Willi der Spatz

Kinderfilm | Ungarn 1988 | 80 Minuten

Regie: József Gémes

Ein 12jähriger Junge, der aus Langeweile auf Spatzen schießt, wird von der Spatzen-Fee Verbéna selbst in einen verwandelt und ist plötzlich auf die Hilfe seiner neuen Artgenossen angewiesen. Nach einigen gemeinsam bestandenen Abenteuern und Gefahren gibt Verbéna ihm seine Menschengestalt zurück und überträgt ihm ihre Funktion. Ein liebevoll gezeichneter, dramaturgisch geschickt die Balance zwischen Spannung und Entspannung haltender Zeichentrickfilm, der besonders dem jüngsten Kino-Nachwuchs viel Spaß bereitet. - Sehenswert ab 6.
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Filmdaten

Originaltitel
VILI, A VEREB
Produktionsland
Ungarn
Produktionsjahr
1988
Produktionsfirma
Pannónia/Budapest Film/Hajdú
Regie
József Gémes
Buch
József Nepp · József Gémes
Kamera
György Varga
Musik
Zsolt Pethö
Länge
80 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 6.
Genre
Kinderfilm | Zeichentrick

Diskussion
Weil er sich vor der Mathe-Arbeit drücken will, täuscht Willi Halsschmerzen vor und legt sich ins Bett. Aber bald werden ihm seine abenteuerlichen Tagträume zu langweilig, und er schießt übermütig mit Vaters Luftgewehr auf Spatzen im benachbarten Park. Das erzürnt die Spatzenfee Verbena. Sie stellt den Lausebengel zur Rede. Der aber macht sich über sie lustig, glaubt nicht an ihre Zauberkräfte. Um ihm eine Lehre zu erteilen, verwandelt sie ihn nacheinander in ein Krokodil, eine Maus und einen Spatz. Aber als sie die Verwandlung rückgängig machen will, ist die "Zaubersprühdose" leer. Verbena eilt zur Nachfüllstation, und Willi muß sich nun der Angriffe seiner Katze Cili erwehren. Auf der Flucht vor ihren Krallen landet er bei seinen neuen Artgenossen, die ihn nach einigen Raufereien als Stärkeren anerkennen und in ihrer Mitte aufnehmen. Der weise, alte Spatz Zipur nimmt ihn unter seine Fittiche, bringt ihm Fliegen bei, und Willi lehrt in lesen. Gemeinsam verjagen sie den bösen, schwarzen Kater Krampus aus ihrem Lieblingsaufenthaltsort, dem Pferdestall an der Rennbahn. Bald fühlt sich Willi richtig wohl unter seinen neuen Freunden. Verbena hat ihn allerdings nicht vergessen. Sie stöbert ihn auf und verwandelt ihn in den 12jährigen Jungen zurück, der er noch vor kurzem war. Und da sie den weisen Zipur in einen netten alten Mann verwandelt, um mit ihm ihren Lebensabend zu verbringen, muß sie ihren Feen-Status abgeben. Da sie der Überzeugung ist, daß Willi seine Lektion gelernt hat, überträgt sie ihm den Schutz der Spatzen.

Trotz dieses leicht erhobenen "pädagogischen Zeigefingers" am Schluß kommt der reizende Zeichentrickfilm nie belehrend daher. Nach der furiosen Eingangssequenz, in der Willi in seinen Tagträumen Tiger und Panther in indischen Tempeln jagt oder sich als Cowboy im Wilden Westen sieht, entwickelt der Film liebevoll und ruhig seine Charaktere. Geschickt wechseln spannende mit lustigen und besinnlichen Szenen. Das kommt vor allen Dingen den jüngsten unter den Kinobesuchern entgegen, deren Nerven nie durch aufbrausende Musik oder allzu überraschende Schnitte strapaziert werden. Und auch als Willi sich bei seinem ersten Alleinflug verirrt, schürt Gemes nicht die Ängste seiner kleinen Zuschauer, sondern löst die Situation humorvoll auf: Willi besinnt sich seines "früheren Lebens" und fährt mit der U-Bahn nach Hause.

Besonders in der geschickten Dramaturgie des Films wird die Erfahrung des hierzulande weitgehend unbekannten József Gémes deutlich, der mit "Willi der Spatz" schon seinen 20. Animationsfilm realisierte. Ein weiteres Plus sind die sorgfältig ausgemalten Hintergründe, die durch ihren ständigen Perspektivwechsel sehr viel (spielfilm-)artige Dynamik in die Handlung bringen. Und auch die "Menschengesichter" der Spatzen wirken nie süßlich oder gar kitschig. Da hat der Film sogar einen deutlichen Vorteil gegenüber vergleichbaren amerikanischen oder japanischen Zeichentrickfilmen. Leider hat er aber auch nicht deren oft beträchtlichen Werbe-Etat, so daß es wieder der mühsamen Mundpropaganda bedarf, bis es sich herumgesprochen haben wird, welch kleines Kinderfilm-Juwel sich hinter diesem amüsanten Zeichentrickfilm verbirgt.
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