Komödie | Deutschland 2007 | 89 Minuten

Regie: Armin Völckers

Ein Berliner Teenager mit deutscher Mutter und schwarz-afrikanischem Vater behauptet sich gegen die fünf Neonazi-Brüder seiner Angebeteten und deren ebenfalls politisch "vorbelastete" Eltern. Mittel zum Zweck sind die verbindende Musik sowie die Solidarität mit den Angehörigen anderer Minderheiten. Eine aus einem Kurzfilm entwickelte sympathische Multikulti-Komödie, deren Rechnung nicht immer aufgeht. Dank des überzeugenden Hauptdarstellers sowie der mitreißenden Songs unterhält der Film dennoch vorzüglich und lotet in seiner spielerischen Auseinandersetzung mit realitätsnahen und aktuellen Problemen durchaus in die Tiefe. - Ab 12.
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Filmdaten

Produktionsland
Deutschland
Produktionsjahr
2007
Produktionsfirma
Dreamer Joint Venture Filmprod./Strom Film/ZDF
Regie
Armin Völckers
Buch
Armin Völckers
Kamera
Tony Mitchell
Musik
Ali N. Askin
Schnitt
Marty Schenk
Darsteller
Alain Morel (Leroy) · Anna Hausberg (Eva) · Constantin von Jascheroff (Dimmi) · Arnel Taci (Ahmed) · Paul Maaß (Hanno)
Länge
89 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 12.
Genre
Komödie
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Heimkino

Verleih DVD
X Filme (1:1,85/16:9/Deutsch DD 5.1)
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Diskussion
Was heißt hier Afro-Look? Wenn sich Männer mit feiner Naturkrause die Haare lang wachsen lassen, sehen sie nun mal aus wie Leroy im gleichnamigen Film. Mit HipHop oder Malcolm X hat der 17-jährige Sohn einer weißen Kulturdezernentin und eines farbigen Erfinders zunächst nichts am Hut. In seinem Jugendzimmer steht eine Goethe-Büste, werden Beethovens Cello-Sonaten geprobt und Annäherungsversuche von Nachhilfeschülerinnen abgewehrt, die mit der deutschen Grammatik hadern – was Leroy nie passieren kann. Er ist ein deutscher Bildungsbürger aus Berlin-Schöneberg, wie er höchstens noch im Buche steht – und verliebt in die blonde Eva. Die beiden sind fast schon ein Paar, obwohl Evas Familie darüber alles andere als begeistert ist. In seiner gewagten Multikulti-Komödie konfrontiert Armin Völckers den zarten Leroy nämlich mit dem braunen Sumpf: Nur die nette Eva ist kurioserweise aus der Art geschlagen, während ihre fünf Brüder Bomberjacken und Springerstiefel tragen, ihr Vater Vorsitzender einer rechtsextremen Partei ist und die Mutter eine Zopffrisur trägt, als käme sie von einer Porträtsitzung beim „Reichsschamhaarmaler“ Adolf Ziegler. Weil Leroy von Eva nicht lassen will, erträgt er dieses Familien-Panoptikum mit stiller Ironie. Aber die brüderlichen Glatzen veranlassen einen feigen Neonazi-Anschlag auf den schwarzen Jungen. Diesem fällt ausgerechnet Eva zum Opfer. Leroy wehrt sich auf seine Art, indem er mit seinen Schulkumpels, darunter der Halbgrieche Dimitri und der Palästinenser Achmed, dann doch eine Art Black-Power-Gruppierung gründet. Im pittoresken Ambiente einer verfallenen Fabrik stehen sich die verfeindeten „Clans“ schließlich gegenüber. Wer denkt, dass eine Komödie vor Migrationshintergrund mit heiklen Ingredienzien wie Rassismus und Rechtsextremismus nicht funktionieren kann, wird von „Leroy“ eines Besseren belehrt. Geschickt umschifft Völckers die latente Verharmlosungsgefahr sogar in den Szenen mit Evas Brüdern, gewährt überdies einen satirischen Einblick in die Selbsthass-Struktur von Neonazis, wenn er die Kausalkette „freundlicher“ Hinterkopfschläge innerhalb der Truppe als groteske Choreografie inszeniert. Viele andere Running Gags verpuffen allerdings – darunter die unnützen Erfindungen von Leroys Vater, eine nymphomane Deutschlehrerin und Achmeds bayrischstämmige Freundin, die sich partout mit Kopftuch verhüllen will. Letztlich unterläuft der Film mit vielen läppischen Zoten den eigenen Versuch, Normalität herzustellen, zu zeigen, wie „es normal wird, in Deutschland schwarz, griechisch, türkisch oder russisch zu sein“ (Völckers). Wenn Klischee auf Klischee getürmt wird und der Witz angestrengt wirkt, entsteht der Eindruck, Völckers habe schlicht zu wenig Zeit bekommen, die Geschichte seines Kurzfilms „Leroy räumt auf“ auf abendfüllende Länge zu erweitern. Der Vorteil des Spielfilms, der nur teilweise auf die Besetzung des 20-minütigen Vorgängers zurückgreift, liegt in der tadellosen Darstellerriege, angeführt von Alain Morel als sympathisch-schlitzohriger Leroy und Anna Hausburg als Eva. Der Musiker Afrob hat einen Gastauftritt als bissiger, einem Blaxploitation-Film der 1970er-Jahre entsprungener Blacula, und die extra für den Film produzierten Songs von HipHop-Stars wie Afrob, Curse, Harris oder Clueso machen einfach Spaß. Am Schluss erringt Leroy einen Teilsieg über Evas Brüder, indem er sie kurzerhand vereinnahmt: der seltsame Gruppen-Mix nennt sich „Skin Sinc featuring LeRoy Black“, und unter diesem Label wird auch gleich ein Musikvideo aufgenommen. Sänger Leroy setzt auf eine altbewährte Strategie: Ob Teds oder Punks – die Musikindustrie habe bisher noch alle querständigen Gruppierungen kleingekriegt. Eine Mainstream-Variante von Christoph Schlingensiefs „Nazis rein“-Hamlet-Projekt in Zürich also? Ob die Rechnung aufgeht, darf bezweifelt werden. Als Schlusspunkt (oder besser dickes Fragezeichen) am Ende einer filmischen Gratwanderung überzeugt das Finale allemal.
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