Falling into Paradise

Komödie | Deutschland/Serbien-Montenegro/Niederlande/Frankreich 2004 | 93 Minuten

Regie: Milos Radovic

Vor dem Hintergrund der Bombardierung Belgrads durch die NATO im Frühjahr 1999 spielende Komödie, in der ein abgeschossener US-Pilot in die Fänge einer chaotischen serbischen Familie gerät, mit deren Hilfe er zuletzt die Flucht nach Rumänien schafft. Mit stark überzeichneten Figuren und grob vernähten Handlungsteilen gelingt es dem Film, ein ernstes Thema zu popularisieren. Seine künstlerischen Mittel sind bescheiden, der mitunter rudimentären Logik wird mit einem Mehr an Turbulenz begegnet. Angesichts aktueller restaurativer Tendenzen in Serbien erweist sich die Komödie aber als durchaus mutiger Film, der erfrischend selbstironisch mit nationalen Klischees umgeht. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
PAD U RAJ | CIVILNI ZIVOT | FALLING INTO PARADISE
Produktionsland
Deutschland/Serbien-Montenegro/Niederlande/Frankreich
Produktionsjahr
2004
Produktionsfirma
Neue Impuls Film/Mact Prod./Rocketta Film/Rotterdam Film/Zillion
Regie
Milos Radovic
Buch
Milos Radovic
Kamera
Piotr Kukla
Musik
Zoran Simjanovic
Schnitt
Petar Putnikovic · Agnès Schwab
Darsteller
Lazar Ristovski (Ljubisa "Lubi") · Branka Katic (Durica "Dusha") · Simon Lyndon (Johnatan Schumacher "Bobby") · Jovana Milovanovic (Daca, die kleine Tochter) · Olivera Markovic (Großmutter)
Länge
93 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Genre
Komödie
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Ende März 1999 begannen NATO-Luftstreitkräfte unter Führung der USA (und ohne Mandat des UN-Sicherheitsrates) mit der Bombardierung der serbischen Hauptstadt Belgrad und ihrer Umgebung. Neben Bomben wurden auch Flugblätter abgeworfen, auf denen für die Ergreifung von Slobodan Milosevic ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar ausgesetzt war. Ljubisa, Ende 40, der „König des Schwarzmarkts“ in Belgrad, fühlt sich durch die Luftangriffe persönlich beleidigt, auch wenn er sich eigentlich als unpolitischer Mensch versteht. Mit einer „getunten“ Rakete sowjetischer Bauart schießt er deshalb von der Terrasse seines Wohnhauses aus ein AWACS-Aufklärungsflugzeug ab. Dessen Navigator landet mit seinem Fallschirm ausgerechnet im Vorgarten des Schützen. Während Ljubisa noch spekuliert, auf welche Weise sich sein privater Kriegsgefangener in Bargeld ummünzen ließe, schmiedet seine Schwester Dusica ganz andere Pläne. Sie erweist sich nämlich als große Verehrerin der nordamerikanischen Lebensart. Weil sie im Aussehen des Soldaten eine Ähnlichkeit mit Robert Redford zu erkennen glaubt, nennt sie diesen kurzerhand „Bobby“ und knüpft alle ihre Sehnsüchte an den jungen Mann. Mit seiner Hilfe hofft sie aus Belgrad in die große Welt entkommen zu können. Es gelingt ihr sogar, ihren Bruder zu mäßigen; die beiden Männer finden sich zunehmend sympathisch und planen sogar einen gemeinsamen Coup. Doch obwohl ihr Anschlag auf Milosevic misslingt und das Kopfgeld nicht eingefordert werden kann, schafft „Bobby“ die Flucht ins benachbarte Rumänien. Auch für Dusica gibt es Aussicht aufs Happy End. Wie sich aus diesem Plot unschwer erschließen lässt, handelt es sich bei „Falling into Paradise“ um eine nicht allzu wirklichkeitshaltige Komödie, um nicht zu sagen Klamotte. Mit stark überzeichneten Figuren und grob vernähten Handlungsteilen schafft es der Film immerhin, ein ernstes Thema zu popularisieren und in die mitteleuropäische Wahrnehmung zu rücken. Seine künstlerischen Mittel sind bescheiden, der mitunter rudimentären Logik wird mit einem Mehr an Turbulenz begegnet. Im Zweifelsfall werden die Fragmente mit jener Balkan-Zigeuner-Musik verspachtelt, wie man sie von Goran Bregovic kennt. Überhaupt ist die Nähe der Inszenierung zum Stil Emir Kustericas nicht zu übersehen, sie erreicht aber nur selten dessen anmaßend-genialisches Format. Dafür fällt der Rahmen von Radovics Film einfach zu klein aus. Lazar Ristovski, einer der gefragtesten Darsteller der Region und durch seine Mitwirkung in Kustericas „Underground“ (fd 31 644) auch in Deutschland bekannt geworden, spielt den Schwarzhändler mit Hingabe und Doppelbödigkeit. Wie überhaupt die an den Tag gelegte Selbstironie wohl die größte Stärke des Films ist. Im heutigen Serbien bedeutet dieser spielerische Umgang mit nationalen Klischees keineswegs einen Konsens, eher im Gegenteil. Nach der Ermordung des Ministerpräsidenten Zoran Djinjic im März 2003 sind restaurative Tendenzen unübersehbar geworden, orthodoxe Kirche und Militär manifestieren ihre Positionen zunehmend als Machtfaktoren. In diesem Kontext lässt sich erahnen, dass „Falling into Paradise“ bei aller Hemdsärmligkeit auch ein mutiger Film ist, der sich sogar über die sonst unantastbare Armee lustig macht. Sein versöhnlicher Ton Richtung Westen ist als doppelte Geste zu verstehen: Nach innen, um den liberalen Kräften Solidarität zu signalisieren, nach außen als kommunikativer Brückenschlag zur Überwindung der Isolierung Serbiens.
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