28. Dezember 1921 in Boston und am 3. Januar 1922 im Apollo Theatre von New York mit der Originalpartitur von Louis F. Gottschalk und William F. Peters uraufgeführt. Die Länge betrug 172 Minuten, wobei bei dieser Laufzeit die variable Projektionsgeschwindigkeit zu berücksichtigen sein dürfte. Als das Werk im September 1922 in die Pariser Kinos kam, erhob sich ein Sturm der Entrüstung seitens der Royalisten. Um eine geregelte Ordnung und Auswertung wieder herzustellen, zensierte und verstümmelte man das Werk. Ein zeitgenössischer Berichterstatter monierte nicht nur gravierende historische Fehler, sondern eine Tendenz zur Übertreibung – verständlich zwar bei einem Bürger des demokratischen Amerika, aber trotzdem ein verzerrtes Bild des monarchistischen Frankreich am Ende des 18. Jahrhunderts. So wurden mehr als 500 Meter, ein Sechstel des Films, Szenen von der Monarchie aus einer wenig schmeichelhaften Perspektive, revolutionäre Aktionen und die Exekutionsszenen vom Anfang geschnitten. Die vorliegende Restaurierung des Films verantwortete die Photoplay Productions (Kevin Brownlow) in Kooperation mit arte Frankreich und FilmFour. Auffallend sind die optimale Schärfe des Bildes sowie die sehr kräftigen Viragen – ein Spektrum von Gelb, Braun, Nachtblau, Grün und Rot. Von dem Briten John Lanchberry stammt die neu komponierte, die jeweiligen Stimmungen und Handlungsstränge adäquat begleitende Musik, eingespielt vom Philharmonischen Orchester Prag unter Leitung des Komponisten.
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