Wide Awake (1998)

- | USA 1998 | 84 Minuten

Regie: M. Night Shyamalan

Als sein geliebter Großvater an Krebs stirbt, macht sich ein zehnjähriger Junge auf die Suche nach Gott, um herauszubekommen, ob er auch gut für den Opa sorgt. Mit seinen Fragen überrascht er Freunde wie auch die Lehrer an seiner katholischen Schule, wobei er dank seiner Hartnäckigkeit eine vage Ahnung bekommt, dass es dem Opa gut geht. Der warmherzige, kindgerechte Film setzt sich ernsthaft mit essenziellen Problemen auseinander und unterhält zugleich dank der guten Darsteller. Die zweite Regiearbeit von M. Night Shyamalan ("The Sixth Sense"), bei der bereits viele seiner Themen durchschimmern.
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Filmdaten

Originaltitel
WIDE AWAKE
Produktionsland
USA
Produktionsjahr
1998
Produktionsfirma
Miramax/Woods Entertainment
Regie
M. Night Shyamalan
Buch
M. Night Shyamalan
Kamera
Adam Holender
Musik
Edmund Choi Shok
Schnitt
Andrew Mondshein
Darsteller
Joseph Cross (Joshua A. Beal) · Timothy Reifsnyder (Dave O'Hara) · Dana Delany (Mrs. Beal) · Denis Leary (Mr. Beal) · Robert Loggia (Großvater)
Länge
84 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0
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Heimkino

Verleih DVD
Universum (16:9, 1.85:1, DD5.1 engl./dt.)
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Diskussion
Joshua, zehnjähriger Zögling einer katholischen Schule, steckt mitten in einer „Phase“. Im Knabenchor brüllt er ein ohrenbetäubendes „Gloria“. Er hofft damit, von Gott gehört zu werden. Doch die eine Weltreligion ist nicht genug, wenn man einen „heißen Draht“ zum Himmel herstellen will: Heimlich betet der Junge gen Mekka und legt eine immerhin sechs Stunden währende buddhistische Fastenzeit ein. Seine Eltern sehnen sich wieder nach dem Kind, das mit Autos und Computern spielt, und alarmieren die Ordensschwester. Ergebnis des Vertrauensgesprächs: Joshua will jüdische Chanukka-Kerzen anzünden. Was ist nur mit dem Jungen los? Die Protagonisten der Filme von M. Night Shyamalan suchen nach dem Sinn des Lebens. Manchmal suchen sie nach Gott, immer sind sie auf dem Weg zu einer, wie auch immer gearteten, spirituellen Erfahrung. Er sei jetzt hellwach – „wide awake“ –, so lautet das Fazit, das der kleine Joshua am Ende eines aufreibenden Schuljahrs zieht – und am Schluss eines nicht uncharmanten Coming-of-Age-Films. Das Schwanken zwischen Inbrunst und Verzagen, das Suchen mit der Seele teilt Joshua mit den Helden von „Signs – Zeichen“ (fd 35 588), „The Village“ (fd 36 651) oder „Das Mädchen aus dem Wasser“ (fd 37 768). Darin erschöpfen sich jedoch die Gemeinsamkeiten: Thriller- oder Fantasy-Elemente fehlen in Shyamalans Debütfilm aus dem Jahr 1998. Zu Recht rühmt man den aus Indien stammenden Regisseur für seine Begabung, in die spirituellen Welten seiner Figuren eindringen zu können. Mit der Talentprobe „Wide Awake“ tastet er sich noch vor, bleibt meist an der Oberfläche einer Story, die im gutbürgerlich-amerikanischen Familien- und Klosterschulmilieu angesiedelt ist. Tiefe gewinnt das religiös grundierte Lichtspiel nicht in Momenten der Heilsgewissheit, sondern in Augenblicken des Zweifels und der Niedergeschlagenheit. Joshua hat seinen geliebten Großvater verloren. In Rückblenden gelingen Shyamalan, nicht zuletzt dank seines Hauptdarstellers Joseph Cross („Flags of Our Fathers“, fd 37 993) und Robert Loggia in der Großvater-Rolle, anrührende Szenen. Stark auch die Momente, in denen die Eltern den trauernden Jungen morgens als kraftloses Etwas aus dem Bett ziehen, oder wenn Joshua in Opas übergroßes Holzfällerhemd schlüpft und er das Kleidungsstück dann später, im Moment der Verzweiflung, im Garten verscharrt. Man spürt die Nähe Shyamalans zum sensiblen Außenseiter-Kind, dem er später in „The Sixth Sense“ (fd 34 020) ein gültiges Denkmal setzte. Dass Joshua aber gleichzeitig ein vorwitziger Grundschüler sein muss, der seine Nonnen-Lehrerinnen mit kniffligen Glaubensfragen in Verlegenheit bringt, stets zu Streichen aufgelegt ist und auch schon ein Auge auf ein weibliches Wesen in der Mädchenschule gegenüber geworfen hat – diese Janusköpfigkeit zwischen lähmender Traurigkeit und vitalem Stehaufmännchentum lässt die Figur unstimmig erscheinen. Shyamalan schrieb auch das Drehbuch, dessen Wendepunkte vielfach unplausibler wirken als die im Grunde doch weit aberwitzigeren Handlungsvolten seiner späteren Filme. Vielleicht ist es die bodenständig-realistische Grundierung von „Wide Awake“, die dick aufgetragene Dramatik einfach nicht verträgt. Arg didaktisches Beispiel: Joshua rettet seinem besten Freund kurz nach dessen epileptischem Anfall das Leben, schwört daraufhin dem Glauben ganz ab, um schließlich in der Härte des Daseins und in der Verpflichtung zur Nächstenliebe doch so etwas wie den göttlichen Auftrag zu erkennen. Umso unnötiger, geradezu lächerlich, ist die Nachricht vom Großvater, die Joshua in den letzten Filmminuten erhält. „Es geht ihm gut“, berichtet ein zuvor in geheimnisvolles Schweigen gehüllter Knabe, ein vermeintlicher Mitschüler, der in Wahrheit ein Bote des Himmels ist. Shyamalans berüchtigte Hakenschläge am Schluss, „Last Minute Twists“ genannt, darf man nicht verraten. Hier hat man dabei kein schlechtes Gewissen, denn der blondgelockte Rauschgoldengel in Zivil sorgt eher für „Last Minute Kitsch“ – eine Überraschung der triefenden Art.
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