Ein Glückstag

- | Argentinien/Spanien/Italien 2001 | 94 Minuten

Regie: Sandra Gugliota

Buenos Aires am Ende des Jahres 2000. Eine 25-Jährige schlägt sich mit schlecht bezahlten Jobs durchs Leben und will Argentinien unbedingt verlassen. Obwohl sie es bis nach Palermo schafft, dort aber ihre Utopien revidieren muss, bleibt ihr Optimismus ungebrochen. Sympathisches quirliges Spielfilmdebüt, das seinen Charme maßgeblich der Hauptdarstellerin und dem hohen authentischen Gestus der Inszenierung verdankt. Dabei besticht der Film weniger durch seine Formsprache oder Dramaturgie als durch die atmosphärische Dichte. (O.m.d.U.) - Sehenswert.
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Filmdaten

Originaltitel
UN DÍA DE SUERTE
Produktionsland
Argentinien/Spanien/Italien
Produktionsjahr
2001
Produktionsfirma
Barakacine/El Angel de la Guarda/INCAA/El Mecanismo Encantado/Brosfilms
Regie
Sandra Gugliota
Buch
Sandra Gugliota · Marcelo Schapces
Kamera
José Guerra
Musik
Diego Frenkel · Sebastián Schachtel
Schnitt
Alejo Flash
Darsteller
Valentina Bassi (Elsa) · Fernan Miras (Walter) · Darío Vittori (Großvater) · Lola Berthet (Laura) · Damián de Santo
Länge
94 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert.
Externe Links
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Diskussion
Buenos Aires am Ende des Jahres 2000: Seit Tagen gibt es auch in den weniger gut situierten Vierteln der Millionenmetropole keinen Strom mehr. Nachts macht sich deshalb eine merkwürdige, traumatische Atmosphäre breit, tagsüber beherrschen Demonstranten das Straßenbild, die wütend auf Kochtöpfe einschlagen und in Sprechchören den Rücktritt der Regierung fordern. Argentinien ist in diesen Wochen ein durch Misswirtschaft, Korruption und Inflation kurz vor dem totalen Bankrott stehendes Land. Die 25-jährige Elsa nimmt diese Verwerfungen nur unbewusst wahr. Sie schlägt sich mit schlecht bezahlten Jobs durchs Leben, versucht beispielsweise, bei den missmutigen Passanten Umfragen durchzuführen oder Reklamezettel loszuwerden. Elsa braucht Geld. Mehr Geld, als sie mit diesen Jobs verdienen kann, denn sie will weg. Ihr Ziel ist Italien, wo jener Mann lebt, in den sie sich vor kurzem Hals über Kopf verliebt hat. Zwar erreicht sie diesen Cándido telefonisch nie und ist sich auch nicht sicher, ob eine einzige Nacht als Zukunftsgarantie taugt, doch dies ficht Elsa nicht an. Italien erscheint ihr nicht zuletzt deshalb als Ort der Verheißung, weil ihr Großvater einst von dort nach Lateinamerika übergesiedelt war. Er ist derjenige aus ihrer Familie, der ihr emotional am nächsten steht, ein unverdrossener Anarchist und Gerechtigkeitsfanatiker, der sich durch die gegenwärtigen Unruhen ziemlich euphorisieren lässt. Elsas mit windigen Geschäften beschäftigter Freund Walter und ihre Mitbewohnerin Laura versuchen, sie – vergeblich – von der fixen Idee abzubringen. Doch wenn sie schon um keinen Preis aufzuhalten ist, dann kann sie auch gleich bei ihren kleinkriminellen Aktivitäten mitmachen: Rezepte fälschen, mit gestohlenen Kreditkarten einkaufen, Drogen – anfangs Marihuana, später auch Kokain – kreuz und quer durch die Stadt fahren und verkaufen. Als ein großer Deal fehlschlägt, muss der auf verquere Weise in Elsa verliebte Walter in die Provinz flüchten. Elsa verkauft sich an einen ihrer früheren Arbeitgeber, um die restlichen Pesos für das Flugticket zusammen zu bekommen. Ein hoher Preis für eine vage Utopie. Tatsächlich schafft sie es bis zum fernen Palermo, wo sie der mythisch verehrte Cándido alles andere als herzlich willkommen heißt. „Ein Glückstag“ ist ein sympathisches, quirliges Spielfilmdebüt, das seinen Charme maßgeblich der Hauptdarstellerin und dem hohen authentischen Gestus der Inszenierung durch Sandra Gugliotta zu verdanken hat. Dabei besticht der Film weniger durch eine durchdachte Formsprache oder pointierte Dramaturgie als durch atmosphärische Dichte. Große Teile der Ereignisse reflektieren dokumentarisch die tatsächliche Stimmung in den Straßen von Buenos Aires während der Dreharbeiten. Das Unstete der innenpolitischen Situation reproduziert sich in der nervösen Handlung und findet auch im Gebaren Valentina Bassis als Elsa seine Entsprechung. So aufgekratzt das Klima am Tag, so traumatisch ist es bei Nacht – dann stiftet die gespenstische, lichtlose Silhouette der Stadt eine perfekte Kulisse für die Orientierungslosigkeit der Heldin. Angenehm ist dabei, dass die äußeren Krisenzustände nicht ins polemische Zentrum rücken. Sie bleiben ein zwar stets dominanter Hintergrund, dienen aber nie als psychologisch platter Erklärungsapparat für die Unruhe der jungen Frau. Mit dem geradezu vegetativen Charakters ihres Fluchtimpulses bewahrt Elsa dem Geschehen seine Unschuld, stiftet Hoffnung, auch über das Scheitern des Augenblicks hinaus.
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