- | Deutschland/Mazedonien 2005 | 100 Minuten

Regie: Sergej Stanojkovski

Ein unter dubiosen Umständen vorzeitig aus der Haft entlassener gewalttätiger Krimineller kümmert sich um eine psychisch gestörte junge Frau, deren Platz in der Klinik anderweitig genutzt werden soll. Zögerlich nähern sich die beiden in sich gekehrten Menschen an, doch die Beziehung zerbricht, als die Kranke erfährt, dass ihr „Pfleger“ für seine Dienste Geld erhält. Ein neuerlicher Zusammenbruch und die Einlieferung in eine Anstalt sind die Folgen. Eine zeitlose Liebesgeschichte mit rauem Charme, die durch Spitzen gegen die korrupte Nachkriegsgesellschaft in Mazedonien zusätzlich Brisanz bekommt. - Ab 16.
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Filmdaten

Originaltitel
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Produktionsland
Deutschland/Mazedonien
Produktionsjahr
2005
Produktionsfirma
busse & halberschmidt/Skopje Film Studio/ZDF/arte
Regie
Sergej Stanojkovski
Buch
Gordan Mihic · Sergej Stanojkovski
Kamera
Tomislav Pinter
Musik
Peer Raben · Michael Bauer
Schnitt
Andrea Pugner
Darsteller
Nikola Kojo (Janko) · Labina Mitevska (Zana) · Petar Mircevski (Novak) · Vesna Petrushevska (Viki) · Vladimir Endrovski (Gefängnisdirektor)
Länge
100 Minuten
Kinostart
-
Fsk
ab 12; f
Pädagogische Empfehlung
- Ab 16.

Heimkino

Verleih DVD
epix (16:9, 1.78:1, DD2.0 Mazedonisch/dt.)
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Diskussion
Ungleiche Paare, die sich näher kommen, kennt die Filmgeschichte viele. „Kontakt“ fügt ihr ein weiteres hinzu, und mit der hypersensiblen ehemaligen Irrenhaus-Insassin Zana sowie dem rüpelhaften Ex-Knacki Janko nicht das schlechteste. Die beiden begegnen sich auf eine kuriose Weise, die zugleich die Lebensumstände im Nachkriegs-Mazedonien karikiert: Um für zahlungskräftige Kriegsverbrecher Platz zu schaffen, die im Gefängnis oder in der psychiatrischen Klinik vorübergehend untertauchen möchten, werden sie entlassen und in die Obhut ihres gemeinsamen Bekannten Novak übergeben, dessen „Hilfsbereitschaft“ von den Klinik- und Gefängnisdirektoren halb erpresst und halb honoriert wird. Novak, Jankos Halbbruder, ist mit Zanas Schwester liiert. Janko und Zana aber treffen sich scheinbar das erste Mal, als Novak den streitlustigen Janko, der es in keinem geregelten Job aushält, damit beauftragt, das heruntergekommene Landhaus herzurichten, das Zana von ihrer Großmutter geerbt hat. Zögerlich nähern sich die scheue, zerbrechlich wirkende Zana und der zynische, ständig fluchende Janko einander an. Anfangs nur widerwillig begegnet Janko Zanas unbeholfener Kontaktsuche. Genervt schlägt er ihre Einladungen zum Frühstück oder Mittagessen aus und setzt sich Kopfhörer auf, um seine Ruhe zu haben. Zana aber findet unter den zahlreichen Familienfotos, die sie wütend zerreißt, weil ihr Mann sie mit ihrer Schwester betrog und ihr Vater – ein skrupelloser Waffenschieber – sie zutiefst enttäuschte, ein Bild, auf dem sie als kleines Mädchen mit einem Rettungsschwimmer zu sehen ist, der sie vorm Ertrinken bewahrte. In diesem Kindheitshelden erkennt sie Janko wieder, den sie fortan in noch immer kindlicher Anhänglichkeit zu ihrem ritterlichen Beschützer verklärt. Nach Rücksprache mit Zanas Eltern und nicht ohne selbst abzukassieren, bietet Novak Janko daraufhin Geld dafür, doch ein wenig netter zu Zana zu sein. Janko willigt ein, und Zanas nächste Frühstückseinladung schlägt er dann nicht mehr aus. Was als Job beginnt, wird nach und nach zur Herzensangelegenheit. Als Zana aber erfährt, dass Janko sich seine Freundlichkeit bezahlen ließ, bricht sie erneut zusammen. Eine dramatische Wendung, die auch nicht gerade neu ist, aber das, was ihr an Originalität fehlt, macht Sergej Stanojkovski mit Charme wieder wett. Die beiden Hauptdarsteller verleihen den Figuren charakteristische Konturen und damit jene eigenwillige Lebendigkeit, die es verhindert, dass sie zu bloßen Typen verflachen. Labina Mitevska agiert als Zana schlichtweg hinreißend. So sehr sie in ihrer labilen, süß-naiven Art auch an Jeunets „fabelhafte“ Amélie Poulain erinnert, wirkt sie doch nicht wie eine mazedonische Kopie des französischen Originals (fd 34 999), sondern eher wie eine Seelenverwandte. Auch Nikola Kojo überzeugt als bärbeißiges Raubein mit gutem Herzen. Die soziale Außenwelt jenseits des ländlichen Refugiums, in dem die beiden zueinander finden, reduziert sich hingegen auf wenige Anspielungen und bleibt weitgehend austauschbar. Das zertrümmerte Jugoslawien mag sich in dem von einer Mazedonierin und einem Serben gespielten Paar in Form psychischer und sozialer Defekte widerspiegeln; die Frage, wie aus Zana und Janko die Menschen wurden, die sie sind, interessiert den Film jedoch allenfalls am Rande. Im Grunde bleibt die Geschichte ihrer unsicheren, keuschen Liebe zeit- und ortlos. Es ist diese allgemeinmenschliche Gültigkeit, die, untermalt durch eine weiche, nostalgisch anmutende Lichtsetzung Tomislav Pinters und die sanft-melancholischen Klänge Peer Rabens, „Kontakt“ zu einem liebenswerten Film macht, den man sich gerne trotzdem anschaut, gerade weil er so wenig will und der Seele so gut tut.
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