Havanna Blues

Komödie | Spanien/Kuba/Frankreich 2005 | 110 Minuten

Regie: Benito Zambrano

Zwei Freunde in Havanna träumen von einer Karriere mit ihrer Pop-Band und wittern ihre Chance, als spanische Musikproduzenten nach unverbrauchten Talenten suchen. Einer von ihnen setzt dabei die Beziehung zur Mutter seiner Kinder aufs Spiel, wodurch er seine Zukunftspläne überdenken und eine moralische Entscheidung fällen muss. Die melancholische Komödie lebt von der Präsenz und dem "Drive" der Musik, einem Gemisch aus verschiedenen Rhythmen, Einflüssen, Traditionen und Pop-Elementen. Dabei vermittelt sich ein eindringliches Bild vom alltäglichen Leben auf Kuba fern aller Postkartenidylle. (O.m.d.U.; Titel Schweiz: "Habana Blues") - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
HABANA BLUES
Produktionsland
Spanien/Kuba/Frankreich
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
Maestranza Films
Regie
Benito Zambrano
Buch
Ernesto Chao · Benito Zambrano
Kamera
Jean-Claude Larrieu
Musik
Dayan Abad · Equis Alsonfo · Descemer Bueno · Kiki Ferrer · Magda Rosa Galván
Schnitt
Fernando Pardo
Darsteller
Alberto Yoel (Ruy) · Roberto Sanmartín (Tito) · Yailene Sierra (Caridad) · Zenia Marabal (Luz María) · Marta Calvó (Marta)
Länge
110 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Komödie | Musikfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen.

Verleih DVD
Arsenal (16:9, 1.85:1, DD5.1 span./dt.)
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Diskussion
Am Malecon in Havanna, der langen Promenade am offenen Meer, begann vor Jahren der Exodus von Tausenden, die über die Karibik nach Miami flüchten wollten. Bis heute ist der Malecon in vielen kubanischen Filmen Sinnbild für die unerfüllte Sehnsucht nach einem anderen Leben. Ruy und Tito leben in den Tag hinein, schlagen sich durch den schwierigen Alltag und machen Musik in improvisierten Konzerträumen, in alten Garagen der zerfallenden, aber hektisch-lebendigen Altstadt Havannas. Ihre Musik hat nichts mit der regierungsoffiziellen Wirklichkeit zu tun und liegt jenseits greiser „Buena Vista Social Club“-Romantik oder eintöniger Salsa-Lebenslust. Sie spricht mit neuen Rhythmen und Texten unmittelbar die Jugendlichen an: musikalischer „Underground” im sozialistischen Kuba, Rock, Punk, Heavy Metall, HipHop und Blues. Ruy, Tito und ihre Freunde träumen vom Durchbruch in Kuba, doch in Havanna ist allein schon die Organisation eines Konzerts fast unmöglich, an eine Demo-CD erst gar nicht zu denken. Alles ist improvisiert, auch die persönliche Wohnsituation: Tito lebt mit seiner Großmutter, einer liebenswerten alten Frau, die der Boheme und den Boleros ihrer Jugend nachtrauert; Ruy mit Caridad, der Mutter seiner beiden Kinder, in angespannter Gemeinschaft. Während sie mit quälender Heimarbeit und kleinen Jobs das Überleben der Familie sichert, bleibt Ruys Musik eine brotlose Kunst. Caridad träumt schon lange davon, der Insel den Rücken zu kehren – die Überfahrt nach Miami hat sie bis ins Detail geplant. Für Ruy ist darin kein Platz, sie hat seine durchfeierten Nächte und die ewigen Frauengeschichten satt. Ruy möchte ohnehin auf der Insel bleiben, aber seine beiden Töchter nicht verlieren. Diese Situation ändert sich von Grund auf, als eine große spanische Plattenfirma zwei Mitarbeiter auf der Suche nach neuen Talenten auf die Insel schickt. Besonders die energische spanische Managerin ist von Ruy angetan – für Ruy bedeutet die spanische Geliebte einen ungewohnt luxuriösen Lebensstil. Die Träume der jungen Musiker scheinen sich zu erfüllen. Weltmusik ist angesagt, Kuba ist nach wie vor gefragt, nicht nur in Spanien. Die Verträge sollen schnell unterschrieben werden, aber nicht alle jungen Musiker nach Spanien kommen. Nun prallen die Mentalitäten aufeinander, der pragmatische Kulturimperialismus à la española und der Idealismus der jugendlichen Insel-Dissidenten. Ist der Traum vom internationalen Durchbruch stärker als die Freundschaft in der Gruppe? Der kommerzielle Erfolg wichtiger als künstlerische Prinzipien? Am Ende kommt es zu individuellen Entscheidungen, doch der Film suggeriert keine Lösung und bietet kein falsches Happy End. Wenn er die grausame Wahrheit vom endgültigen Abschied von Caridad und ihren Kindern in einer zeitlich versetzten Parallelmontage präsentiert, gelingt ihm dennoch ein fast versöhnlicher Abschluss. „Havanna Blues“ ist ein Musikfilm der besonderen Art, mit überraschenden Songs fern exotischer Autofriedhof-Romantik, der nah und lebendig eine neue kubanische Jugendkultur schildert. Regisseur Benito Zambrano kennt Kuba und weiß, wovon er spricht; der Andalusier studierte an der Internationalen Film- und Fernsehschule EICTV im kubanischen San Antonio de los Baños; schon sein Erstlingsfilm „Solas“ (fd 34 765) war zunächst für Kuba entwickelt worden, bevor die Geschichte nach Sevilla verlegte wurde. Auch von daher ist „Havanna Blues“ ein lebendiges Porträt der kubanischen Hauptstadt und ihrer Bewohner, mit magischen Drehorten, die über das Postkartenbild der Karibikinsel hinausgehen, ohne die Gegenwart zu verklären.
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