Riding Alone for Thousands of Miles

- | Hongkong/VR China/Japan 2005 | 104 Minuten

Regie: Zhang Yimou

Um seinem todkranken Sohn, mit dem er zerstritten ist, einen letzten Liebesdienst zu erweisen, reist ein alter Japaner ins Innere Chinas, um an dessen Stelle einen Operndarsteller zu besuchen. Unter Schwierigkeiten dringt er zu dem im Gefängnis einsitzenden Schauspieler vor und verspricht ihm, sich um dessen kleinen Sohn zu kümmern. Ein stiller und zurückgenommener, nachdenklicher und ein wenig melancholischer Film über die Möglichkeit einer liebevollen Vaterschaft. Mitunter etwas unentschlossen inszeniert, rührt er in seiner unspektakulären Art doch an. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
QIAN LI ZOU DAN QI
Produktionsland
Hongkong/VR China/Japan
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
EDKO/Beijing New PictureElite/Gilla/Toho/Zhang Yimou Studio
Regie
Zhang Yimou
Buch
Zhang Yimou · Zou Jingzhi
Kamera
Daisaku Kimura · Zhao Xiaoding
Musik
Guo Wenjing
Schnitt
Cheng Long
Darsteller
Ken Takakura (Gou-ichi Takata) · Shinobu Terajima (Rie Takata) · Li Jiamin (Li Jiamin) · Qui Lin (Lingo) · Wen Jiang (Jasmine)
Länge
104 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.
Externe Links
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Heimkino

Verleih DVD
Sony (16:9, 1.85:1, DD5.1 Mandarin/dt.)
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Diskussion
Nach den Martial-Arts-Meisterwerken „Hero“ (fd 35972) und „House of Flying Daggers“ (fd 36861) musste Zhang Yimou wohl erst einmal kräftig Atem holen. In „Riding Alone for Thousands of Miles“ verzichtet er jedenfalls auf rauschhafte Kameratänze, der Film ist frei von schwelgerischem Pathos. Der gemächliche, nachdenkliche Film spart an vielem, womit Zhang zuletzt geradezu verschwenderisch umging. Statt auf politisch (oft nicht ganz unproblematische Weise) Legenden zu huldigen, geht er den in „House of Flying Daggers“ eingeschlagenen Weg der Liebe weiter. Fernab von romantischer Überhöhung und mythologischen Geschichtsbildern landet er diesmal im heutigen China. Zunächst setzt die Handlung jedoch in Japan ein. Erzählt wird eine Vater-Sohn-Geschichte, allerdings: ohne Sohn. Gou-ichi Takata hat sich vor Jahren mit seinem Sohn zerstritten. Worüber, das bleibt bis zum Schluss ungeklärt: eine der zentralen Leerstellen, um die herum sich die Filmszenen gruppieren. Erzählerisches Grundprinzip ist es, das Konkrete zu verhüllen, um das Wesentliche aufscheinen zu lassen. Von seiner Schwiegertochter Rie erfährt Takata, dass sein Sohn, Ken-ichi schwer erkrankt ist. In der Hoffnung, Frieden mit seinem geliebten Jungen schließen zu können, bricht er auf, um ihn im Krankenhaus zu besuchen. Dort aber stellt sich heraus, dass Ken-ichi nichts von dem väterlichen Besuch weiß. Er weigert sich, Takata zu empfangen. Hinter einem zugezogenen Vorhang hört man die aufgeregte Stimme des Sohnes, der seiner Frau unmissverständlich klar macht, dass er seinen Vater nicht treffen möchte. Der geknickte Vater will schon wieder abreisen, als Rie ihm eine Videokassette gibt, die ihm helfen soll, seinen offensichtlich todkranken Sohn besser zu verstehen. Das Band zeigt einen Fernsehmitschnitt, in dem Ken-ichi als Experte für die chinesische Oper vorgestellt wird. Man sieht ihn neben einem traditionell kostümierten chinesischen Opernsänger stehen, dem er verspricht, bald wiederzukommen. Da Ken-ichi nun im Krankenhaus liegt, beschließt Takata, das Versprechen einzulösen und die Reise an Stelle seines Sohns zu unternehmen, um so wenigstens etwas für ihn tun zu können. Von Japan aus macht er sich auf den Weg ins Innere Chinas. Zum Road Movie entwickelt sich der Film trotz der weiten Strecke, die Takata zurücklegt, jedoch nicht; nur selten zeigt der Film die Hauptfigur unterwegs. Schnell ist Takata an dem Ort angelangt, an dem er den gesuchten Opernsänger zu treffen hofft. Allerdings vergeblich, denn der sitzt mittlerweile im Gefängnis. Eine Besuchs- oder Dreherlaubnis zu erhalten, um das Treffen für Ken-ichi zu dokumentieren, erweist sich als beinahe unmöglich. Der Road-Trip tritt also auf der Stelle. Doch die eigentliche Reise erstreckt sich ohnehin nur im übertragenen Sinne über Tausende Meilen; denn eigentlich findet sie in Takatas Innerem statt, das Landesinnere Chinas wird zum schroff-schönen Symbolpanorama für Takatas Seelenlandschaft. Ken Takakura verkörpert den verschlossenen, schweigsamen Vater ebenso kraftvoll wie feinsinnig. Millimeterweise zeichnen sich auf den Fältchen seines verwitterten Gesichts die Kilometer ab, die Takata in sich selbst zurücklegt. Den Sohn braucht es da gar nicht mehr, um das Verhältnis zwischen Vater und Kind zu verbessern. Der Schlüssel liegt im Vater selbst. Zhang Yimou wählt eine klare, sachlich ruhige Erzählweise, die Nähe und Distanz raffiniert miteinander verwebt. Als sich Takatas China-Aufenthalt in die Länge zieht und seine Dolmetscherin abreisen muss, bleibt er allein in einem Land, dessen Sprache er nicht beherrscht und versucht, sich mithilfe von Gesten und eines Bekannten seines Sohns verständlich zu machen. Wenn gar nichts hilft, muss er seine Dolmetscherin anrufen und sich von ihr am Telefon das Gesagte übersetzen lassen. Das Telefon verbindet mehr als zwei Länder, es vereint zwei Welten: eine reale und eine mögliche. Als Takata endlich den Opernsänger sprechen darf, bricht dieser in Tränen über die Trennung von seinem eigenen kleinen Sohn aus. Takata reist weiter, diesmal, um den Sohn des Opernsängers zu finden. Er landet in einem Dorf, wo sich die Bevölkerung zur Feier seiner Ankunft an einer langen Festtafel versammelt. In der Begegnung mit dem Jungen, dem Sohn des Sängers, nimmt die mögliche liebevolle Vaterschaft Takatas konkrete Züge an. Vom realen Sohn, Ken-ichi gibt es Nachricht am Telefon; versöhnliche und tragische zugleich. Zhang schuf einen zurückhaltend erzählten Film, ein wenig melancholisch, ein wenig nachdenklich, verloren und mitunter etwas unentschlossen. Ganz behutsam öffnet er dem geduldigen Zuschauer das Herz. Behutsam und auf schöne Weise unspektakulär.
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