Oh Happy Day (2004)

Komödie | Dänemark/Großbritannien 2004 | 98 Minuten

Regie: Hella Joof

Eine von Ehe- und Mutterrolle frustrierte Mittvierzigerin lernt einen schwarzen Sänger aus Harlem kennen und lieben, der nach einem Unfall in einem dänischen Dorf fest sitzt und dem Kirchenchor ein wenig auf die Gospel-Sprünge hilft. Sympathisch erzählte, sensibel inszenierte Komödie um die spirituelle Kraft der Musik, wiederentdeckten Glauben und verschüttete Träume. Kleine dramaturgische Unebenheiten werden vom spielfreudigen Ensemble und der herausragenden Hauptdarstellerin wettgemacht. - Sehenswert ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
OH HAPPY DAY
Produktionsland
Dänemark/Großbritannien
Produktionsjahr
2004
Produktionsfirma
Fine & Mellow Prod./Ugly Duckling Films
Regie
Hella Joof
Buch
Jannik Johansen · Lotte Andersen · Hella Joof
Kamera
Eigil Bryld
Musik
Rick Astley
Schnitt
Nicolaj Monberg
Darsteller
Lotte Andersen (Hannah) · Malik Yoba (Moses Jackson) · Ditte Gråbøl (Grethe) · Kurt Ravn (Preben) · Søren Fauli (Krüger)
Länge
98 Minuten
Kinostart
23.12.2004
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Sehenswert ab 14.
Genre
Komödie
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Eurovideo (16:9, 1.85:1, DD2.0 dän./dt.)
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Diskussion
Neben den üblichen Verdächtigen der „Dogma-Szene“ um Lars von Trier und Thomas Vinterberg hat sich in den letzten Jahren in Dänemark eine ganze Riege von Regisseurinnen wie Lone Scherfig („Italienisch für Anfänger“, fd 35 244), Susanne Bier („Open Hearts“, fd 35 737) und Natasha Arthy („Alt, neu, geliehen und blau“, fd 36 514) etabliert, die nicht mehr sklavisch dem neuen Regelwerk folgen, sondern sich je nach Sujet für entsprechende Modifikationen entscheiden. Auch der zweite Spielfilm von Hella Joof, die mit ihrem Regiedebüt „En kort en lang“ (2001) zehn Prozent der dänischen Bevölkerung ins Kino lockte, gleicht eher einer traditionellen Dorfkomödie mit leicht tragischem Einschlag als einem filmischen Experiment. „Oh Happy Day“ singt Hannah, eine Hausfrau im Midlife-Crisis-Alter, schon lange nicht mehr. Selbst im Kirchenchor, der einzigen Abwechslung in ihrem eingefahrenen Ehe- und Mutter-Alltag, frohlockt man eher in Moll. Doch dann schlägt dieses lebensbejahende Lied wie ein Blitz in ihr Leben ein. Noch ganz benommen von der Musik, radelt sie nach dem Konzert eines Harlemer Gospelchors nach Hause – und dem Tourbus genau vor die Räder. Zwar bleibt Hannah unversehrt, aber der Lead-Sänger des Chors, Moses Jackson, muss sein Schleudertrauma in der dänischen Provinz auskurieren. Hannahs unternehmungslustige Schwägerin Grethe packt die Gelegenheit beim Schopf und überredet Moses, ihrem Kirchenchor doch ein paar Gospeltöne beizubringen. Es kommt, wie es kommen muss: Moses entdeckt nicht nur Hannahs schöne Stimme, sondern auch all ihre verschütteten Wünsche und Gefühle. Doch als Hannah davon zu träumen beginnt, ein neues Leben an Moses Seite anzufangen, kehrt der in die Staaten zu seiner Familie zurück. „Oh Happy Day“ ist trotz aller ernsten Nebenschauplätze vor allem ein „Feel-Good“-Movie, das von der spirituellen Kraft der Musik erzählt und Mut macht, sein eigenes Leben zu leben. „Furcht ist die größte Religion in der Welt“, sagt Moses einmal. Mit diesem Satz fängt er an, den verhuschten Typen im Kirchenchor Selbstbewusstsein einzuimpfen. Ja, er bringt sie sogar dazu, über lang verdrängte Glaubensfragen nachzudenken. Dabei übernimmt der Gospelgesang immer mehr eine Art Erweckungsfunktion, ohne dass der Film sich in vordergründige Religiosität versteigen würde. Die kleinen Macken der liebenswert gezeichneten Charaktere, die in ihrer (äußerlichen) Durchschnittlichkeit wie aus dem Leben gegriffen scheinen, und der skurrile Humor durchbrechen immer wieder aufkommende Sentimentalitäten, lassen selbst so „pädagogische“ Szenen wie die Versöhnung zwischen Hannah und der verbiesterten Chorleiterin in einem versöhnlichen Licht zurück. Einige dramaturgische Schnitzer werden vor allem durch die überzeugenden Darsteller ausgebügelt. Auch wenn Lotte Andersen, die ja schon in „Alt, neu, geliehen und blau“ mit beeindruckender Wahrhaftigkeit eine an ihrer unerfüllten Liebe zerbrochene Frau spielte, hier wieder ein schauspielerisches Kabinettstückchen abliefert, so stellt sie sich doch ganz in den Dienst des Ensembles. Wunderbar zärtlich inszeniert die Regisseurin dabei die aufkeimende Liebe Hannahs zu Moses, wobei diese „schwarz-weiße“ Beziehung mit einer Selbstverständlichkeit erzählt wird, die erfahrbar macht, was gelebte Toleranz bedeutet. Mit der gleichen Unaufgeregtheit dokumentiert Eigil Brylds äußerst funktional eingesetzte Kamera das Geschehen, das der vom britischen Soul-Sänger Rick Astley komponierte Soundtrack genauso zurückhaltend kommentiert. Trotz einiger Gospel-Standards hangelt sich die Handlung nicht von Song zu Song, sondern integriert diese stimmig in die Geschichte. Und die flüchtet sich dankenswerterweise nicht ins nivellierende Happy End, sondern wirft die Menschen auf sich selbst zurück und lässt diese mit Fragen, aber auch mit einem Stück Hoffnung zurück. Alles in allem ist „Oh Happy Day“ eine symphatisch unterhaltende Komödie mit kleinen (moralischen) Widerhaken.
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