Mañana al Mar

Dokumentarfilm | Deutschland/Spanien 2006 | 84 Minuten

Regie: Ines Thomsen

Eine Wintersaison am Stadtstrand von Barcelona, in der einige Senioren der Stadt trotz unwirtlicher Wetterbedingungen ihren Bade- und Strandvergnügen frönen. Der von leiser Heiterkeit durchzogene Dokumentarfilm stellt Protagonisten mit all ihren Schrullen vor, ohne sie bloßzustellen, und zeichnet sie als Menschen, deren Lebensfreude unbändig zu sein scheint. Dabei verdichtet er sich zur sympathischen Reflexion über das kleine Glück im Alter. (O.m.d.U.) - Ab 14.
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Filmdaten

Originaltitel
MAÑANA AL MAR
Produktionsland
Deutschland/Spanien
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
Gop03/Polar Star Films/ZDF/arte/Televisió de Catalunya (TV3)/HFF "Konrad Wolff"
Regie
Ines Thomsen
Buch
Ines Thomsen
Kamera
Ines Thomsen
Schnitt
Lars Späth
Länge
84 Minuten
Kinostart
-
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Diskussion
Ein Tag am Stadtstrand von Barcelona: Die Menschen gehen baden, andere genießen schlicht die Sonne, Sandburgen werden bezogen, man spielt oder frönt seinem jeweiligen Sport; Läufer ziehen ihre Runden, der Kinderspielplatz ist stark frequentiert, man denkt über Wind und Wetter nach und mahnt vor gefährlicher Tiefenströmung. Ein ganz normaler Tag – und doch weit von den landläufigen Urlaubsvorstellungen entfernt. Schließlich ist es mitten im Winter, und die Dame und die Herren, die hier ihrem Strandvergnügen nachgehen, haben die Pensionsgrenze längst überschritten. Die nach eigenen Angaben letzte „Wintergeneration“ genießt die Ruhe am Strand, die Abwesenheit der „kleinen Engländerinnen“, auch wenn die für eine witzige Anekdote gut sind. Man bleibt unter sich, Tag für Tag, stets in der Ungewissheit, wen man denn am nächsten Morgen wiedersehen wird. Ines Thomsens Dokumentarfilm huldigt jenen Menschen, die sich die Entdeckung der Langsamkeit zu eigen gemacht haben und in ein Stadium der Entschleunigung getreten sind, was für den Zuschauer nicht unbedingt therapeutische Wirkung haben muss, aber doch zum heiteren Nachdenken über die wahren Dinge des Lebens anregen kann. Dabei kam der Regisseurin der Glücksfall zu Hilfe, dass die Protagonisten ihres Films im weitesten Sinne kauzige Senioren sind, die dem Leben seine Freuden abtrotzen wollen – auch wenn das Meer eisig ist, sich Winterstürme anbahnen und das „Ersatzteillager“ für den Körper längst erschöpft ist. So stürzt sich die 76-jährige gehbehinderte Pauline Tag für Tag in die kalten Fluten, um dort ihre recht grausigen Arien zu schmettern – wenn sie denn den Weg bis zum Wasser mit ihrem Krückstock schafft. Der 90-jährige José absolviert sein Laufpensum, zeigt seine deformierten Füße und lässt keine Gelegenheit aus, um über seinen Tod zu reden, mit dem er völlig im Reinen ist. Alles ist geordnet, das Begräbnis bezahlt, und auch mit den Würmern, die ihm dereinst durchs Gehirn kriechen werden, hat er sich bereits abgefunden. Antonio, stolze 80 Jahre alt, gehört ebenfalls zu den Vertretern dieser Wintergeneration. Jeden Tag bezieht er seine Sandburg, die er mit Zement haltbar gemacht hat und wegen der er seit geraumer Zeit mit der Baubehörde im Clinch liegt; doch der Dauerstreit scheint den sympathischen Alten eher anzuspornen. Die Dokumentation ist nicht spektakulär, aber durchweg sympathisch und wird von einem wunderbaren Humor durchzogen, den ihre – auch stummen – Darsteller wie von selbst einbringen. Etwa der passionierte Solo-Tennisspieler, der seinen Ball stundenlang an geschlossene Strandkabinentüren drischt und durch seine zurück genommene Höflichkeit ein wenig an Monsieur Hulot erinnert, oder der passionierte Bodybuilder, der kein Spielgerät auslässt, um seinen Körper zu stählen. Auch wenn der Tod in irgendeiner Weise stets allgegenwärtig ist, erzählt der Film letztlich auch vom Glück, das sich vielleicht gerade durch die Nähe des Todes erst wirklich zu erkennen gibt. Optisch unterstreicht Thompsen dieses abgeschiedene Glück mit ein, zwei Einstellungen, dann schwenkt die Kamera über die Skyline von Barcelona, um sich Sekunden später wieder mit weitgehend halbnahen Einstellungen ihren Protagonisten zu widmen. Was ist die Verheißung des quirligen Stadt schon gegen das Gefühl des wirklichen Lebens?
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