Prinzessinnenbad

Dokumentarfilm | Deutschland 2007 | 93 Minuten

Regie: Bettina Blümner

Ein Jahr lang beobachtete die Filmemacherin drei 15-jährige Freundinnen in Berlin-Kreuzberg, die sie an ihrem Leben teilnehmen lassen und Einblicke in ihre Zukunftsvorstellungen gewähren. Der um Intimität bemühte Dokumentarfilm wahrt die Balance zwischen Beobachtung und Intervention und schafft doch auch Identifikationsflächen. Mitunter clipartig montiert, ist er zudem eine Liebeserklärung an den multikulturellen Berliner Stadtteil Kreuzberg. - Ab 14.
Zur Filmkritik

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Reverse Angle Factory/Rbb-arte/Reverse Angle Prod.
Regie
Bettina Blümner
Buch
Bettina Blümner
Kamera
Mathias Schöningh
Schnitt
Inge Schneider
Länge
93 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB

Heimkino

Verleih DVD
Senator (1:1,85/16:9/dt. DD 2.0)
DVD kaufen

Diskussion
Fünfzehn, Freundschaft, Freibad: Ein Sommer dehnt sich ewig, Ereignisse sind Sensationen, die Zukunft ist weit entfernt, alles ist möglich. So ist das auch in Berlin Kreuzberg. Die Freundinnen Klara, Tanutscha und Mina sind 15 Jahre alt und wollen für immer Freundinnen bleiben – selbst wenn sie sich mal streiten. Sie wollen nie im Ökoladen einkaufen, denn das machen nur Spießer. Vielleicht werden sie auch „bi“, wenn sie erwachsen sind. Auf der anderen Seite blicken sie recht abgeklärt auf das Leben: „Sagen wir jetzt mal, ich will Astronaut werden. Könnt’ ich doch gar nicht, mit meinem Abschluss“, meint Klara, und Mina antwortet: „Stimmt.“ Um die Zukunft der drei Protagonistinnen geht es in Bettina Blümners Dokumentarfilm aber nur dann, wenn sich die Mädchen gerade darüber Gedanken machen. Denn im Mittelpunkt stehen sie selbst, ihr Alltag, das, was unmittelbar eine Rolle für sie spielt. Klara – mit leicht verächtlichem Augenaufschlag ein Typ wie Kroko in Sylke Enders gleichnamigem Film (fd 36 379) – und Tanutscha sind beste Freundinnen, sie sprechen über alles. Jungs sind wichtig, Ausgehen auch, sich gemeinsam schön machen muss sein. Klara findet eigentlich nur Türken gut, weil das noch richtige Machos sind, Tanutscha telefoniert gern mit Fremden in Chat-Hotlines. Mina tanzt ein bisschen aus der Reihe: Seit zehn Monaten ist die Halbitalienerin mit George zusammen und sehr verliebt, in der Schule gibt sie sich mehr Mühe als die Freundinnen, sie wird einen besseren Abschluss machen. Wenn sie auf einen Brief Lippenstiftküsse für George drückt, wischt sie sich den Lippenstift danach aus dem Gesicht. Die Mütter der drei sind mit der Erziehung oft überfordert, schwanken zwischen antiautoritärer Haltung und der Notwendigkeit, doch Grenzen ziehen zu müssen. Wenn Klaras Mutter ihre zwei einzigen Maximen formuliert: „Kein Heroin und nicht schwanger werden!“, wird die Überlegenheit, die Reife der selbstbewussten Töchter deutlich – aber auch ihre Sehnsucht nach Regeln. Geschickt hält das Langfilmdebüt die Balance zwischen Beobachtung und Intervention. Oft zeigt es die Freundinnen zusammen bei Unternehmungen, im Kreuzberger Prinzenbad. Das Freibad ist nicht Zentrum des Geschehens, doch wird es zum geradezu mythischen, dem Alter der Mädchen absolut entsprechenden Ort: Dort können sie noch Kind sein und gleichzeitig doch schon erwachsen agieren. Manchmal sprechen die drei direkt in die Kamera, ihr Tonfall ändert sich dabei kaum. Die Regisseurin im Off wirkt im Gegenteil eher wie die unsichtbare, unhörbare Vierte im Bunde; sie ist schlicht ihren Protagonistinnen verpflichtet. Das Ergebnis ist ein weitgehend klischeefreies, einfühlsames, genaues und in der Grundstimmung optimistisches Porträt – zwar sozialrealistisch, aber nicht sozialkritisch, keine exemplarisch bemühte Milieustudie. In langen Vorgesprächen und während der einjährigen Dreharbeiten hat Blümner diese Nähe hergestellt. Und obwohl gerade dies Identifikationsflächen schafft – Konflikte mit Müttern, abwesende Väter, Freibäder und Schulprobleme gibt es überall –, ist der Film auch eine Liebeserklärung an das multikulturelle Kreuzberg. Mathias Schöninghs sehr filmische Kamera folgt Tanutscha und Klara immer wieder in clipartigen Sequenzen durch die Straßen; sie teilen sich einen Kopfhörer, dazu ist HipHop zu hören, das weiche Sommerlicht flirrt durch die Bilder. Am Ende ist es Winter, die Ausblicke sind vage. Aber der nächste Sommer kommt bestimmt.
Kommentar verfassen

Kommentieren