Drama | Island/Deutschland/Finnland 1992 | 96 Minuten

Regie: Asdis Thoroddsen

Eine rebellische junge Frau aus dem Nordwesten Islands heuert als Köchin auf einem Fischerboot an, um dem Elternhaus zu entkommen. Sie entfacht eine Revolte der Fischer und Fabrikarbeiterinnen gegen miserable Arbeits- und Lebensbedingungen, muß den Tod ihres Bruders erleben und die Brüchigkeit der Liebe erfahren. In der Hauptrolle hervorragend gespielter, mit außergewöhnlichem Gespür für atmosphärische Details inszenierter Erstlingsfilm. (Preis der OCIC in Troia 1993. TV-Titel: "Ingalo im grünen Meer") - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
INGALO
Produktionsland
Island/Deutschland/Finnland
Produktionsjahr
1992
Produktionsfirma
Gjóla/Transfilm/Filminor/Nordic/ZDF
Regie
Asdis Thoroddsen
Buch
Asdis Thoroddsen
Kamera
Tahvo Hirvonen
Musik
Christoph Oertel
Schnitt
Valdís Óskarsdóttir
Darsteller
Sólveig Arnarsdóttir (Ingaló) · Thrainn Karlsson (Ragnar, ihr Vater) · Gudny Halgadóttir (Odny, ihre Mutter) · Haraldur Hallgrimsson (Sveinn, ihr Bruder) · Thorlákur Kristinsson (Vilhjalmur, Fischfabrikant)
Länge
96 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Drama
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Diskussion
Ingaló ist anders. Eine rebellische 18jährige, die in ihrem Heimatdorf im Nordwesten Islands für deutliche Worte und den Hang zur Handgreiflichkeit berüchtigt ist. Eine von Ingaló angezettelte Schlägerei zwischen Dorfbewohnern und der Besatzung des Fischerbootes "Mathildur" bringt das Faß zum Überlaufen. Man schickt sie nach Rejkjavik zur (ergebnislosen) neurologischen Untersuchung. Inzwischen ist ihr jüngerer Bruder Sveinn vor dem tyrannischen Vater geflohen und hat sich den Fischern als Bootsjunge angeschlossen. Auch Ingaló findet nach ihrer Rückkehr aus der Stadt Arbeit als Köchin auf der "Mathildur", wo sie den zartbesaiteten Sveinn vor den rauhen "Scherzen" der älteren Fischer in Schutz nehmen muß. Ingaló erkämpft sich ihren Platz als einzige Frau an Deck. Ihre große Stunde allerdings schlägt während eines Landaufenthalts. Eine wilde Party der Besatzung mit den Arbeiterinnen einer Fischfabrik funktioniert sie zum Aufstand gegen unwürdige Arbeitsbedingungen und Unterkünfte um. Und gewinnt endlich die Aufmerksamkeit des gutaussehenden Fischers Skúli, der sich an die Spitze des Streiks stellt. Während Skúli zu Gewerkschaftsverhandlungen nach Rejkjavik reist, wird die "Mathildur" von ihrem Eigner zwecks Versicherungsbetrug versenkt. Sveinn ertrinkt unter Deck. Ingalós Zukunft ist völlig offen, zumal der Geliebte Skúli sich mit der Rückkehr nach Rejkjavik viel Zeit läßt.

Asdis Thoroddsens erster langer Spielfilm ist zunächst die Geschichte der Selbstbehauptung einer jungen Frau. In Sólveig Amnarsdóttirs Darstellung der Hauptfigur mischt sich störrischer Trotz mit Leidenschaftlichkeit und Verletzlichkeit. (Nicht umsonst fühlt man sich an Jane Campions "Ein Engel an meiner Tafel", fd 28 856, erinnert, wenn auch Ingaló im Vergleich deutlich "stärker" auftritt.) Was dem Film darüber hinaus einen außergewöhnlichen Reiz gibt, ist die liebevolle Genauigkeit, mit der die dörfliche Atmosphäre und das Leben an Bord eingefangen werden. Mal verharrt die Kamera geduldig beim routinierten Ausnehmen der Fische, dann folgt sie, scheinbar "dokumentarisch", den Protagonisten der ausgelassenen Party, als gelte es, ethnographische Studien zu betreiben. So ist "Ingaló" mindestens ebensosehr ein Film über den Nordwesten Islands und seine Bewohner wie über die Titelheldin. Suff und Solidarität, rauhe Herzlichkeit und Macho-Gehabe - die Welt der Fischer in all ihrer Widersprüchlichkeit und (für den Stadtmenschen) Fremdheit macht Sinn. Die am deutlichsten klischeehafte, verzeichnete Figur des Films ist bezeichnenderweise der korrupte Gewerkschaftfunktionär aus der Stadt. Ingaló - soviel scheint sicher -wird nicht in die Stadt gehen. Am Ende sieht man sie am Meer, abermals auf sich gestellt; eine Außenseiterin, die weiter um ihren Platz kämpfen wird.
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