Der lange Weg ans Licht

Dokumentarfilm | Deutschland 2006 | 102 Minuten

Regie: Douglas Wolfsperger

Das Porträt einer Hebamme aus der sächsischen Kleinstadt Meerane, die sich ehrenamtlich als Geburtshelferin in Tansania engagiert und ihren Beruf als Berufung sieht. Der von persönlichen Ereignissen beeinflusste dokumentarische Film geht sein Thema ebenso selbstbewusst wie affirmativ an, wobei er es jedoch versäumt, die Protagonistin und ihre Ansichten zu hinterfragen, um eine tiefere Auseinandersetzung zu ermöglichen. - Ab 14.
Zur Filmkritik filmfriend

Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2006
Produktionsfirma
Douglas Wolfsperger Filmprod./3sat/WDR/Cine-Impuls
Regie
Douglas Wolfsperger
Buch
Douglas Wolfsperger
Kamera
Igor Luther · Ute Freund
Musik
Gerd Baumann
Schnitt
Jean-Marc Lesguillons
Länge
102 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 14.
Genre
Dokumentarfilm
Externe Links
IMDb | TMDB | JustWatch

Heimkino

Die Extras umfassen u.a. ein Feature mit im Film nicht verwendeten Szenen.

Verleih DVD
Farbfilm (16:9, 1.78:1, DD2.0 dt.)
DVD kaufen

Diskussion
Die Geburt seiner zweiten Tochter bescherte dem (Dokumentar-)Filmemacher Douglas Wolfsperger die Idee zu einem Film über eine Hebamme. Die Zusammenarbeit mit der sächsischen Geburtshelferin Edeltraut Hertel kam über eine Anzeige in der Verbandszeitung des Bunds Deutscher Hebammen zustande, gedreht wurde in und um Meerane, einer verschlafenen Kleinstadt, 40 Kilometer von Chemnitz entfernt, sowie in Tansania. Edeltraut Hertel bietet einen „interessanten Lebenslauf“: 1952 nahe Halle geboren, hegte sie lange Zeit den Traum, nach Afrika zu reisen – ein frommer Wunsch für eine Bürgerin der DDR, der für die ausgebildete Krankenschwester jedoch am Ende des ostdeutschen Staats in Erfüllung ging. Eine Zusatzausbildung zur Hebamme brachte die persönliche Wende und den Einsatz als Geburtshelferin in Tansania, wo sie heute noch in regelmäßigen Abständen ehrenamtlich tätig ist. Ihr Hauptbetätigungsfeld bleibt indes Meerane, wo sie (werdende) Mütter sowie deren Nachwuchs betreut und dazu beiträgt, dass die Deutschen nicht aussterben, wie es der Uhrmacher des Ortes befürchtet. Zur Betreuung gehört auch, den Schwangeren ein Gefühl für ihren sich verändernden Körper zu vermitteln und ihnen die Angst vor den Geburtsschmerzen zu nehmen. Dabei vermittelt Hebamme Hertel, für die eine Schwangerschaft eine Fügung Gottes ist, den Frauen stets das Gefühl, stolz auf die „Geburtsleistung“ sein zu können, weil sie an sich und über sich hinaus wachsen. Edeltraut Hertel steht dabei deutlich im Zentrum, doch Douglas Wolfsperger deckt zugleich ihr berufliches Umfeld in der näheren Umgebung ab. Zwei Ärzte einer neuen Chemnitzer Klinik kommen zu Wort, die nicht müde werden, die Vorzüge ihrer Klinik anzupreisen und ohne Scheu von ihrer einstigen SED-Mitgliedschaft zu erzählen; auch tragen zwei Hebammen eines alternativen Geburtshauses zum Thema bei, doch ergänzen auch sie lediglich, was Hertel sagt, liefern Stichworte für die Hebamme. Ultraschalluntersuchungen steht sie skeptisch gegenüber, weil sie eine zu große Belastung fürs Kind seien und die Geburt ein wenig „geheimnisvoll“ bleiben sollte; Kaiserschnitt hält sie für eine „brutale“ Art der Geburt, für einen Schock für die Babys mit Risiken und möglichen Spätfolgen (Autismus). Die Geburt sollte als positiver Stress empfunden werden, zu dem eben auch Schmerzen gehören. Abtreibung lehnt die Christin ebenso kategorisch ab wie sie kaum Verständnis dafür hat, dass behinderte Menschen keine behinderten Kinder haben wollen. Wolfspergers Film bewegt sich in allen Belangen in einem positiv abgestimmten Umfeld und fragt kaum einmal kritisch nach. Ähnlich glatt ist der visuelle Eindruck, den er hinterlässt. Halbnahe Aufnahmen und Interviewsituationen bestimmen das Bild, einige Landschaftspanoramen schaffen kurzzeitig Raum, dann rückt die Kamera wieder den Personen auf den Leib, auch einer Meeranerin, die sich zwar kaum zum Thema äußert, aber behauptet, dass es früher doch besser war: der „Zusammenhalt und so“, und dass die Äpfel früher auch besser schmeckten. Überhaupt durchzieht den Film eine seltsame „ostalgische“ Stimmung; eine gewisse Stillunwilligkeit im Gegensatz zu früher wird angemahnt, und auch der Wohlstand (der doch längst nicht überall angekommen ist) wird mitunter als erdrückend empfunden. Insgesamt ist der Film nicht das kritische Bild eines unbestreitbar wichtigen Berufsstandes, ebenso wenig setzt er sich mit den hinterfragbaren Standpunkten seiner (nach einem Totaloperation) kinderlosen und unverheirateten Protagonistin auseinander, sondern gibt sich vorbehaltlos affirmativ. Dies nimmt mitunter peinliche Züge an, etwa wenn Mütter mit Kinderwagen in einer Parade ihr Glück demonstrieren, oder löst Nachdenklichkeit aus, wenn am Ende ein lebensfrohes Afrika mit lachenden Kindern gezeigt und der deutschen Hebamme ein Huhn geschenkt wird. In einer solchen Darstellung ist für die kritische Auseinandersetzung mit den Problemen des Kontinents kein Platz. So bemüht sich der Film zwar um Glätte und Rundungen, weist aber mehr Reibungsflächen auf, als ihm vielleicht lieb ist.
Kommentar verfassen

Kommentieren