Das größte Spiel der Welt

- | Spanien/Deutschland 2006 | 88 Minuten

Regie: Gerardo Olivares

Der Endspiel der Fußball-Weltmeisterschaft im Jahr 2002 zwischen Brasilien und Deutschland dient als Anlass, um die globale Faszination dieses Sports sinnfällig zu machen. Dabei bemühen sich mongolische Nomaden ebenso wie eine Tuareg-Sippe und einige Bewohner des brasilianischen Regenwaldes darum, das wichtige Spiel am Fernseher zu verfolgen. Der unterhaltsame Film stellt in faszinierenden Naturaufnahmen das Modell einer menschenfreundlichen Globalisierung vor, bleibt in seinem Hang zur Harmonisierung freilich allzu sehr an der Oberfläche, um nachhaltiger überzeugen zu können. - Ab 12.
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Filmdaten

Originaltitel
LA GRAN FINAL
Produktionsland
Spanien/Deutschland
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
Wanda Films/Greenlight Media
Regie
Gerardo Olivares
Buch
Gerardo Olivares · Chema Rodríguez
Kamera
Gerardo Olivares
Musik
Martin Meissonnier
Schnitt
Rosario Sáinz de Rozas
Darsteller
Zeinolda Igiza (Großmutter) · Shag Humar Khan (Dalai Khan) · Abu Aldanish (Aldanish) · Kenshleg Alen Khan (Kumar Khan) · Ahmed Alansar (Aboubacar)
Länge
88 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 0; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
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Diskussion
In einer entlegenen mongolischen Berglandschaft richten Nomaden ihr Zeltlager ein und versuchen, ihr Fernsehgerät an die staatlichen Stromleitungen zu hängen. In der südlichen Sahara treffen Tuareg auf Reisende in einem völlig überfüllten Lastwagen und suchen gemeinsam mit ihnen nach einer Empfangsmöglichkeit. Im Dschungel des Amazonasgebiets gibt der Häuptling den Befehl, auf dem höchsten Baum eine Antenne anzubringen. Menschen unterschiedlichster Kulturen in pittoresken Landschaften mit einem gemeinsamen Ziel: Das Endspiel der Fußball-WM 2002 zwischen Brasilien und Deutschland zu sehen! „Das größte Spiel der Welt“ erzählt von den Mühen, die in den entlegensten Regionen der Welt unternommen werden, um dieses Ziel zu erreichen, und zeigt, wie sich über den Fußball Handels- und Tauschbeziehungen ganz besonderer Art entwickeln. So will die mongolische Polizei den Stromraub unterbinden, lässt sich aber dann auch von der Faszination des Spiels bezaubern. Eine der schönsten Szenen des Films ist das gemeinsame Fußball-Match zwischen Polizisten und Nomaden vor deren Zelten. Auch in der Sahara treffen unterschiedliche Mentalitäten aufeinander: die Tuareg mit ihrer klaren Hierarchie und die Reisenden, die aus ganz unterschiedlichen Richtungen kommen – Ronaldinos Spiel führt sie alle zusammen. Auch im Amazonas sind die Ureinwohner nach dem Scheitern der Baum-Antenne auf Kooperation angewiesen: Zunächst hoffen sie auf die amerikanische Mission, aber dort gibt es nur Baseball oder American Football im Fernsehen. Schließlich bleiben ihnen nur die verhassten Holzfäller, die Vernichter ihres natürlichen Lebensraums. „Das größte Spiel der Welt“ flicht die drei Episoden aus unterschiedlichen Weltteilen geschickt ineinander. Nicht zuletzt beeindrucken opulente Landschaftsbilder: die Tuareg am Lagerfeuer, die Ureinwohner, die in voller Kriegsbemalung durch den Dschungel hetzen, und die Nomadenzelte im kargen Hochland. Dabei hat jede Episode ihre eigenen Spannungsbögen: Wer ist deutschfreundlich, und wer jubelt den Brasilianern zu? „Deutschland verliert, ist doch klar, denkt an Stalingrad!“, sagt der Nomade, und sein Großvater zischt, als der Bildschirm plötzlich schwarz wird: „Es sind die Russen! Wenn unsere Regierung die Rechnung nicht bezahlt, stellen sie uns den Strom ab.“ Bei den Ureinwohnern im Amazonas muss einer in die Pedale treten, während der andere mit der Antenne in der Hand auf dem Baum ausharrt. Das Spiel kann er nur über die Wutschreie und den Beifall seiner Stammesgenossen verfolgen. Im Dschungel wie in der Wüste herrschen Oberhäupter, die von ihren Leuten aber nicht mehr so wirklich ernst genommen werden; Fernsehen und Fußball schaffen neue Lebenssituationen und sorgen für eine absurde Situationskomik. Der andalusische Regisseur Gerardo Olivares kommt vom Fernsehen und hat Dokumentationen über die entlegensten Regionen der Erde gemacht. Hier liegen auch die Stärken seines Films: in der natürlichen Inszenierung, in der Unbefangenheit seiner Darsteller und in der faszinierenden Vielfalt der Landschaften, die den Film zu einem visuellen Genuss werden lassen. Auf sehr dynamische Weise baut er eine Vielfalt von Nebenschauplätzen, Figuren und kleinen Konflikten auf. Das Ergebnis hat freilich sehr viel von der heilen Ethnowelt eines Robert Flaherty: Der weltumspannende Fußballzauber ist roter Faden und heitere Verfremdung gleichermaßen. Der Film zeigt Fußball als ein Modell menschenfreundlicher Globalisierung – und bleibt dabei an der Oberfläche. Alles wirkt zu harmlos und erinnert mit seiner fast zwanghaft herbei geführten Harmonie geradezu an Walt Disney; fast schon peinlich etwa eine Szene, wenn der Häuptling und der Sägewerksbesitzer nach dem Spiel durch den Dschungel gehen: „2006 ist die WM in Deutschland“, sagt der Sägewerksbesitzer, „da muss ich hin, und wenn ich vorher hier alle Bäume absägen muss.“ „Ich komme mit“, sagt der Indio. „Da musst du dir aber noch was zum Anziehen kaufen…“ Am Ende liegt ein zerbrochenes Radio im Wüstensand. Die Medien senden, aber die Karawane zieht weiter – vielleicht war das Endspiel doch nur die Ausnahme.
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